Gordie Tentrees / Mercy Or Sin
Mercy Or Sin Spielzeit: 41:01
Medium: CD
Label: Yukon Roots, 2009
Stil: Americana

Review vom 29.10.2010


Markus Kerren
Gordie Tentrees ist ein kanadischer Musiker, der es vor allem in den letzten paar Jahren geschafft hat, in seinem Heimatland größere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sein Debüt-Album "29 Loads Of Freight" erschien im Jahr 2004 und der von Kritikern hoch gelobte Nachfolger "Bootleneck To Wire" dann 2007. Danach setzte sich die Tour-Maschine in Gang und Tentrees war unermüdlich in Kanada und den USA, aber auch in Europa unterwegs, wobei er sich die Bühnen mit Leuten wie Ray Wylie Hubbard, Fred Eaglesmith oder Kelly Joe Phelps teilte.
Für das Rahmenprogramm der Olympischen Spiele 2010 in Vancouver setzte er sich gegen unzählige Mitbewerber durch und konnte somit einige Auftritte vor großem Publikum absolvieren. Aber bereits im Jahr davor erschien sein drittes Langeisen, das hier vorliegende "Mercy Or Sin".
Der gute Gordie ist zwar Kanadier, aber seine Musik hört sich an, als würde sie direkt aus dem tiefsten Texas stammen. Er ist ein guter Geschichten-Erzähler, was sich nicht als das einzige stilistische Merkmal entpuppt, das ihn und seine Musik an eine Koryphäe wie Guy Clark heranrücken lässt. Und damit ist er ja schon mal in allerbester Gesellschaft, selbst wenn er (noch) nicht an den Großmeister heranreichen kann. Aber wie viele Songwriter nicht nur aus diesem Genre können das schon? Dies jedoch nur am Rande …
Beim Opener "Alfred" handelt es sich um eine bittersüße Geschichte, die musikalisch von der gepickten Akustischen und der den Song prägenden Lap Steel von Ken Hermanson bestimmt wird. Tentrees trockene, sonore Stimme verbreitet eine angenehme Atmosphäre, die auch durch den warmen Sound umgehend zum Wohlfühlen einlädt. Bass und Schlagzeug halten sich auf dieser Scheibe meistens eher im Hintergrund auf, bilden jedoch das so wichtige Rückrad der Spielwiesen, auf den sich Tentrees und Hermanson dann entfalten können. Sehr cool und mit schöner Gesangsmelodie versehen kommt "Hey Mama" im J. J. Cale-Gewand, unterstützt von Hermansons und Matt Kings Harmony Vocals.
Aber es geht auch rockender, treibender, wie zum Beispiel "Devil Talks" beweist. Matt King zaubert hier einen unglaublichen Bass-Groove auf den Rasen und sein Spiel verzahnt sich regelrecht mit Ed Whites Drums. Herzstück der Scheibe ist der Titelsong, der von einer einsamen Harmonika eingeleitet wird. Als Gast und Duett-Partnerin ist hier Jennie Sosnowski zu hören, die einen feinen Gegenpart zu Tentrees' Vocals darstellt. Die Drumbesen shufflen und einmal mehr sorgt die Elektrische für die Feinarbeit. Bei "Rambling's Gonna Be The Death Of Me" wird es durch sehr clever eingesetzte Effekte bezüglich Harmonika und Pedal Steel sogar richtig dramatisch.
"Same Old Blues" drückt im Vergleich mit den meisten anderen Tracks stärker aufs Gaspedal und wird im Anschluss von dem folkigen "Daylight" abgeloest, das vollkommen ohne Schlagzeug auskommt und ganz auf Saiteninstrumente setzt. Staubig und trocken wird es bei "Blue Motel Room" und man kann fast den Wüstensand zwischen seinen Zähnen knirschen hören, bevor wir schließlich von "Ross River", dem Rausschmeißer verwöhnt werden. Hier twangt die Elektrische ausnahmsweise mal ganz ordentlich, während man einmal mehr einer spannenden Geschichte lauschen kann, gesanglich gekonnt erzählt von Gordie Tentrees.
Insgesamt fehlen dem Album leider die sich aufdrängenden Hooklines, durch die sich die Stücke im Kurzzeitgedächtnis einnisten würden. Was im Gegenzug bedeutet, dass man sich die einzelnen Songs erst mehr oder weniger erarbeiten muss. Oder anders gesagt, "Mercy Or Sin" ist ein eher ruhiges Album und entfaltet seine Schönheit erst beim zweiten oder dritten Mal, wenn man sich denn die Zeit nimmt, ihm zuzuhören. Im Vorbeigehen genossen bleibt eher wenig hängen. Dennoch ein durchaus gelungenes Album, das viel Potenzial erkennen lässt und auch lyrische Höhepunkte bietet.
Line-up:
Gordie Tentrees (vocals, acoustic guitars, dobro, harmonica)
Ken Hermanson (electric guitars, lap steel, banjo, harmony vocals)
Matt King (upright bass, harmony vocals)
Ed White (drums)
Annie Avery (organ, harmonium)
Bob Hamilton (pedal steel, mandolin)
Patrick Hamilton (drums - #7)
Jennie Sosnowski (vocals - #7)
Sarah Hamilton (violin, viola - #8)
Tracklist
01:Alfred
02:No Integrity Man
03:Hey Mama
04:Devil Talks
05:Carpenter Girl
06:Traveling Song Man
07:Mercy Or Sin
08:Rambling's Gonna Be The Death Of Me
09:Same Old Blues
10:Daylight
11:Blue Motel Room
12:Ross River
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