Da kann man doch mal sehen, was Rockmusiker für eine Energie an den Tag legen können, wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht haben. Diesmal trifft diese These auf Robin Trower zu. Kaum hat der ehemalige Procol Harum Gitarrist ( Mann, wie lange ist das inzwischen her!) seinen sechzigsten Geburtstag gefeiert, da werden wir mit etlichen Neuerscheinungen förmlich zugeschüttet. (Naja, ist vielleicht etwas übertrieben). Aber Fakt ist; kurze Zeit nach dem Erscheinen der für den 'WDR Rockpalast' mitgeschnittenen Live CD / DVD "Living Out Of Time", halte ich nun schon das neue Studio Werk "Another Days Blues" in den Händen. Das nenne ich wahrlich Tempo, denn schließlich war die Konzertaufzeichnung erst im März des Jahres 2005.
Okay, 'neues Album' trifft den Kern nicht so ganz, sind hier doch zum großen Teil Songs eingespielt worden, die schon auf Robin Trowers CD "Someday Blues" von 1997 enthalten sind, oder bei den Sessions zu diesem Album keine Berücksichtigung fanden. Mit "21st Century Blues" und "This Blue Love" gibt es nur zwei wirklich neue Titel auf diesem Silberling, die aber vom Stil her hier wirklich gut hineinpassen.
Apropos Stil: Auf "Another Days Blues" gibt, wie der Name schon aussagt, der Blues den Ton an. Es herrschen die leiseren, gefühlvollen Töne vor. Von harten, rockigen Ausbrüchen a la Jimi Hendrix, für die Robin Trower auf vielen früheren Produktionen bekannt war, ist hier absolut nichts zu hören. Wie gesagt, das Blues-Feeling steht im Vordergrund, und das hat der englische Gitarrero zur Genüge. Die Songs kommen sehr überzeugend rüber und weisen starke Bezüge zu den Altmeistern dieses Genres wie Johnny Winter und Pat Travers auf. Aber auch einige jüngere Blueser wie Julian Sas und Joe Bonamassa lassen grüßen.
Die komplett neu arrangierten Titel erhalten durch die klare, schöne Stimme des aktuellen Sängers Davey Pattison ein ganz neues Klangbild. Ganz relaxt und trotzdem sehr intensiv singt er sich durch die zwölf Songs. Der Mann ist wirklich eine Bereicherung für die Band. Zudem ist mit Reg Isadore am Schlagzeug ein alter Bekannter zu Robin Trower zurückgekehrt, der natürlich ganz genau weiß, wie er den Meister am Besten in Szene setzen kann.
Trower selbst zieht auf dem neuen Album alle Register seines Könnens. Egal ob mit 'Wah-Wah' Effekten, wie zu hören bei "Go My Way", oder gelegentlichen Einsätzen der Slide-Technik ("Extermination Blues"), jeder Song klingt lebendig und frisch. Vom ersten bis zum letzten Ton spielt Robin Trower die Gitarre voller Hingabe und Gefühl.
Für mich besonders interessant ist die Version des Robert Johnson-Songs und Cream-Klassikers "Crossroads", die hier in einem verschleppten Boogie Rhythmus dargeboten wird. Eine echt starke Fassung!
Insgesamt wird "Another Days Blues" auch nach mehrmaligem Anhören nie langweilig. Im Gegenteil, beim intensiven Zuhören wünsche ich mir im Geheimen, dass die einzelnen Titel durch ein weiteres Solo noch etwas verlängert werden. Das würde die Intensität noch weiter steigern, und mich als Anhänger von langen Improvisationen noch glücklicher machen. Aber dazu hat Robin Trower ja bei seinen kommenden Konzerten ausgiebig Gelegenheit. Von mir aus könnte er jedes einzelne Stück auf mindestens die doppelte Spieldauer ausdehnen. Damit hätte ich überhaupt kein Problem!
Also, "schaun wir mal" wie die neuen Sachen so auf der Bühne klingen.
Spielzeit: 51,52 Minuten, Medium: CD, V-12 Records, 2005
1:Inside Out 2:Someday Blues 3:Sweet Little Angel 4:21st Century Blues
5:Next In Line 6:Go My Way 7:Extermination Blues 8:Looking For A True Love
9:Shining Through 10:Crossroads 11:Feel So Bad
12:This Blue Love
Jürgen Bauerochse, 31.01.2006
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