Sean Taylor / Walk With Me
Walk With Me Spielzeit: 43:48
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Singer/Songwriter


Review vom 12.07.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Sean Taylor hat von Corrugations über Angels bis hin zu Calcutta Grove eine stets ansteigende Formkurve gezeigt. Nun kommt er mit seiner vierten Platte auf den Markt und nennt sie "Walk With Me". Auch wenn es textlich um große Gegensätze geht und Taylor in diesem Song die Frage stellt, ob man einen Weg trotzdem miteinander gehen will, kann der Albumtitel ruhig als Einladung aufgefasst werden. Nicht mehr ungewöhnlich ist der Aufnahmeort Dublin, wenn man weiß, dass er irische Vorfahren in der Familie hatte.
Aus den Rezensionen der letzten Platten ging bereits hervor, dass sich Sean Taylor aus der Masse der Singer/Songwriter wohltuend hervorhebt. Er hat sich eine eigene Nische geschaffen, in der kaum ein anderer Künstler Platz finden wird. Bisher war Taylor auf seinen CDs ein Alleinunterhalter. Nun hat er fast alle Songs mit Gästen eingespielt. Den Nordlondoner solo hört man im ersten sowie letzten Track. Für "Perfect Candlelight" sitzt er am Piano und in "Fare Thee Well" spielt er die akustische Gitarre, Dobro sowie Harmonika.
Beginnen wir doch mit Taylor alleine im Studio und da direkt am Ende der CD: "Fare Thee Well". Hier erleben wir den Protagonisten mit seinem Blues. Ja, 'seinem' ist schon richtig gelesen, denn immer noch ist Taylors 12-Takter ein ganz besonderes Hörvergnügen, weil individuell. Seine Stimme klingt einerseits oft wie hingeflüstert, andererseits sehr energisch. Musikalisch strickt er den Blues aus mehr als nur drei Tönen, aber es gibt für ihn irgendwo ein Delta. Am Mississippi würde er für einen solchen Song sicher auch gefeiert werden... nicht nur für diesen, denn Taylor hat schon auf vorherigen Alben solche Nummern abgeliefert. Somit endet sein "Walk With Me" richtig dynamisch.
Ganz anders erleben wir den Beginn der Platte. Da mag der Titel "Perfect Candlelight" bereits ein Fingerzeig sein. Der Engländer begleitet seinen Gesang ausschließlich am Piano. Der Track ist ohne Zweifel melancholisch. Allerdings gelingt es Taylor zwischendrin immer wieder, ein wenig Sonne in die Komposition fließen zu lassen. Er liefert uns einen Plattenanfang der gefühlvollen und ruhigen Art. Irgendwie mag man da sagen, dass es etwas verdreht zugeht. Sonst steht meistens eine flotte Nummer am Start.
Folglich gibt es neun Songs mit Gästen, die sich wirklich sehen lassen können. Da ist zunächst der Pedal Steeler BJ Cole. Er hat neben David Gilmour, Ian Siegal, Robert Plant, Elton John oder Nazareth schon sehr viele andere Künstler und Bands mit seinem Spiel unterstützt. Der Bass wurde von Trevor Hutchinson (The Waterboys, Sharon Shannon, Eric Bibb, John Renbourn) gezupft. Der Schlagzeuger Dave Hingerty war ungemein viel mit unterschiedlichen Musikern unterwegs, unter anderem lässt sich hier Luka Bloom nennen. Neben dem Saxofonisten Michael Buckley (Mary Coughlan) ist noch die Cellistin Vyvienne Long (Damien Rice) mit von der Partie. Last but not least wäre da noch der Keyboarder Justin Carroll, der mit Van Morrison tourte. Allesamt keine Nonamemusiker, deren Referenzen nicht an den Haaren herbeigezogen wurden.
Sean Taylor hat mit seinem "Walk With Me" die Schwelle der oberen Mittelklasse deutlich überschritten. Mit welchen klasse Songs sich der Mann an den Hörer wendet, ist schon sehr überzeugend. Schritt für Schritt wurde seine Entwicklung beobachtet und nun ist es an der Zeit, dieser Musik in unserem Magazin durch einen Tipp eine besondere Anerkennung zukommen zu lassen.
Alleine schon der Stimmungswandel vom ersten zum zweiten Track ist atemberaubend. Dieser sanfte Groove und die dezente Hammond haben es in sich. Darüber schwebt Taylors schlicht gespielte, aber effektive Harmonika und der gestalterischen E-Gitarre muss man einen gesonderten Durchlauf gönnen. Das hat schon den besonderen Reiz.
Für den Titelsong schiebt man das Piano in den Vordergrund und schon wieder zeichnen sich tolle Qualitäten ab. Es groovt abermals, allerdings anders als vorher und die akustischen Schwingungen von BJ Coles Pedal Steel werden zu einem galanten Beitrag zur Steigerung der Atmosphäre. Michael Buckley ist da schon eher in der Rolle eines Solisten zu sehen, auch wenn es keinen fixen Punkt für sein Spiel gibt. Er ist in "Walk With Me" überall zu hören. Ein wunderschönes Stück Musik!
Beim nächsten Song von einer Coverkomposition zu sprechen, wäre nun wirklich etwas übertrieben. Taylor setzt einen Text von William Shakespeare in recht sanftes Licht. Dabei hilft ihm sehr feinfühlig Vyvienne Long am Cello. Taylor beschränkt sich hier richtigerweise ausschließlich auf sein Piano. Schon wieder eine super Nummer!
Wie bereits geschrieben, ist die Musik von Taylor etwas Besonderes. Den Blues und beste Singer/Songwriter-Sachen hatten wir ja schon, aber wenn es mit "Feel Alright" um so etwas wie R&B geht, entdecken wir einen neuen Ableger seiner Künste. Der ist, wie alles andere, sehr persönlich ausgelegt... und verdammt gut! Eine Beziehung zur Musik eines John Martyn gab es bereits auf den Vorgängern. Im Besonderen darf an dieser Stelle auf den Track "She Moved Through The Fair" verwiesen werden. Taylor füllt die Fußstapfen dieses leider viel zu früh verstorbenen Mannes immer mehr aus.
Sein gesamtes Album, angefangen bei der Gestaltung der Verpackung, des Booklets und endend mit der Musik lässt in allen Belangen aufhorchen. Die Unterschiedlichkeit des ersten sowie letzten Tracks mag ein Beleg für den hohen Unterhaltungswert von Sean Taylor sein.
Line-up:
Sean Taylor (vocals, piano, acoustic guitar, electric guitar, harmonica, keyboards, hand claps)
BJ Cole (pedal steel - #4)
Michael Buckley (saxophone - #4,6,8,9)
Vyvienne Long (cello - #5,10)
Justin Carroll (Hammond - #2,6,9)
Trevor Hutchinson (bass - #4 - 6,9,10, hand claps)
Dave Hingerty (drums, percussion, hand claps)
Tracklist
01:Perfect Candlelight (2:42)
02:Hold On (4:26)
03:Slow Dance (4:20)
04:Walk With Me (4:49)
05:Love Hate On (5:39)
06:Feel Alright (3:35)
07:So High (3:04)
08:For You (3:59)
09:She Moved Through The Fair (5:02)
10:Poets (2:48)
11:Fare Thee Well (3:24)
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