Tamikrest / Toumastin
Toumastin Spielzeit: 51:01
Medium: CD
Label: Glitterhouse, 2011
Stil: World Music, Desert Blues, Tuareg Rock

Review vom 25.04.2011


Günther Klößinger
»A desert hosts us, a language unites us, a culture binds us« ... so lautet das kulturelle Selbstverständnis der Band Tamikrest, die in Mali beheimatet ist - zu deutsch: 'Eine Wüste beherbergt uns, eine Sprache verbindet uns, eine Kultur verpflichtet uns'. Das Ensemble, das sich bereits vor einigen Jahren in Kidal, der Hauptstadt der achten Region Malis formierte sieht sich unmissverständlich als Botschafter eines Volkes, um das sich weltweit viele Legenden ranken, der Tuareg.
Wohl jeder hat beim Klang dieses Namens blau gewandete Nomaden vor Augen, die, auf Kamelen sitzend, die Sahara durchstreifen. Wie bei Legendenbildung üblich, sind Vereinfachungen unvermeidbar und so ist 'Tuareg' eher ein Name, der den Nomaden der Wüste von außen gegeben wurde. Sie selbst verstehen sich eher als multinationale Gemeinschaft, die vor allem in der gemeinsamen Stammessprache, dem 'Tamasheq' ihre Identität ausdrückt. So stammen die Mitglieder dieser Combo auch nicht nur aus Mali, sondern beispielsweise auch aus Algerien und dem Niger.
"Tamikrest" bedeutet 'Treffen, Zusammenkunft, Verbindung, Knotenpunkt' - und somit beschreibt der Bandname die Gruppe bereits sehr genau: ein Zusammentreffen unterschiedlicher Vertreter der Kultur des Tamasheq. Gestartet hatte die Gitarristenfraktion des Ensembles das Projekt nach einem Workshop - das Equipment bestand zu dieser Zeit noch aus zwei selbstgebauten Gitarren. Die Musik basierte auf uralten, arabischen Gitarrentechniken, die in der Genesisregion dieses Instrumententypus über Jahrhunderte mündlich tradiert worden waren. Inhaltlich gaben sich die jungen Musiker rebellisch - eine Eigenschaft, die ihren Songs und ihrem Auftreten bis heute anhaftet.
Mehr und mehr Instrumentalisten und Sänger schlossen sich diesem wilden Haufen an und schon bald hatte man in der Wahlheimat Mali Kultstatus bei diversen Wüstenfestivals erlangt. Hier traf man auch auf Vertreter westlicher Rockmusik, die sich selbst, auf der Suche nach neuen Inspirationen, in die Wüste geschickt hatten. Connections sind eben alles - aus diesen Kontakten erwuchs der erste Plattendeal und mit "Toumastin" legen Tamikrest bereits ihr zweites internationales Album vor.
Die Songs dieses Wüstentreffens sind der Tradition des Tamasheq verhaftet, weisen aber auch jede Menge anderer Einflüsse auf: so finden sich durchaus auch Stile, die aus benachbarten Wüstenregionen stammen, aber auch Rock und Blues haben ihre Spuren hinterlassen.
Die typische Harmonik ihrer Musik, der schwebende und doch voranschreitende Rhythmus der Stücke hat eine hypnotische Wirkung, der sich der Hörer oder die Hörerin nur schwer entziehen kann. Vorausgesetzt, man ist bereit, sich auf diesen Wüstentrip einzulassen - bei allzu analytischem Rezipieren des vorliegenden Sahara-Soundtracks könnte einem manchmal das Wort monoton in den Sinn kommen - doch letztlich ist es jene Gleichförmigkeit, die sich nur langsam verändernden Strukturen der Lieder, die jenen tranceartigen Nimbus erzeugt.
Stelle dir vor, du sitzt auf einem Kamel, vor und hinter dir hunderte von Meilen nur Sand, flirrendes Sonnenlicht. Die am Horizont herüberschimmernde Oase könnte nur eine vom Sonnengeflimmer erzeugte Fata Morgana sein. Schritt um Schritt trägt dein Wüstenschiff dich auf jenes grüne Schimmern zu, du wiegst dich in den Rhythmus dieser behäbigen Schritte ein. Es kann Stunden dauern, bis du etwas anderes erblickst als Sand, Sonne und eine ungewisse Wasserstelle. Der monotone Trott bildet den Rhythmus und in deinem Kopf beginnen sich mantrisch Melodien zu bilden, sich ohrwurmartig wieder und wieder zu wiederholen - das ist die Musik der Wüste, so klingt der Sound von Tamikrest.
Die Gitarren zaubern Herzenswärme in die Hitze der Wüste, Männer und Frauen singen, mal melancholischen Blues in Tamasheq, mal jubilierende Beschwörungen - Drums, Bass und das typische Handklatschen treiben den Rhythmus stetig, und doch eben mit jenem charakteristischen, sanften Wiegen, voran.
Machen wir uns auf den Weg - wir treffen uns an der Oase - und 'Treffen' heißt nun mal "Tamikrest".
Line-up:
Ousmane Ag Mossa (auteur compositeur guitare soliste, chant)
Aghaly Ag Mohamedine (batterie, percussion, choeur)
Cheikh Ag Tigly (basse, choeur)
Mossa Ag Borayba (guitare rythmique, choeur)
Mossa Ag Ahmed (deuxieme guitare rythmique, choeur)
Fatma Walette Cheikhe (choeur, hand clap, youyou)
Bassa Walette Abdamou (choeur, hand clap, youyou)
Tracklist
01:Tizarate (00: 21)
02:Fassous Tarahnet (04: 56)
03:Nak Amadjar Nidounia (04: 06)
04:Aratan N Tinariwen (03: 45)
05:Aiytma Madjam (03: 28)
06:Aidjan Adaky (05: 01)
07:Addektegh (02: 42)
08:Tarhamanine Assinegh (04: 27)
09:Nak Akaline Tinza [Tinzaouatene] (03: 01)
10:Tidit (04: 14)
11:Dihad Tedoun Itran (06: 26)
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