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Gibt es einen besseren Start ins Wochenende als ein Live Konzert in meiner derzeitigen Lieblingslocation, im Colos-Saal in Aschaffenburg? Wenn dann noch Thin Lizzy angekündigt wird, setz ich mich natürlich sofort ins Auto und auf geht's nach Bayern.

Als Vorband wurden Vintage Trouble aus Los Angeles gebucht, die eine Mischung aus Soul und Rhythm and Blues spielten. Und das richtig gut. Als Sänger Ty Taylor die Bühne betrat, dachte ich erst, ich sehe den jungen Samuel L. Jackson in "Pulp Fiction". Nach den ersten Tönen hörte ich Anleihen an den guten alten James Brown. Dies soll aber nicht heißen, dass ich die Jungs mit James Brown und Band vergleichen will. Aber die Richtung ihrer Musik wird mit diesem Vergleich sehr deutlich. Eine tolle Show, die Vintage Trouble ablieferten. Alle Mann in feinen Anzügen, die innerhalb von Minuten im sehr gut gefüllten Colos-Saal total durchgeschwitzt waren.
Rick Barrio Dill am Bass und Richard Danielson am Schlagzeug zimmerten einen starken Background für den schon erwähnten Ty Taylor (Gesang) und Nalle Colt an der Gitarre. Die Ansagen zwischen den Liedern erinnerten mich an eine typische amerikanische Predigt aus den Südstaaten, in der der Prediger seine Gemeinde in eine gemeinschaftliche Trance führt. Die Band steckte das Publikum mit ihrer Energie an und animierte zum Mitmachen. Und die Herde im Colos-Saal machte mit. Ein sehr interessanter Auftritt, der mir sehr gut gefallen hat. Mein Tipp: Stöbert mal auf dem YouTube-Kanal von Vintage Trouble herum und lasst euch berieseln.

Nach einer, für meinen Eindruck, wieder mal viel zu langen Umbauphase kamen endlich Thin Lizzy. Interessant für mich war der Personalwechsel. 2008 sah ich Thin Lizzy im Capitol in Mannheim in der Besetzung John Sykes
(Gitarre / Gesang), Scott Gorham (Gitarre), Di Cosmo (Bass) und Tommy Aldrige (Schlagzeug). Heute nun mit Ricky Warwick ( The Almighty - Gesang) und Richard Fortus ( Guns N' Roses - Gitarre). Richard ersetzte Vivian Campbell, der z.Z. mit Def Leppard auf US Tour ist. Dann natürlich Marco Mendoza am Bass und die alten Thin Lizzy-Helden Scott Gorham (Gitarre), Darren Wharton (Keyboard) und Gründungsmitglied Brian Downey am Schlagzeug. Auf diese Besetzung war ich wirklich gespannt. Musikalisch war ja klar, was kommt. Doch auf die Umsetzung war ich gespannt.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Gesanglich fand ich damals John Sykes besser. Damit will ich Ricky Warwick aber nicht schlecht reden. Auch er hat seine Sache sehr gut gemacht. John Sykes war aus meiner Sicht näher am Thin Lizzy-Feeling.

Doch zurück zum Konzert. Mit "Are You Ready" ging es los, gefolgt von "Waiting For An Alibi" und "Jailbreak". Der mittlerweile volle Colos-Saal bebte. Ohne große Pause führte ein hervorragend aufgelegter Ricky Warwick durchs Programm. Der anfangs etwas ruhige Richard Fortus steigerte sich von Lied zu Lied und war später auf der Bühne kaum zu halten. Er und Warwick waren wahre Wirbelwinde im Zentrum der Bühne, die von den standfesten Marco Mendoza (links) und Scott Gorham (rechts) umrahmt wurden. Der Sound war, wie immer in Aschaffenburg, klasse. Wenn man bedenkt, dass teilweise drei Gitarren und das Keyboard von Darren Wharton soundtechnisch betreut werden mussten...
Jeder Musiker hatte den Freiraum, sein Können zu zeigen. Auch Darren Wharton, der sein Keyboard hinter den Amps von Scott Gorham aufgebaut hatte und Schlagzeuger Brian Downey. Marco Mendoza glänzte wie immer mit seinem geradlinigen Bassspiel. Trotz der vielen Instrumente, war sein Bass immer klar zu hören.
Ein Highlight in der Mitte des Sets, die großartige Ballade "Still In Love With You".
Ein Scott Gorham in Hochform. Es macht Spaß, dieser Legende bei seinen tollen Soli zuzuschauen. Zusammen mit dem 15 Jahren jüngeren Richard Fortus entstanden interessante Gitarrenduelle.
Als gegen Ende "Whiskey In The Jar", "Emerald", "Cowboy Song", "The Boys Are Back In Town" und "Rosalie" gespielt wurden, war der Saal am Toben. Alt und jung waren begeistert. Viele 'Altrocker' hatten ihren Nachwuchs dabei. Vater und Sohn gemeinsam im Takt wippend und laut mitsingend. Mutter wahrscheinlich kopfschüttelnd im Metalshirt in den hinteren Reihen. Das ist Familienleben!!!

Egal, in welcher Formation Thin Lizzy auftritt. Alle Musiker tragen dazu bei, die Erinnerung an eine große Band aufrecht zu halten. Die heutige und vorherigen Besetzungen mit der Urbesetzung zu vergleichen, gibt in meinen Augen nicht viel her. Phil Lynott hatte seinen eigenen Stil. Ihn zu kopieren, wird aus meiner Sicht immer scheitern. Dem Material von Thin Lizzy aber einen eigenen Touch zu verleihen und die Lieder etwas moderner zu spielen - das ist die Herausforderung. Und das ist auch dieser Formation wieder gelungen.
Thin Lizzy ist nicht tot. Der Geist von Phil Lynott lebt in den verschiedenen Musikern und in den Fans weiter. Zu Recht erinnerte Ricky Warwick an die verstorbenen Gary Moore und Phil Lynott. Mögen sie in Frieden ruhen. Ihre Botschaft an uns bleibt in Ihren Liedern erhalten.
Setlist:
Are You Ready
Waiting For An Alibi
Jailbreak
Do Anything You Want To
Don't Believe A Word
Dancing In The Moonlight
Massacre
Angel Of Death
Still In Love With You
Whiskey In The Jar
Emerald
Sha La La
Cowboy Song
The Boys Are Back In Town
Killer On The Loose
Rosalie (Bob Seger-Cover)
Roisin Dubh (Black Rose)
Externe Links:
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