Time Requiem / Optical Illusion
Optical Illusion
So! Wer jetzt ganz doll aufgepasst hat, der wird bei Time Requiem sofort an Richard Andersson, und damit an mein Review zu seinem Best Of aus dem letzten Jahr, denken. …Und was für böse Erinnerungen da hochkommen - drei Bands, ein Chef, ein Stil.
Ein Nervenzusammenbruch.
Wirklich geändert hat sich auch diesmal nichts. Richard Andersson und alle seine Kollegen sind brillante Techniker und gehören absolut zum Besten, was die Prog-Welt zu bieten hat. Aber da hört die Genialität auch schon auf, und man wird den Eindruck nicht los, in ihm den Klimper-Abklatsch eines Yngwie Malmsteen, der ja selbst schon nicht der König der haften bleibenden Songs ist, zu sehen. …Aber Yngwie macht Eines anders: Er will nicht als Progger gesehen werden. Sich nicht an diesem Anspruch festzuklammern, lässt seinen Songs wenigstens etwas Herz und Seele zuteil werden. Andersson, oder Time Requiem im Speziellen, obwohl es hier müßig ist, von Bands zu reden, klatscht Melodie an Melodie, zusammenhang- und lieblos.
Fairerweise muss man sagen, dass "Optical Illusion" trotzdem bereits besser ist, als alles, was ich auf "The Ultimate Andersson Collection" gehört habe. Hier und da blitzt doch etwas auf, das als 'Feeling' bezeichnet werden kann, und mit etwas Augenzwinkern können einige Passagen fast schon als 'Songs' interpretiert werden.
Meist hört man jedoch irgendwas, das Einem gefällt, ein klitzekleines Sahnestückchen, und man denkt sich "Na! Vielleicht jetzt!", aber dann beginnt wieder das nächste Solo, und die Double-Bass, unterlegt mit Streichersounds, legt wieder los, einen in den Schlaf zu wiegen. Nach wie vor gilt, dass es nicht etwa zu viele Soli in Anderssons Songs gibt - es gibt zu wenig Songs in seinen Soli.
Einer der stärksten - wenn nicht der stärkste Moment - auf der Scheibe ist "Miracle Man". Rockig, mit guten Gesangslinien und massiven progressiven Aufwertungen. Das wäre der Weg für unseren Richard. Ich hab auch schon, und damit möchte ich schließen, 'ne Idee, wie bei ihm der Groschen fallen könnte - nämlich durch folgendes Telefonat mit seinem Vorbild.
(nimmt ab)Yngwie: "Malmsteen?"
Richard: "Yngwie?"
Yngwie: "Richard."
Richard: "Was ich schon immer mal wissen wollte: Warum spielst du eigentlich keinen Prog?"
Yngwie: "Weil ich's nicht kann!" (legt auf)


Spielzeit: 49,57 Min. Medium: CD, Regain Records, 2006
1:Sin To Sin (7:17) 2:The Talisman (5:22) 3:Optical Illusion (7:12) 4:The Ashen Soul (5:34) 5:Ocean Wings (6:42) 6:Creator Of Time (5:21) 7:Miracle Man (6:02) 8:Sphere Of Fantasy (6:24) 9:Despair And Pain (steht auf der Hülle, ist aber nicht drauf)
Christoph Segebard, 24.04.2006