The Traditionals / Generation Of Today
Generation Of Today Spielzeit: 39:45
Medium: CD
Label: Impact Records, 2008
Stil: Streetpunk / Oi!

Review vom 03.02.2008


Moritz Alves
Die aus Pittsburgh stammenden Traditionals gibt es mittlerweile schon seit über zehn Jahren. Gegründet im Jahr 1997, kann man bisher auf vier Studioalben zurückblicken, von denen mir mit "Generation Of Today" nun die neueste Scheibe vorliegt. Musikalisch hat man sich der rauen, ungehobelten Seite des Punk verschrieben und knüppelt sich hier durch 15 Songs in gut 40 Minuten. Das macht klar, dass die fünf Herren das Gaspedal so gut wie immer bis zum Anschlag durchdrücken, was bei diesem Musikstil aber keine Besonderheit ist.
Die Produktion kann den rauen Charme des dargebotenen Liedguts wunderbar einfangen, knallt aber gleichzeitig verdammt frisch aus den Boxen. Der rohe, dreckige Punkrock der Traditionals findet seine musikalischen Erben einerseits im klassischen, englisch Oi!: Gestandene Genrevertreter wie The Business, The Cockney Rejects, The 4-Skins oder Cock Sparrer müssen hier unbedingt als Einflüsse genannt werden. Darüber hinaus deuten einzelne Facetten der Musik auch gerne mal in Richtung Rose Tattoo und Konsorten. Denn die schönen Rock'n'Roll-Gitarrensoli sind ein wichtiger Bestandteil im musikalischen Cocktail der Traditionals. Ein weiterer Eckpfeiler sind die Vocals, die in bester Oi!-Tradition ungekünstelt und unmelodisch in die Gehörgänge gehen.
Die Band stammt, wie üblich in diesem Genre, aus der 'Working Class', was einerseits auf dem Cover explizit vermerkt ist und andererseits natürlich auch in den Lyrics auftaucht. Textlich geht es nämlich sowohl um die Freuden des 'kleinen Mannes' als auch um die Skinhead- und Oi!-Szene an sich. Und so wird auf "Generation Of Today" unter anderem von durchzechten Nächten im Pub erzählt ("Let's All Get A Beer", "End Up In The Pub") oder Alltagsfrust thematisiert ("Lost Opportunities", "Life Of Mystery"). Aber, ich deutete es bereits an, auch die Szene selbst liefert Inspirationen für die Texte ("The Spirit Of Oi!", der Titelsong). Dass man textlich schnell auf den Punkt kommt und kein Blatt vor den Mund nimmt, dürfte dabei klar sein.
Es ist bei einem solchen Album nicht einfach, irgendwelche Highlights zu benennen, da das Genre naturgemäß wenig Raum für große Variationen bietet. Dennoch finde ich beispielsweise den Opener "Propaganda Games" unglaublich geil. Der Song rüttelt einen wach, tritt einem mit Anlauf in den müden Hintern und offenbart sofort alle Trademarks des Albums: Kräftiges, schnelles Drumming, Background-Shouts im Refrain, Rock'n'Roll-Leadgitarre und eine geile Melodie. So macht das Spaß, dazu wird gepogt und gesoffen bis zum Umfallen! Weiter geht's mit "Lost Opportunities", das ebenfalls ein Kracher vor dem Herrn ist. Für meinen Geschmack sind eigentlich keine schwachen Songs vertreten, obwohl die Traditionals das Rad natürlich nicht neu erfinden. Im weiteren Verlauf der Scheibe fällt dann noch der Titeltrack auf, der von traditioneller Skinhead-Musik (Ska, Reggae) eingerahmt ist. Auch "Spirit Of Oi!" muss man nennen, das genau wie "Retaliate" mächtig Dampf macht. Weitere Anspieltipps sind "We Had A Deal", ein bissiger Song gegen die Musikindustrie, "Protection" mit seinem geilen Refrain oder das Cock Sparrer-Cover "Running Riot", das einen würdigen Abschluss der Scheibe darstellt.
Alles in allem lässt sich also sagen, dass Anhänger von Streetpunk und Oi! hier bedenkenlos zugreifen können. The Traditionals machen auf "Generation Of Today" mit Sicherheit nichts falsch und präsentieren als eine der dienstältesten US-amerikanischen Oi!-Bands ein solides Stück Musik. Abgesehen von den bereits genannten Gruppen sollten auch Freunde von Bands wie den Dropkick Murphys, Rancid, Sham 69, G.B.H. oder The Exploited unbedingt mal reinhören.
Abschließend muss ich dann wohl noch Entwarnung für all diejenigen geben, die bei dem Wörtchen 'Skinhead' sofort auf Distanz gehen. The Traditionals sind defintiv keine rechtsgerichtete Band, sondern als Skinheads Mitglieder der Oi!-Szene, die ursprünglich (und auch heute zu großen Teilen) nicht rechtsradikal ist. Die Tatsache, dass auf dem Coverartwork von "Generation Of Today" eine farbige und ein weiße Hand anstoßen, sollte auch ein deutliches Indiz sein. Die Oi!-Bewegung, die Anfang der 1980er Jahre in England entstanden ist, ist bekannt als Heimat der Arbeiterkinder aus der sozialen Unterschicht. Hier fanden sich damals sowohl Punks als auch Skinheads zusammen, die in der Musik u.a. einen Gegenpol zur Kommerzialisierung des eigentlichen Punkrocks sahen. Und obwohl sie über die Jahre schon mehrmals für tot erklärt wurde, lebt die Bewegung, ähnlich wie Punk, bis heute weiter, ist sogar momentan populärer denn je.
Die Skinhead-Szene als solche ist politisch sehr heterogen und nicht von vorn herein mit Rechtsradikalen gleichzusetzen, was in den Medien jedoch nur allzu oft geschieht. Da weitere Ausführungen den Rahmen sprengen würden, verweise ich an dieser Stelle auf die entsprechenden Wikipedia-Artikel, anhand derer sich jeder selbst ein Bild machen kann.
Line-up:
Rob Faulkner (vocals)
Dave Harris (lead guitars and vocals)
Joe Harris (drums and vocals)
AJ Falcione (guitar and vocals)
Matt Janitor (bass and vocals)
Tracklist
01:Propaganda Games (2:09)
02:Lost Opportunities (2:56)
03:Not Gonna Change (3:04)
04:Out Of Time (2:41)
05:Generation Of Today (3:31)
06:Let's All Get A Beer (2:42)
07:Spirit Of Oi! (2:10)
08:Retaliate (2:07)
09:Life Of Misery (2:06)
10:Win Some Lose Some (2:41)
11:We Had A Deal (3:19)
12:Protection (2:25)
13:Feel Alright (2:03)
14:End Up In The Pub (3:01)
15:Running Riot (2:50)
Externe Links: