tsUIma / sic transit gloria
Sic Transit Gloria Spielzeit: 36:07
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2010
Stil: Experimenteller Rock

Review vom 18.12.2010


Mike Kempf
Auch heute noch, nach ein paar Jahren des Rezensierens von diversen Tonträgern, CDs und DVDs, werde ich ab und zu mit Platten überrascht, die ich in solch einer Darbietung äußerst selten unter meine Fittiche bekomme. So geschehen bei "sic transit gloria" von tsUIma aus meiner Nachbarschaft Berlin! Das Besondere zuerst: Die Scheibe wird mit deutschen, russischen, lateinischen und finnischen Vokalen ins Rennen geworfen, für die sich neben männlichen auch weibliche Gesangsvorträger verantwortlich zeigen. Aber es sollen noch weitere Besonderheiten folgen! Zwar ist der Silberling mit einer Spiellänge von über achtunddreißig Minuten normal ausgereizt, doch verlangt die Scheibe vom Zuhörer in dieser Zeit zum Teil starke Nehmerqualitäten!
Die Platte lässt sich in keine musikalische Nische pressen, es wird experimentiert was das Zeug hält und somit komme ich nach dem ersten Hördurchgang zu der Erkenntnis, dass sich die Band auch extra mit experimentellem Rock auseinander setzen will. Es wird ohne Rücksicht auf Verluste gefunkt, gebluest, gejazzt und gerockt. Schon ihr Opener "Paradise Promise" wird in mehrsprachigem Gesang vorgetragen, präsentiert unverfälschte, druckvolle Gitarrensoli und weckt mein weiteres Interesse an dem Tonträger. Cora Schell haucht beim folgenden Teil herzzerreißend »Der Mond ist aufgegangen« ins Mikro. Wer nun denkt, er kann dem Inhalt des Songs problemlos folgen, der sollte mit russischen Sprachkenntnissen gewappnet sein. Dass Frau Schell butterweich singen kann, beweist sie bei "Confused & Cheated". Mein persönliches Highlight der Scheibe und gleichzeitiger Anspieltipp!
Verlief bisher alles in relativ normalen Bahnen, heißt es nun: Festschnallen! Leicht orientalisch fängt "Qin Chi Huang Di" an, um anschließend dem Konsumenten gnadenlos auf dem Hirn rumzutrampeln! Mit "ночи нет!" und "Shirley Hurting" folgen weitere Songs, deren Notensalat nichts für schwache Nerven ist, die man ohne Zufuhr diverser Beruhigungsmittel kaum ertragen kann. Das krasse Niveau wird bis zum Finalteil knallhart durchgezogen und lässt meine Gemütswelt per Achterbahnfahrt ins Chaos gleiten. Nur gut, dass wenigstens das Finale in Form von "Tracked By The Lord" meine Nerven verschont. Diesmal wird Lydia Reim die Ehre zuteil, den Gesangspart zu übernehmen und diese steht dem ihrer Vorgängerin Cora in Nichts nach! Klasse Frau Reim! Instrumental weiß das Teil auch zu überzeugen, klampft Matthias Felsch doch gekonnt auf seiner Akustikgitarre und lässt sich ab und zu von schroffen Stromgitarren begleiten.
Fazit: Auch wenn es sich diesmal für mich um ein 'Heimspiel' handelte, gab es Momente, in denen ich den Tonträger am liebsten an die Wand gefeuert hätte. Auf der anderen Seite, bei den ersten drei und dem letzten Song, fand die Scheibe mein Wohlwollen. Macht bei neun Liedern ein Endergebnis von 4:5. Und genauso würde ich die Platte auch bewerten, etwas unter Durchschnitt. Trotzdem! Liebhaber, die auf experimentierfreudige Musiker stehen, sollten sich einige Hörproben (Songs 4-8) gönnen. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Fans hier fündig werden.
Line-up:
Cora Schell (vocals #2,3 - backing vocals #1,3,4,5)
Lydia Reim (vocals #9 )
Michaela Hartmann (guitar, keyboard)
Anneli Wudtke (bass)
Manne P. (drums)
Vincent Brisach (drums)
Haymo Doerk (leadguitar #2,3, 9)
Matthias Felsch (nylon ac-guitar #3, 9)
tsU-lma (guitars, bass, synths, sounds, vocals)
Tracklist
01:Paradise Promise
02:Four
03:Confused & Cheated
04:Qin Chi Huang Di
05:ночи нет!
06:Shirley Hurting
07:Cars & Telephoto Lenses
08:k:Ys
09:Tracked By The Lord
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