Walter Trout / Full Circle
Full Circle
Walter Trout ist seit über 35 Jahren im Musikgeschäft. Jetzt endlich konnte er seinen lang ersehnten Traum verwirklichen: Mit einigen von ihm verehrten und respektierten Musikern ins Studio zu gehen und dort mit ihnen zu spielen und zu komponieren. So wurde "Full Circle" zu einer Reise durch die verschiedenen Stile, die den Blues ausmachen.
In dem Interview, das der geschätzte RockTimes-Kollege Joachim Brookes vor kurzem mit Walter in Rheinberg führte, erklärte uns der Musiker, warum er das Album "Full Circle" nannte: "Die Phrase 'full circle' bedeutet im Englischen an einem bestimmten Punkt zu starten, eine lange Reise zu machen und am Ausgangspunkt wieder zu enden. Und für mich ist "Full Circle" so etwas wie alle Leute darauf als Gäste zu haben, die mit mir spielen und mit denen ich eine gemeinsame Geschichte habe".
"Full Circle" zeugt von Trouts Wunsch, die verschiedensten Aspekte des Blues zu erforschen und dabei zu zeigen, dass es zwischen Musikern, die einander respektieren, überhaupt keine Grenzen gibt. Sein Ziel: Den Blues als eine lebhafte und vielfältige Kunstform zu feiern und damit klar zu machen, dass der Blues immer noch voller Kraft ist. Ich denke, dass ihm das mit diesem Album hervorragend gelungen ist.
Über die Entstehung des Albums erzählte Walter im Interview: "Ich habe Leute, die ich kenne und mit denen ich Gigs gespielt habe und die die Zukunft dieser Musik sind. Joe Bonamassa ist mit drauf und für mich geht es darum, mit diesen Leuten zusammenzukommen und spontan etwas mit den meisten von ihnen zu kreieren. Sie kamen ins Studio, wir bauten auf, wir schauten uns an, wir sagten: 'Was werden wir machen?' Wir setzten uns hin und schrieben gemeinsam Songs. Wir zeigten sie der Band und wir nahmen auf. Das ist es, was ich mit fast allen gemacht habe. Und es ist alles ohne Overdubbing gemacht worden."
Dem entsprechend lebendig ist das Album auch geworden. Die musikalische Vielfalt macht diesen Longplayer zu einem ganz besonderen Werk, dass in keinem CD-Regal fehlen darf.
Auch die Ausstattung der CD kann sich sehen lassen. Ein zwölfseitiges, farbig bebildertes, gut lesbares Booklet, mit Linernotes zu den einzelnen Gästen. Dazu gibt es über 70 Minuten Blues der Extraklasse in einem sehr guten Soundgewand.
Besonders schön finde ich, dass Walter dieses Album seinem langjährigen Freund und ehemaligem Bassisten Jimmy Trapp, der im letzten Jahr leider verstarb, mit folgenden Worten gewidmet hat: "This CD is dedicated with love to the memory of my best buddy and thirty year Blues Brother Jimmy Trapp. 'Play On / Play on through the darkest night / 'Cuz the road has finally taken you / to a place where everything is gonna be allright.'"
Auf "She Takes More Than She Gives", einem traditionellen Blues, wird Walter von der Blueslegende John Mayall begleitet, der Piano und Harp spielt, sowie gesanglich ein paar Strophen zum Besten gibt. Des weiteren sitzt Richie Hayward (Little Feat) an den Drums. Der Song kommt sehr gefühlvoll rüber und die ausgedehnten Gitarrensoli machen dieses Stück zu einem Erlebnis.
Um "Workin' Overtime" mit Jeff Healey aufzunehmen, flog Walter nach Kanada und ging dort mit Jeff und dessen Band ins Studio. Der Song ist deutlich rockiger als der Vorgänger und die Gitarrenschlacht der beiden Musiker kann überzeugen. Übrigens: Sitzt man vor der heimischen Anlage, kann man deutlich hören, wer welche Gitarre spielt. Auf dem linken Kanal ist Walter Trout zu hören, während die Gäste den rechten Kanal benutzen.
"Firehouse Mama" wurde von Eric Sardinas und Walter mit zwei akustischen Gitarren und einer Harp eingespielt, während sich beide beim Gesang abwechseln. Da wird geslidet und gezupft was die Saiten hergeben. Absolut gelungen!
Ein weiterer Gast auf dieser Platte ist Coco Montoya, der Gitarre spielt und auch mit Walter zusammen singt. Der schleppende Rhythmus lässt den Song sehr relaxt rüberkommen. Die Hammond Orgel von Sammy Avila begleitet die beiden Gitarristen dezent.
Ein Instrumental der Extraklasse bekommt der geneigte Hörer mit "Slap Happy" auf die Ohren. Als Gäste sind hier Junior Watson (Gitarre), Jonny Ray Bartel (Stand-up Bass) und Bill Bateman (Drums) zu hören. Die Nummer swingt vom ersten bist zum letzten Ton mächtig, während sich die Gitarren die Soli um die Ohren hauen.
Auch bei "Wrapped Around Your Finger" gibt es wieder ordentlich was auf die Ohren. Bluesrock erster Güteklasse fließt aus meinen Boxen. Auch hier wieder hochkarätige Gäste: Guitar Shorty (Gitarre & Gesang), Richie Hayward (Drums) und der Hammond B3 Spieler, Deacon Jones, den Walter als einen der Besten seines Fachs bezeichnet.
'Back to the Roots' geht's mit "A Busy Man". Für diesen Song holte sich Mr Trout den Harper James Harman, der auch eine hervorragende Stimme hat, ins Studio, um mit ihm diesen Track aufzunehmen. Sehr relaxt, sehr bluesig, sehr authentisch. Tolle Harp-Soli die von Rob Rio am Piano gekonnt umspielt werden. Blues-Puristen werden hier ihre helle Freude haben.
Welche, dem Blues nahe stehende, Richtung hatten wir denn bisher noch nicht? Richtig, den Boogie, und der hält jetzt mit dem "Highway Song" Einzug auf diesem Album. Als Gast ist wieder John Mayall vertreten, diesmal aber nicht mit dem Piano, sondern an der Gitarre.
Eine weitere Größe des Blues, Bernard Allison, gab sich bei "When Will It Ever Change" die Ehre. Bluesrock, gitarrenlastig und erdig, so wie wir ihn lieben. "Can't Help Falling Apart" stampft mit einem kräftigen Rhythmus durch den Song. Finis Tasby übernahm den Gesang, während Walter Trout die Gitarre und die Harp spielte.
Auf "After Hours" beweist Deacon Jones, dass er zu den ganz Großen an der Hammond gehört. Er und Walter spielen sich die Soli zu. Man vermisst den Gesang bei diesem Instrumental zu keiner Zeit, obwohl der Song fast 7 Minuten dauert. Eine tolle Nummer!
Aber nicht nur alteingesessene Größen sind auf dieser Platte zu hören. Auch der Newcomer Joe Bonamassa stellt sein Können unter Beweis und jammt mit Walter um die Wette, dabei singt er auch einen Teil des Songs. Hier empfiehlt es sich wieder die Mittelstellung vor den Lautsprechern einzunehmen und der Gitarrenschlacht der beiden Blueser zu lauschen. Was für eine Nummer!
Der letzte Track auf dem Silberling ist kein Song. Hier handelt es sich um eine Ansage von Larry Keene, der über den Blues spricht und von den frühen Tagen eines Walter Trout erzählt. Um das Ganze besser zu verstehen, noch mal ein Auszug aus dem Interview: "Yeah, Larry Keene. Er ist ein Discjockey aus den 50ern. Er war ein berühmter Discjockey im Radio als es mit dem Rock 'n' Roll losging.
Als ich ein kleiner Junge war, fuhr ich im Auto meiner Eltern mit und wir hörten Larry Keene im Radio. Er spielte Elvis, Buddy Holly, Little Richard und Jerry Lee Lewis, Chuck Berry, alle diese Sachen, die damals gerade veröffentlicht wurden. Er machte immer seine Ansagen und sprach und alles reimte sich. Und er war schon erstaunlich. Und er war seit 45 Jahren nicht mehr im Radio und er kam ins Studio, wir stellten ein Mikrofon vor ihn, spielten im Hintergrund einen Song und er erzählte und er ist unglaublich, womit er rüber kam.
Und um die Geschichte noch ein wenig interessanter zu machen: Seit 45, fast 50 Jahren ist Larry Keene mit meiner Stiefschwester verheiratet. Und ich habe seit 1962 weder ihn noch sie gesehen…"
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Weiter erzählte er:
" …Er spricht darüber, dass ich verschiedene Spieler mit verschiedenen Stilen auf dem Album habe. Es ist erstaunlich. Ich muss sagen, ich habe die CD bei mir und sein Track ist einer meiner Favoriten. Und es ist nur er, der erzählt und es ist wunderbar. Als er ins Studio kam hat meine Frau geweint."
Selten habe ich ein so vielfältiges Blues-Album gehört, dass trotz verschiedener Stil-Richtungen niemals den Roten Faden verliert. Für mich eine der besten Platten des Genres und ein Anwärter auf die beste Scheibe des Jahres. Da hat der Walter echt was auf die Beine gestellt.
Eine klare Empfehlung für Alle, die dem Blues, egal in welcher Form, zugänglich sind!


Spielzeit: 70:44, Medium: CD, Ruf Records, 2006, Bluesrock
1:She Takes More Than She Gives 2:Workin' Overtime 3:Firehouse Mama 4:Who's Listenin' In 5:Slap Happy 6:Wrapped Around Your Finger 7:A Busy Man 8:Highway Song 9:When Will It Ever Change 10:Can't Help Falling Apart 11:After Hours 12:Clouds On The Horizon 13:Full Circle
Michael (Mike) Schröder 25.06.2006