Uberkid / They Hate Us In New York
They Hate Us In New York Spielzeit: 41:29
Medium: CD
Label: STF Records, 2010
Stil: Punk, Screamo

Review vom 10.07.2010


Moritz Alves
Das Präfix 'uber' bedeutet im Amerikanischen so viel wie 'das Beste' oder 'das Ultimative' und leitet sich (natürlich) vom deutschen 'über' ab. In den dortigen Sprachgebrauch gelangt ist es durch die großartigen Dead Kennedys, die 1979 erstmals ihren Klassiker "California Über Alles" veröffentlichten (ein Jahr später dann nochmals auf dem Album "Fresh Fruit For Rotting Vegetables") - dieser Song ist somit Ursprung dieses Wortgebrauchs anzusehen, der sich anno 2010 auch im Namen einer wiederum deutschen Band findet, die englisch singt und sich musikalisch einer Melange aus Punk, Screamo und etwas Electro verschrieben hat.
In Hannover und Berlin ist der Fünfer Uberkid zu Hause und legt mit seinem Debüt "They Hate Us In New York" ein sehr amtliches Machwerk vor, von dem ich behaupten möchte, dass es auch im 'Big Apple' seine Anhänger finden wird. Die zeitgemäße Punk-Screamo-Geschichte, die zurzeit ja viele Untergrund-Combos spielen, wird durch eine Reihe elektronischer Versatzstücke ergänzt, verfeinert und aufgewertet, so dass dabei etwas ziemlich Packendes, Einzigartiges heraus kommt.
Beim Überfliegen der Trackliste bleibt mein Blick sofort auf dem aussagekräftigen Titel "Everything I Need To Know I Learned From Punk Rock" hängen. Verdammt, das ist mal eine Aussage, die ich gerne mit dem einen oder anderen Ausrufezeichen versehen möchte! Sowas lese ich wirklich gerne, muss beim Hinhören dann aber erstaunt feststellen, dass der (nicht mal einminütige) Track gänzlich ohne E-Gitarren und Schlagzeug auskommt, stattdessen ausschließlich Electro-Klänge enthält (die Assoziationen zu den Electro-Elementen auf Refuseds Meilenstein "The Shape Of Punk To Come" (1998) wecken)! Aber ja doch, warum auch nicht?! Stereotypische Punkmusik wäre hier doch mehr als vorhersehbar gewesen und stünde somit dem ursprünglichen Punk-Gedanken doch etwas im Wege - hat Punk als Einstellungssache doch zu einem nicht geringen Teil viel damit zu tun, Dinge so zu machen, wie man selbst es für richtig hält.
Abgesehen von diesem Titel stehen die Songs auf "They Hate Us In New York" aber größtenteils in typischem Gewand, und Freunde sowie Kenner dieses Genres werden sich gleich bei den ersten zwei Songs ein zweites Loch in den Popo freuen, sprühen diese doch vor technischer Finesse und ausgeklügelten Arrangements. "The Continental Breakfast Club" und "The Disko Inferno" fallen somit nicht nur durch ihre eigenwilligen Titel auf, sondern punk(t)en musikalisch auf ganzer (natürlich moderner) Linie: Speziell der Refrain des zweiten Streichs reißt mich aufgrund seiner Intensität immer wieder aufs Neue mit!
Bei "Potomac Romance" wird dann erstmals mit elektronischen Sounds gespielt, die sogleich einen zentralen Part in der Songstruktur einnehmen und die Strophen des Stückes gekonnt charakterisieren. Das folgende "Grafton Street" (wohl nach Dublins bekanntester Einkaufsstraße benannt) gleicht dies durch seine pure Screamo-Ausrichtung dann aber wieder gut aus - ein weiterer Qualitätsgarant auf dieser Veröffentlichung. Gleiches muss man im Folgenden dann vor allem auch "Yes Yes Yes" zugestehen, das durch seinen aggressiven, eingängigen Refrain mühelos in den Gehirnwindungen hängen bleibt. Hierbei sei noch mal das Talent der fünf Uberkids für tolle Gesangsmelodien hervorgehoben. "Supernova" daraufhin lässt den Hörer aufgrund seiner teils sehr sphärischen Soundkollagen, verbunden mit »One, two, three, four!«-Screams, auch immer wieder an die großartigen Refused denken, die mittlerweile ja leider schon seit zwölf Jahren »fucking dead« sind. Der packende Rausschmeißer "Let The Good Times Roll" schließlich ist, auch wenn es vom Titel sehr danach auszusehen scheint, keineswegs ein Oldie-Cover, sondern kurz vor Albumschluss noch mal eine sehr intensive Screamo-Granate.
Fazit: Insgesamt präsentieren Uberkid hier ein nicht allzu hartes und schnelles Punk-Screamo-Werk. Die Songs sind im für das Genre eher mittleren Tempo- und Aggressionsbereich angesiedelt und überzeugen viel mehr durch ihre Musikalität und ihre Arrangements. Dass "They Hate Us In New York" aber ein saustarkes Teil geworden ist, das den Zeitgeist ziemlich genau trifft, hier und da angenehm über den Tellerrand blickt und internationale Vergleiche zu keiner Sekunde zu scheuen braucht, sollte nach dieser Review-Lektüre hängen bleiben. Freunde von brandaktuellen Punk-Strömungen ist diese Silberscheibe also unbedingt ans Herz zu legen - auf dass sie sich vom Schaffen dieser talentierten Truppe überzeugen lassen werden!
Line-up:
Micha (bass)
Matthis (guitar)
Florian (vocals)
Christian (guitar)
Jens (drums)
Tracklist
01:The Continental Breakfast Club (3:15)
02:The Disko Inferno (2:52)
03:Potomac Romance (3:27)
04:Grafton Street (4:01)
05:Phantoms (4:20)
06:They Hate Us In New York (3:15)
07:Everything I Need To Know I Learned From Punk Rock (0:52)
08:Yes Yes Yes (3:38)
09:Supernova (3:23)
10:Capital Letters Are Still A Gold Mine (3:38)
11:Heartbreak Karaoke (3:57)
12:Let The Good Times Roll (4:51)
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