Unimother 27 / Same
Unimother 27 Spielzeit: 50:25
Medium: CD
Label: Pineal Gland Lab, 2006
Stil: Psycho / Kraut / Elektronik

Review vom 17.07.2007


Ulli Heiser
Wer das "Prelude" 'durchhält', begibt sich auf eine Reise in einen Klangkosmos, der für die heutige Zeit erst mal fremd klingt, im Hirn aber Bereiche aktiviert, die mit aller Gewalt suggerieren »Da war doch was ...«
Ein Blick ins Booklet und der Aha-Effekt stellt sich ein: Danksagungen an ».... those people who sustain my psychedelic vibration.« Adressiert unter anderem an Ash Ra Temple, Klaus Schulze und Popul Vuh. Die 'Berliner Schule' also. Das Schwiegermutter(SM)-inkompatible "Predulde" geht nahtlos über in "The Secret Vision". Nicht minder SM-inkompatibel, aber dem Rezensenten erschließt sich hypnotische Percussion als Basis für eine in vernebelten Sphären solierende Gitarre und man erschrickt beinahe, wenn die Nummer endet, weil man von den Klängen fast assimiliert wurde und nun jäh wieder in der Realität landet.
Kurz nur, denn "Flaming Lamp" fordert zu Anfang die rechte Hand, die schnell den Volume-Regler runterdreht, um der regelrecht folternden Synthiesequenz die Pegel zu kappen. Es wird aber recht bald melodischer, und als es wie eine mächtige Kirchenorgel klingt, darf die rechte Hand wieder am Regler drehen - diesmal wieder nach rechts. Einige Effekte und einsame Basslines verzieren den 'Orgelklang' und man denkt an Tangerine Dream.
Mein lieber Schwan, Piero Ranalli setzt uns mit seinem Unimother 27 genannten Projekt keine leichte Kost vor. Die Reise durch seinen psychedelischen Kosmos verlangt nach einer durchdachten Buchung und sollte nicht als Kurztrip geplant werden. Piero kommt aus Italien und startete 1989 mit der Garage-Psycho-Rockband City Sewer System. Es folgte Insider, eine Band die ihre Schublade mit Spacedoom beschriftet hatten. Danach kam Areknamés (Dark Prog Rock). Im Jahr 2006 erschien dann mit vorliegendem Album der erste Unimother 27-Output, ein Projekt, welches der Protagonist ganz alleine bestreitet. Nicht nur die Instrumente werden von Piero Ranalli bedient, er hat die Stücke auch geschrieben und das Artwork gestaltet.
Nach "Native Start", einer wieder orgeldominierten, 'ruhigeren' Nummer kommen wir zum 19-minütigen "The Nature Of All Things":
»... the nature of all things is open, empty and
naked like the sky, bright vacuity without center
neither circumference ...«

Lassen wir das Zitat aus dem Booklet einfach mal so stehen und denken während der nächsten 19 Minuten drüber nach. Synthie all over, Effekte aller Art, verzerrte Gitarren und verfremdete Wortfetzen. All das ohne erkennbare Richtungswechsel im Song, sondern eher ein komplexer, organischer, abgehobener, elektronischer Jam. Die 'elektronischen Momente' schreien förmlich danach, den Lautsprechern auf die Mebrane zu fühlen. Herrlich, wie es aus selbigen pumpt, quitscht, grummelt und auch groovt.
Die Gitarre kämpft sich durch Zeit und Raum und ab und an fängt der Rezensent auch schon mal einen ungeduldigen Blick der besseren Hälfte, denn schließlich ist sie ja mit der SM dicke verwandt. Spaß beiseite, wer Musik der oben angesprochenen Bands kennt, sich dazu eine Weiterentwicklung bzw. eine eigene Art der Interpretation dieser musikalischen Richtung vorstellt, kann erahnen, um was es geht. Aber geil ist es schon, wie gerade die Gitarre aus den Boxen sägt. Gerade klingt der Synthie wie 'ne Quetschkommode und in Verbindung mit der rhytmischen Percussion ist das schon irre schön.
In "Without Center", dem letzten Song der Platte wird die SM noch mal richtig gequält. Unbeirrbar wie ein Schiffsdiesel stampft ein Grundrhythmus durch die Minuten, allerdings funkt die Elektronik gehörig dazwischen und Wellenbergen gleich, donnern 'Klänge' von außen gegen den Maschinenraum und irgendwie wartet man, bis jemand »Land in Sicht« durchgibt und der Anker geworfen wird.
Wie gesagt, mitnichten leichte Kost, aber Anhänger des Genres werden ihre Freude daran haben.
Line-up:
Piero Ranalli (bass, guitars, synthesizer, percussion, voice from beyond)
Tracklist
01:Prelude (3:21)
02:The Secret Vision (7:40)
03:Flaming Lamp (4:12)
04:Native State (4:25)
05:The Nature Of All Things (19:10)
06:Without Center (11:38)
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