Vanity / Occult You
Occult You Spielzeit: 39:00
Medium: CD
Label: Church Independent/Rough Trade, 2013
Stil: Post Rock

Review vom 07.08.2013


Sabine Feickert
»Puuuuh, gruselig!« war mein erster Gedanke beim Blick auf das Cover-Artwork. Gruselig aber nicht im Sinne von wonnig-gruselig wie ein guter Horrorroman oder -film. Gruselig eher im Sinne von verstörend, billig, geschmacklos, sinnlos.
'Vanity' – Einbildung, Eitelkeit – mag sein, dass ich letztere im Verlauf meines Reviews verletzen werde. Klar kann man über Geschmack streiten. Darüber, wieviel Provokation sinnvoll, notwendig und möglich sein kann/muss in dieser Welt. Einer Welt, die auch hässlich ist. Die Künstler braucht, die sich nicht blind ins Alltagsgeschäft reinziehen lassen, sondern provozieren, den Finger in die Wunde legen, dem Dunklen und Düsteren Raum geben.
Vanity Frontmann N stammt aus dem Gazastreifen und bringt von daher sicherlich einen anderen persönlichen Hintergrund mit als viele andere Musiker. Ein weiteres, nicht näher definiertes Bandmitglied stammt aus der Schweiz, der Rest der Band aus Italien, wo sie auch tätig ist. Mehr ist über die Musiker nicht zu erfahren, als Bandhomepage sind die gängigen Social Media-Portale angegeben, doch auch dort hält man sich mit weiteren Infos bedeckt.
»Vanity aus Florenz spielen einen Hybrid Rock, mit Retro-Style aber gleichzeitig auch Postmodern: Es ist keine Wave-Musik, kein Metal, kein Indie, aber alle diese Genres zusammen. In ihren Songs findet man Spuren von Gothic Rock, Post Rock, Doom, Black Metal und Electronic. Das Ergebnis ist nicht eine gesichtslose Sound-Mischung, eher ein Prozess, der alle diese Genres in ein originelles musikalisches Paradigma einbringt. « finde ich als weitere Information beim Distributor.
Aha!! Das bringt natürlich Licht ins Dunkel.... ich Dummerle hätte doch glatt geglaubt, das Geknister Marke 'geknülltes Tonband' wäre ein inflationärer Gebrauch von Synthieeffekten, wahlweise eine drastisch schiefgelaufene Abmischung für billigste MP3-Wiedergabegeräte. Dabei ist das bestimmt der alles durchknisternde, ähhh durchdringende Black Metal-Einfluss, der über die gesamte Laufzeit der Platte dann doch einen gewissen 'Nervfaktor' entwickelt und beim Abspielen auf echten Anlagen sehr viel stärker zur Geltung kommt als beispielsweise über die Rechnerlautsprecher. Und hätte ich geglaubt, der Opener "Sleeping Tears" wäre eine ziemlich beliebige Achtziger-Wave-Nummer irgendwo aus der Ecke Depeche Mode oder Tears For Fears durchs Effektgerät genudelt, hat man diesem wahrscheinlich neben dem Geknister, sorry, Black Metal, auch noch 'ne Dosis Goth Rock übergebraten.
Den vielstrapazierten Pagan beansprucht man an anderer Stelle auch noch für sich – klar doch, Pagan kommt immer gut und ist auch nicht unbedingt auf den Punkt zu bringen. Was ursprünglich für heidnische Inhalte stand, wird so zum Sammelbecken für vermeintlich andere Ansichten, die aber nicht näher bestimmt werden. Möglicherweise findet sich mehr dazu im Roman des Sängers, der allerdings wohl unveröffentlicht irgendwo in einer Studioschublade schlummert. Die im Booklet abgedruckten Lyrics strotzen jedenfalls nur so vor krampfgereimten Allgemeinplätzen.
Ein »originelles musikalisches Paradigma« reklamiert man gar für sich – nun gut, wenn das meinige, dass gute Musik Tiefgang, Können, Emotion und Inspiration vereinigt, damit außer Kraft gesetzt wird, wird sich sicherlich ein Publikum finden, das sich auf platte Symbolismen und musikalische Klischees einlassen kann. Ich selbst stille mein Bedürfnis nach Düsternis derweil lieber mit Meistern des genreübergreifenden Genres.
Line-up:
N (vocals)
F (bass)
P (guitar)
T (drums)
Tracklist
01:Sleeping Tears
02:Under Black Ice
03:Ghosts
04:Ruins
05:Pagan Hearts
06:Sun
07:Time's New Romance
08:Limbo
09:Occult You
10:The Wanderer
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