The Vaughan Brothers / Family Style
Family Style Spielzeit: 20:49 (Side 1), 21:21 (Side 2)
Medium: LP
Label: Music On Vinyl (Cargo Records), 2015 (1990)
Stil: Blues Rock



Review vom 04.10.2015


Markus Kerren
Der texanische Blues-Gitarrist und Sänger Stevie Ray Vaughan war Anfang der achtziger Jahre so richtig fett durchgestartet und konnte mit seinen ersten drei Alben Texas Flood,
Couldn't Stand The Weather und "Soul To Soul" sowie der Live-Scheibe Live Alive riesengroße Erfolge feiern. Bereits in jungen Jahren reifte in ihm der Wunsch, ein Album mit seinem älteren Bruder Jimmie aufzunehmen, der seinerseits (damals noch) bei The Fabulous Thunderbirds aktiv war. Im Jahr 1990 war es schließlich soweit und die Brüder beschlossen, für die Aufnahmen lediglich Al Berry am Bass sowie Larry Alberman am Schlagzeug als Backing Band zu verpflichten und ansonsten lediglich Gäste einzuladen.
Gesagt, getan und mit "Hard To Be" startet die Scheibe mit einem richtigen Kracher. Stevie eröffnet diesen Zehnerpack mit den (dem Mann am Mischpult zugewandten) Worten »Drück' den Aufnahmeknopf, irgendwas passiert gerade mit mir!«. Eine klasse Abgehnummer inklusive Bläsersektion, klasse Gesang, während hier noch nicht einmal ein Gitarrensolo benötigt wurde. Bei "White Boots" gibt Jimmie seinen Einstand vor dem Mikro. Zwar lange nicht so einprägsam wie sein kleiner Bruder, aber auch alles andere als schwach. Die Stilistik der beiden ist sowohl gesanglich als auch spieltechnisch nicht vergleichbar, da schlichtweg zu verschieden.
Bei vier der zehn Tracks handelt es sich um Instrumentals, für die anderen sechs Stücke wurden die Lead Vocals zwar individuell, aber fast brüderlich (mit leicht höherem Anteil für Stevie Ray) eins zu eins geteilt. Gitarrentechnisch sticht ebenfalls niemand den anderen aus und was die Songs betrifft ist es so, dass es zwar keinen Ausfall, allerdings auch nur sehr wenige wirkliche Überflieger zu vermelden gibt. Auf der ersten Seite überzeugt "Hard To Be" am meisten und auch auf der zweiten sticht das eröffnende "Long Way From Home" hervor. Dennoch blitzt auch bei den anderen Titeln immer wieder die Klasse der beteiligten Musiker auf, was ein ums andere Mal ein Lächeln auf die Lippen des geneigten Hörers zaubert.
Für meinen persönlichen Geschmack hält sich Stevie Ray bei diesen Aufnahmen aber fast ein bisschen zu sehr zurück. Fast so, als wäre er zu sehr darauf bedacht gewesen, seinem großen Bruder das Feld zu überlassen. Im Prinzip gar kein Ding, denn dass Jimmie Vaughan ebenfalls ein wahrer Könner ist, sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Zwischen den Songs gibt es immer wieder mal witzig gesprochene Einlagen (ist das einer der Vaughans?), um die ganze Chose noch etwas mehr aufzulockern. Vielleicht nicht ganz so glücklich für die Setlist war auch die Wahl, mit "Baboom/Mama Said" und "Brothers" gleich zwei 'quasi' Instrumentals ans Ende der Platte zu setzen. Aber gut, Geschmackssache und deshalb geschenkt...
Nummern wie beispielsweise "Tick Tock" gehören sicherlich nicht zu den Glanzpunkten in den jeweiligen Karrieren der Brüder. Sie tun zwar nicht weh, sind aber auch deutlich weniger gehaltvoll als das jeweils in der Vergangenheit vorgelegte Material. Im Gegenzug entschädigt dann aber auch wieder Material wie der "Telephone Song" (eines der drei Highlights), die die beiden Albumseiten eröffnenden "Hard To Be" sowie "Long Way From Home" oder auch das geile "Hillbillies From Outerspace".
Das Album als Ganzes klingt schlichtweg sanfter, oder anders gesagt 'leichter', produzierter als der deutlich kräftiger zupackende Solostil eines Stevie Ray Vaughan. Sicherlich nicht ganz unschuldig an diesem Fakt dürfte auch der Hit-Produzent Nile Rodgers (Ex-Chic) gewesen sein, der diese ganze Geschichte durch seine Arbeit am Mischpult trotz richtig guter Musik in etwas seichtere Gewässer schiffte. Ganz sicher kein enttäuschendes Album, aber andererseits auch nicht so zufriedenstellend wie die Platten der eigentlichen Hauptbetätigungsfelder der Brüder.
"Family Style" stellt die letzten Studioaufnahmen des am 27. August 1990 bei einem Hubschrauberunfall ums Leben gekommenen Stevie Ray Vaughan dar. Die Veröffentlichung des Albums erlebte er nicht mehr.
Line-up:
Stevie Ray Vaughan (rhythm- & lead guitars, lead vocals - #A-1, B-1-3, background vocals)
Jimmy Vaughan (rhythm- & lead guitars, organ - B-4, lead vocals - #A-2,4, background vocals)
Al Berry (bass)
Larry Alberman (drums)

With:
Stan Harrison (alto & tenor saxophone - #A-1)
Steve Elson (baritone & tenor saxophone - #A-1)
Preston Hubbard (upright bass - #A-5, B-5)
Doyle Bramhall (drums - #A-5, B-5)
Richard Hilton (piano - #B-1, keyboards - B-2, organ - B-4)
Nile Rodgers (guitar - #B-4)
Rockin' Sydney (accordion - #B-5)
David Spinner (background vocals - #A-1,4)
Tawatha Agee (background vocals - #A-2, B-2,4)
Brenda White-King (background vocals - #A-2, B-2,4,5)
Curtis King Jr. (background vocals - #A-2, B-2,4)
George Sims (background vocals - #A-4)
Tracklist
Side 1:
01:Hard To Be
02:White Boots
03:D/FW
04:Good Texan
05:Hillbillies From Outerspace

Side 2:
01:Long Way From Home
02:Tick Tock
03:Telephone Song
04:Baboom/Mama Said
05:Brothers
Externe Links: