Venice / Welcome To The Rest Of Your Life
Dass die Siebziger eine unvergessene Epoche (nicht nur) in der Musikszene darstellen, ist unbestritten. Reminiszenzen werden daher auch heutzutage immer noch von diversesten Bands mit in ihre Songs eingebracht. So auch beim neuen Album von Venice.
Venice?
Ist das nicht irgendein Strand bei unseren Freunden in den USA? Das war eigentlich der erste Gedanke, der mir in den Sinn kam. Noch dünn erinnere ich mich an eine Senderreihe, in der der bajuwarische Schauspieler Wolfgang Fierek mit einer Harley durch Amerika tuckerte und diesem Ort ein paar Minütchen widmete, wobei er genüsslich einigen Strandschönheiten hinterher zwinkerte.
Der Beipackzettel der zuständigen Plattenfirma bestätigt meine Vermutungen.
Die vier Jungs mit dem musikalisch vorbelasteten Namen Lennon (sind nicht mit dem verstorbenen Beatle verwandt) sind allesamt in Los Angeles geboren, und man höre und staune, schon seit 1977 auf dem Musiksektor tätig. Seit 1980 spielten sie in der heute gültigen Formation und brachten inklusive des jetzt vorgestellten "Welcome To The Rest Of Your Life" vier Alben heraus.
Dabei wird die Band von prominenten Größen wie David Crosby, Jackson Browne oder Bruce in höchsten Tönen gelobt.
Bei unseren Nachbarn in den Niederlanden haben sich die Kalifornier mittlerweile eine überaus große Fangemeinde erspielt und die Top Ten sowie Goldstatus erreicht. In Deutschland ist der offizielle Erscheinungstermin der 5. Mai.
Kommen wir zum musikalischen Teil und meiner persönlichen Sicht:
Die CD startet unglaublich stark. Der Opener "Think Again", getragen von einem wunderschön lockeren Rhythmus und netten Gitarrenparts, erinnert an einen rockigen Mix aus Smokie und BBMak.
Zum ersten Mal so richtiges Westcoast-Feeling dann bei Song zwei; Ähnlichkeiten zu Poco oder den Eagles sind unverkennbar, gewürzt vielleicht noch mit einem Schuss Crowded House, was den Gesang betrifft.
"Sweet Aloha" könnte von Paul Simon sein und enthält wieder schöne Breaks von rhythmischen und melodischen Elementen. Überhaupt scheinen die vier einen Faible für Simon & Garfunkel-Lieder zu besitzen, Musiker, die nicht gerade Begeisterungsstürme in mir auslösen.
So arten die Stücke 6, 9, 13 und 16 oftmals in ein recht langweiliges und altbackenes Geheule, wie es die beiden Barden so gern damals praktizierten, aus. Die weibliche Leserschaft möge mir meine Äußerungen diesbezüglich verzeihen...
Anders Precious Stone, da kommen Sehnsüchte an alte Firefall-Scheiben in mir hoch, die in meinem Arbeitszimmer verstauben und mal wieder rausgesucht werden könnten. Tolles Lied!
In das Repertoire von Michael Learns To Rock könnte "I'm Not Myself" und "Blue Paint" passen. Recht nervig wird es dann beim psychedelisch angehauchten Rockstück "Most Of Us", das zudem mit schrecklichen Bläsereinsätzen daherkommt. Ja, ein Album, vollgestopft mit recht vielen Songs (hier 16), birgt meiner Meinung nach immer die Gefahr in sich, dass Licht und Schatten sich die Klinke in die Hand reichen, was auf dieser CD auch der Fall ist.
Weitere Stücke, die Spaß machen: "One Word" könnte von der Richie Furay Band stammen, "Unbreakable Heart glänzt durch netten Harmoniegesang und schöne Gitarrenslides. Gegen Ende gibt es wieder Durchhänger, besonders der Bonustrack.
Mein Fazit: Ein paar leichte, angenehme Brisen machen noch lange keinen Sommer, wahrscheinlich auch nicht am Venice Beach...
Spielzeit: 71:33, Medium: CD, 105music/Sony Music, 2003
1. Think Again 2. Not Down Anymore 3. Sweet Aloha 4. Precious Stone 5. I'm Not Myself 6. Sun Inside 7. Blue Paint 8. Most Of Us 9. Language Of The Heart 10. One Word 11. Tides 12. Unbreakable Heart 13. Father Time 14. Baby's Calling 15. Welcome To The Rest Of Your Life 16. The Family Tree (Bonus Track)
Daniel Daus, 16.4.2003