The Vibrators / On The Guest List
On The Guest List Spielzeit: 47:38
Medium: CD
Label: Cleopatra Records, 2013
Stil: Punk, Rock

Review vom 15.07.2013


René Francke
Diese Truppe treibt bereits länger ihr beschwingtes Unwesen auf Gottes weiter Erde als meiner Einer. Vor 37 Jahren, also im berühmt-berüchtigten Geburtsjahr des Punk, gründeten Gitarrist Ian Knox Carnochan, Bassist Pat Collier, Gitarrist John Ellis und Schlagzeuger Eddie Edwards The Vibrators. Über die Jahrzehnte drehte sich munter das Bandmitgliederkarussell, wobei von der ursprünglich vierköpfigen Urururformation nur Knox und Edwards bis heute übrig geblieben sind. Komplettiert wird das auf ein Trio geschrumpfte Ensemble seit 2003 von einem gewissen Pete - er nennt sich einfach nur 'Pete' und kam von der finnischen Band No Direction. Hin und wieder unterstützt zudem Nigel Bennett an der zweiten Klampfe und im Gesang. Und während der Entstehung ihres neuen Werkes saß obendrein Urbassist Pat Collier noch einmal an den Produktionsreglern, frei nach dem Motto: »Teil des Schiffs, Teil der Crew«.
Im Laufe ihrer langen Karriere tourten die zitternden Dildos unter anderem mit Iggy Pop,
Ian Hunter, den Flaming Groovies, den Misfits, den Sex Pistols und sogar den Toten Hosen. Als Punkkapelle der allerersten Stunde wird den Vibrators vielerorts angemessener Respekt gezollt, vorwiegend in Form von Coversongs durch Bands wie Exploited, UK Subs, GBH oder R.E.M.
Und trefflicher hätten die Massagestäbe ihr Studioalbum Nummer 17 wahrlich nicht betiteln können: "On The Guest List". Denn was sich auf dieser neuen Scheibe alles an hochkarätigen Künstlern aus der weltumspannenden Punkfamilie versammelt, lässt auch die pompöseste türkische Hochzeitsfeier auf einen Kindergeburtstag schrumpfen.
Neben Koryphäen wie Wayne Kramer (MC5), James Donovan und Lorne Behrman (The Dead Tricks) beteiligen sich noch andere Altmeister wie Nick Garratt (UK Subs) oder Hugh Cornwell (The Stranglers - für jene waren die Vibrators bei ihrem Live-Debüt 1976 übrigens Supportband) am Gesamtkunstwerk in fidelnder, trällernder, blasender oder anderweitig mitmischender Art. Außerdem mit von der Partie sind: Chris Spedding, Ty Segall, Brian James (The Damned), Tomomi Nabana (Detroit Seven), Ross The Boss (The Dictators), Tony Lovato (Mest), Eddie Spaghetti und Dan 'Thunder' Bolton (beide von den Supersuckers), Bill Davis (Dash Rip Rock), Leonard Graves Phillips und Stan Lee (beide von den Dickies), Mickey Finn (Cold Blue Rebels) und Walter Lure (The Heartbreakers). Sogar unser deutscher 'Volkslutschbonbon' Campino wagt sich an den Vibrators-Klassiker "Baby Baby". Und er macht seine Sache höllisch gut - wie auch der Rest der Gästeliste.
Die insgesamt mit 16 Stücken vollgestopfte Platte zelebriert einen nicht totzukriegenden und damit zeitlosen Lebensstil, wobei es sich bei drei Stücken um neu aufgenommene Vibrators-Klassiker handelt: "Automatic Lover", "Baby Baby" und "Whips And Furs". Das Faszinierende: Bei keinem einzigen Song stellt sich ein Gefühl der Überdrüssigkeit ein. Das mag wohl vor allem daran liegen, dass der Hörer nicht mit durch unnötigen Produktionssirup übergossenen Pomp-Nummern belastet wird.
Stattdessen kann man dem bunten Klangspektrum typischer Old School British Punk-Songs frönen: Erdige Punkschrammler ("Automatic Lover"), fetzige Uptempo-Partybomben ("Long Beach Police") und clashige Stilerweiterungen wie Blues Rock ("Voodoo Eye") und Country ("Rock'n'Roll Clown") reichen sich in quietschfidelen Wechseln den vibrierenden Staffelstab in die Hand. Zu schnoddrig gespuckten Schlachtrufen ("Turn Up The Heat") paaren sich gefühlsschwangere Gesangseinlagen ("Prisoner In The Mirror"); zu typisch einfach gehäkelten Drei-Akkorde-Songs ("Rain To Town") wird mit Hilfe selig-kolorierter Soli ("Birdland Is Closed") die einst abgefackelte Brücke zum Rock'n'Roll neu geschlagen - ein Fest für jeden generationsübergreifenden Punkrockerstammtisch.
The Vibrators versprühen nach 37 Jahren noch immer Unmengen an Energie, Leichtigkeit und Frevel, fast so, als wäre 1976 erst gestern gewesen. Hört man Knox' warme und geschmeidige Stimme, könnte man meinen, hier singe ein Mittdreißigjähriger und nicht jemand, der stramm auf die 70 zugeht. Durchweg leuchtet dieses Album mit seinem unverfälschten Klang. Wem ein Punkrockerherz innewohnt, dem kann ich diesen Silberling nur ans selbige legen: Sich an den Stiltraditionen zu laben und zeitgleich so erfrischend originell und jung zu klingen - das schaffen die Wenigsten dieser Zunft. Die schwingenden Dinger aus London hingegen haben alles fest im Griff.
Line-up:
Ian Knox Carnochan (lead vocals, guitar)
Pete (bass, lead vocals, backing vocals)
Eddi Edwards (drums, percussion, backing vocals)
Nigel Bennett (guitar, backing vocals - #3,8,14)
Walter Lure (guitar - #1)
Chris Spedding (guitar - #2)
Ty Segall (guitars - #3)
Brian James (guitar - #4)
Wayne Kramer (guitar - #5)
Tomomi Nabana (guitar, backing vocals - #6)
Hugh Cornwell (vocals, guitar - #7)
Campino (vocals - #8)
Ross The Boss (guitar - #9)
Tony Lovato (vocals - #10)
Eddie Spaghetti (vocals - #11)
Dan "Thunder" Bolton (guitar - #11)
Bill Davis (vocals, guitar - #12)
Nicky Garratt (guitars, bass, remix - #13)
Leonard Graves Phillips (vocals - #14)
Stan Lee (guitars - #14)
James Donovan (backing vocals - #15)
Lome Behrman (guitar - #15)
Mickey Finn (harmonica, backing vocals - #16)
Tracklist
01:View From My Cadillac
02:2nd Skin
03:Automatic Lover
04:Every Dog
05:Prisoner In The Mirror
06:Turn Up The Heat
07:Rain To Town
08:Baby Baby
09:Birdland Is Closed
10:One More
11:My Stalker
12:Rock'n'Roll Clown
13:The Ohio
14:Whips And Furs
15:Long Beach Police
16:Voodoo Eye
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