Billy Walton Band / 14.11.2013, Quasimodo, Berlin
Quasimodo
Billy Walton Band
Quasimodo Berlin
14. November 2013
Konzertbericht
Stil: Blues Rock


Artikel vom 22.11.2013


Mike Kempf
Billy Walton Band Wenn ein Walton zu einem Berlin-Besuch anreist, muss es sich nicht unbedingt um eine Person der Kultserie "Die Waltons" handeln, deren Schauspieler vermutlich allesamt längst den Friedensnobelpreis auf Lebenszeit erhalten haben. Nein, in diesem Fall handelt es sich um den New Jersey-Gitarrenhelden Billy Walton, der als Begleitmusiker den Tieftonexperten William Paris, den Drummer Johnny D'Angelo und die beiden Bläser Ian Gray und Sean Marks mitbringt, um heute Abend Berlins Blues- und Jazztempel, das Quasimodo, zu rocken.
Billy Walton Band Gegen 21:00 Uhr nimmt mein Kollege Holger an vorderster Front und direkt neben mir seinen Platz ein, um mit frisch geputzten Linsen optimale Fotoimpressionen einzufangen, damit diese meinem Bericht den nötigen Pep verleihen. Wie aus dem Nichts stellt sich uns eine Person vor »Hey Guys, I am William Paris and you Mike Kempf?« - »Yes, William!«. In der folgenden halben Stunde weiß er uns vieles zu berichten, z. B. dass er Oli Brown während seiner US-Tour am Bass begleitete oder dass er mit der Billy Walton Band gemeinsam mit Deutschlands Blues Rocker Freischlader in England auftraten. Durch unsere nette Unterhaltung vergeht die Zeit recht schnell und ehe wir uns versehen, steht das Quintett komplett auf der Bühne, um mit "Deal With The Devil" den Gig zu eröffnen.
Während Posaunist Gray und der Saxofonist Marks so jung wirken, als ob sie bei Walton eben ein Musikpraktikum absolvieren würden, auch der Schlagzeuger D'Angelo nicht gerade Billy Walton Band im gesetzten Alter scheint, wirkt Bassist Paris sehr erfahren und strahlt durch sein routiniertes Saitengezupfe die Ruhe aus, um den Jungspunden den nötigen Rückhalt zu bieten und sie somit sicher durch die Setlist zu geleiten. Während das junge Bläsergespann Song für Song seine Anfangsnervosität ablegt, wird schnell klar, wer Chef im Ring ist - Billy Walton! Nun gut, das ist nicht groß verwunderlich, ist er doch nicht nur der Bandchef und Hauptsänger der Combo, sondern es ist vor allem noch sein außergewöhnlich starkes Geklampfe, das ihn ohne große Vorkenntnisse als klare Nummer eins erkennen lässt. Oh ja, Billy braucht sich vor keinem namhaften Gitarrenhelden zu verstecken. Mal soft, mal rasant, sich als genialer Fingerakrobat oder als wahrer Plectrum-Jongleur präsentierend, Mister Walton beherrscht einfach alle Finessen des Gitarrenspiels! Und Plectrum-Jongleur deshalb, weil er das winzige Dreieck einige Male hinter seinem Rücken nach oben über seinen Kopf schmeißt, es jedes Mal unfallfrei auffängt und dabei jeweils ohne erkennbare Unterbrechungen weiterspielt. So eine Showeinlage ist mir bisher noch von keinem Edelgitarristen geboten worden - Klasse, Billy!
Billy Walton Band Nach dem ersten Teil der Setlist gibt es kleines Päuschen, damit sich die Fans um die Regulierung ihres Wasser- oder besser gesagt Bierhaushalts kümmern können. Moment mal, wer steht denn da am Tresen?
Eric Sardinas, der Billy Walton und Co. hautnah erleben will und morgen vor einem ausverkauften Haus spielen wird. Das bleibt der Billy Walton Band heute leider versagt. Warum eigentlich? Die Band bietet international hochwertigen Rock und hätte ebenfalls eine volle Hütte verdient!
Waren die ersten dargebotenen Songs schon sehr ansprechend, hoffe ich, dass die Band noch eine Schippe drauflegen wird. Doch bevor es weiter geht, begrüßt uns Billy per lockerem Smalltalk und ich habe gleich eine Bitte an ihn parat: »Please, play for me your Telecaster!«. Damit hat er nicht gerechnet, will schon mit seiner Strat die zweite Runde einleiten, als er kurzerhand doch noch einen Gitarrenwechsel vollzieht und zu mir meint: »Okay, for you!«. Es bleibt bei der Ausnahme, denn ansonsten zelebriert er seine Songs nur auf seine Stratocaster.
Billy Walton Band Die an diesem Abend gewählte Songauswahl zieht sich durch all seine bisher vier veröffentlichten Alben, u. a. werden die Lieder "Cannonball", "Hot Blues", "One In A Million", "Bring It All Together" und "Radio" vorgetragen. Zwischendurch gibt's hin und wieder ein Medley auf die Lauscher, das Billy mit schönem Gesang und tollem Geklampfe prima in Szene setzt. Auffällig, wie er dabei - mittig platziert - als perfekter Dirigent sein junges Bläserteam per Augenkontakt an seine Einsätze erinnert.
Dass diese anhand ihrer Jugend noch recht schüchtern wirken, ist bei "Night Turn Blues" zu erkennen, als sich Posaunist Ian Gray im letzten Winkel der Bühne zu verstecken versucht, vom Bandboss trotzdem entdeckt wird und von dessen eindeutiger Gestik aufgefordert wird, sich mit Sean Marks auf den Weg ins Clubinnere zu machen. Zwar scheint Ian Blei an seinen Füßen zu haben, doch letztlich honorieren die Fans ihren kurzen Ausflug mit anerkennendem Applaus.
Billy Walton Band Der zweite Teil ist, so wie ich es mir erhofft hatte, stärker als der erste. Billy Walton ist nun gar nicht mehr zu halten und präsentiert zahlreiche Soli der absoluten Spitzenklasse! Auch die Rhythmiker geben alles, wirken nur ab und zu nicht so eingespielt, nicht so routiniert, wie eine jahrzehntelang eingespielte Band. Ich empfinde es trotzdem positiv, denn wer will schon einen sterilen Gig erleben? Einen großen Teil zum Gelingen des Abends fügt Drummer Johnny D'Angelo bei, der zwar auf ein spektakuläres Solo verzichtet, dafür aber mit raffinierten Tricks seine Sticks wie den Rotor eines Hubschraubers durch seine Finger gleiten lässt und dabei trotzdem fehlerfrei den Takt vorgibt.
Billy Walton Band Bis auf die bereits festgestellte Tatsache, dass die Band viel mehr Fans verdient gehabt hätte, war es ein spitzenmäßiges Konzert. Ich hoffe für 2014 auf ein weiteres Live-Erlebnis mit der US-Kapelle. Vielleicht kann dann der Zeitplan so gestrickt werden, dass wir Billy Walton noch zu einem Interview bitten können, denn Holger und mir fallen während des Gigs reichlich Fragen ein. Als der letzte Ton der Band im Club verschallt, gibt es umgehend die Gelegenheit für ein paar Erinnerungsfotos und den Erwerb aller vier Tonträger für den absoluten Knallerpreis von 20 €! Somit wandern noch zwei signierte Viererpacks in unsere Taschen und vollenden einen gelungenen Konzertabend.
RockTimes bedankt sich beim Quasimodo-Team für den, wie immer, reibungslosen Ablauf!
Line-up:
Billy Walton (vocals, guitar)
William Paris (bass, vocals)
Johnny D'Angelo (drums, vocals)
Ian Gray (posaune)
Sean Marks (saxophone)
Externer Link: