Carloyn Wonderland / Miss Understood
Miss Understood Spielzeit: 44:40
Medium: CD
Label: Ruf Records, 2008
Stil: Blues Rock

Review vom 27.09.2008


Joachim 'Joe' Brookes
Carolyn Wonderlands siebtes Album ist wirklich ein Wunderland.
Mit den zwölf Songs bekommt sie einen musikalischen Spagat hin, von dem so mancher Herr der Gilde der Blueser nur Träumen kann.
Wer schafft es schon, einen eigenen Song, der auf den Namen "I Don't Want To Fall For You" hört und besten Bar Room-Jazz repräsentiert mit Johnny Winters Markenzeichen "Still Alive And Well" unter einen Hut zu bekommen. Die Wonderland macht das und zudem noch locker aus dem Ärmel gezaubert.
In Houston aufgewachsen, lebt die Amerikanerin inzwischen in Austin und nehmen wir die beiden oben genannten Stücke mal als Eckpfeiler ihrer Musik, befinden sich dazwischen noch Country, traditoneller Blues und seine Ausläufer der rockigen Art. Von weiteren Spielrichtungen mal ganz abgesehen, hat die Frau auch noch eine tolle Stimme, die sie ebenfalls Genre-übergreifend einsetzen kann.
Nichts von den knapp 46 Minuten wirkt aufgesetzt, gekünstelt oder sonst was... Einfach glaubwürdig, aus ihrem Herzen direkt in den Player gespielt!
Die Tatsache, dass sich die Fremdkompositionen wie mit geschickten Fingern zurecht gesägte Puzzleteile ins Ganze einfügen, spricht darüber hinaus für ihre interpretatorischen Qualitäten.
Dessen nicht genug, singt sie in Jerry Lightfoots Band den Blues und in ihrem Organigramm findet man sie auch als Gründungsmitglied der Saints And Sinners sowie der Frauen-Southern Rock-Band Sis DeVille.
Auf der wohltätigen Seite ihres Lebens ist sie beim Gospel-Brunch als Musikerin der Imperial Golden Crown Harmonizers aktiv.
Eine Affinität zur Country-Band Asleep At The Wheel ist auch nicht von der Hand zu weisen, denn auf ihrem Album mischen auch Ray Benson und Cindy Cashwood mit.
Die Wonderland bringt nicht nur alle möglichen Saiten-Instrumente zum Klingen, nein in einem Track ("Walk On") bläst sie doch glatt noch die Trompete.
Blues-rockig geht die CD mit "Misunderstood" und Wonderland an der Lap Steel-Gitarre gleich gut ins Ohr. Klasse Groove, tolle Musiker, ein Auftakt nach Maß...
Angereichert mit Saxofon (John Mills) und Percussion (Dave Sanger) bekommt die zweite Nummer noch mehr Drive und Lloyd Maines greift ihr Gitarren-technisch unter die Arme. Satt und fett wabern die Membranen der Lautsprecher.
Tempo raus genommen wird in "Bad Girl Blues"... und man wechselt mal so eben die Stilrichtung: Country ist angesagt. Maines bedient das gesamte Gitarren-Equipment und die Protagonistin kann sich mit Haut und Haaren ihrem Gesang widmen. Wie geschrieben, ihren Namen kann man als Synonym für globale Musik hernehmen.
An "Walk On" kann man sich satt hören. Dank Glenn Fukunagas Tieftöner und Dave Sangers Bass-Drum... gibt es Fußwippe bis zum Anschlag. Ein Höllen-Groove und den Rest besorgt Guy Forsyth mit seiner Blues-Harp. Zum Ende entwickelt die Nummer selber noch Party-Stimmung. Vor den Boxen ist diese schon in vollem Gange und dann kommt bereits erwähntes "Still Alive And Well". Messerscharfe Gitarren-Töne mit straightem Rhythmus gepaart, die Mischung haut rein. Wenn die Wonderland ihren Gefühlen freien Lauf lässt, bekommt ihre Stimme einen gewissen Reibeisen-Zusatz, der sie nur noch sympathischer macht.
Das dreiminütige "Long Way To Go" würde unseren geschätzten Kollegen Daniel Daus über jedwedes fettige Mahl hinweg helfen. Da kann er getrost das digestive Getränk aus seinem Wohnort vergessen...
Nach der coolen Jazz-Abteilung setzt die Multi-Instrumentalistin abermals auf einen Cover-Song. J.J. Cales "Trouble In The City" ist dran. Ehre, wem Ehre gebührt. Hier passt schon wieder alles zusammen. Cole El-Saleh hat sein Keyboard auf Piano gestellt und mit Wonderlands E-Gitarre bilden die Beiden ein hörenswertes Team. Der Chorus ist das Sahnehäubchen.
An den Songs der Folkerin Terri Hendrix scheint die Amerikanerin besonderen Gefallen zu finden, denn nach "I Found The Lions" ist es jetzt "Throw My Love", der für Stau in den Gehörgängen sorgt. Allerdings keineswegs nur folkig, sondern ebenso rockend.
Nach dem Chicago-ambitionierten Eigengewächs "I Live Alone With Someone" wird nochmals das Country-Feeling zitiert: "The Farmer Song". Dieser Cole El-Saleh ist einfach klasse und Cindy Cashdollars Dorbo-Sound ebenfalls.
Den Abschluss bildet ein Blues-getränktes Stück der anderen Art, denn das Tosca String Quartet greift ein. Klassik-12-Takter zum wohlverdienten Ende eines Album, das beim Rezensenten Spuren der Freude hinterlassen hat.
Carolyn Wonderland war vor "Miss Understood" für den Schreiber eine Blues-Gleichung mit einer Unbekannten. Durch 8 von 10 RockTimes-Uhren hat sich dieser Zustand deftig geändert.
Line-up:
Carolyn Underwood (vocals, lap steel guitar, electric guitar, acoustic guitar, mandolin, trumpet, piano)
Llyod Maines (acoustic guitar, electric guitars, baritone guitar, 12-string guitar, steel guitar)
Ray Benson (acoustic guitar, baritone guitars, electric guitar, tambourine )
Sam Seifert (electric guitar)
Cindy Cashdollar (dobro)
Glenn Fukunaga (bass)
Jon Blondell (bass)
Jamie Oldaker (drums)
Dave Sanger (drums, percussion, tambourine)
Barry Smith (drums)
Cole El-Saleh (keyboards)
Guy Forsyth (harmonica - #4)
Jason Roberts (fiddle - #6)
John Mills (saxophone - #4, 6
) Leigh Mahoney (violin)
Tracy Seeger (violin)
Ames Asbell (viola)
Sara Nelson (cello)
Wes Hightower (backing vocals)
Shelley King (backing vocals)
Tim Curry (backing vocals)
Tracklist
01:Misunderstood (3:29)
02:I Found The Lions (3:48)
03:Bad Girl Blues (4:28)
04:Walk On (3:58)
05:Still Alive And Well (3:01)
06:Long Way To Go (2:59)
07:I Don't Want To Fall For You (3:49)
08:Trouble In The City (3:34)
09:Throw My Love (3:19)
10:I Live Alone With Someone (3:38)
11:The Farmer Song (4:00)
12:Feed Me To The Lions (4:31)
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