Daniel Wirtz / Erdling
Erdling Spielzeit: 60:40
Medium: CD
Label: Wirtzmusik , 2009
Stil: Deutschrock

Review vom 18.10.2009


Sabine Feickert
"Erdling", so betitelt Daniel Wirtz sein neues Album und zeigt uns auf dem Cover auch gleich, wie er sich den embryonalen 'Erdling' vorstellt: tätowiert, mit Ohrring und Cap.
Es handelt sich um seinen zweiten Longplayer - dieser Begriff darf mit einer Spielzeit von einer Stunde bei 15 Songs auch gern wörtlich genommen werden.
Wirtz wird im Vertriebs-Katalog von Tonpool neben ganz großen, umsatzträchtigen, deutschsprachigen Musikern wie Nena, Böhse Onkelz, Söhne Mannheims und Xavier Naidoo gelistet. Doch das ist kein Grund, die Kommerz-Alarmglocken schrillen zu lassen. Wirtz veröffentlicht selbst, auf eigenem Wirtzmusik-Label und behält so die Kontrolle darüber, was auf den Silberling gelangt.
Seine große Stärke sind wohl die Liveauftritte. Bei drei Tourneen und Auftritten bei Rock am Ring und Rock im Park ist es ihm gelungen, sich einen Fankreis zu erobern, zu dem er über eine konsequente Online-Arbeit freundschaftliche Kontakte pflegt.
Die letzten Zweifel werden ausgeräumt, wenn sich die Scheibe erstmal im Player dreht. Auch wenn gleich der erste Song "Im freien Fall" durchaus über Ohrwurmqualitäten verfügt, bewegt er sich doch weit weg von rein kommerziellen Durchschnittsnummern. Nach einem melodischen Intro mit einer leicht rauen Stimme scheppern die Gitarren los und es wird erdig und dreckig.
Sind die ersten Lieder noch geprägt von ordentlich Tempo mit Schlagzeug und schnarrenden Gitarren, wird zur Albummitte hin auch den ruhigeren Tönen Raum gegeben. "Lass mich los" und "Meilenweit" kommen schwermütig und melancholisch daher, ohne dabei aber in schnulzige Sphären abzudriften.
Die Texte sind rotzig und sozialkritisch, Daniel nimmt kein Blatt vor den Mund und in amerikanischen Medien wäre durchaus der ein oder andere Zensurpiep zu hören. Ein Spannungsbogen wird über dem ganzen Album ausgebreitet, nach den eher langsameren Nummern, wird in "L.M.A.A." wieder Zunder gegeben und schnell und anklagend, fast schon gehetzt, über das Elend der Welt gesungen. "Kugel Kopf & Eins im Sinn" bringt mit hin und her wechselnden Passagen zwischen Gesang und Gitarre ein neues Element ins Spiel.
Mit "Overkill" kommen zum Ende des Silberlings dann schon fast versöhnliche Töne ins Spiel, allerdings nur von der musikalischen Seite her, denn textlich verarbeitet Wirtz hier das Zitat von Max Liebermann, »Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte«, und bringt jede Menge Beispiele, die dessen Anwendung durchaus rechtfertigen.
Insgesamt wirkt das Album stimmig und doch abwechslungsreich, es klingt wie - hm, schwierig, am ehesten noch ein bisschen in Richtung Selig. Wirtz lässt Weltschmerz auf sein Album, ohne jedoch in den jammerigen Tonfall zu verfallen. Es klingt authentisch und zeigt ein breites Gefühlsspektrum auf.
Tracklist
01:Im freien Fall
02:Geschichten ohne Sieger
03:Anderer Stern
04:Der Feind in meinem Kopf
05:Meinen Namen
06:Lass mich los
07:Meilenweit
08:Scherben
09:Frei
10:L.M.A.A.
11:Kugel Kopf & Eins im Sinn
12:Siehst du mich
13:Nada Brahma
14:Leb' wohl [Bonus]
15:Overkill [Bonus]
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