Johnny & Edgar Winter, Rick Derringer
11.05.2007, Filharmonie, Filderstadt
Filharmonie Johnny & Edgar Winter, Rick Derringer
Filharmonie Filderstadt
11. Mai 2007
Konzertbericht
Stil: Blues Rock


Artikel vom 26.05.2007


Jürgen B. Volkmar
Der große weise Mann des weißen Blues
Zu einem Kraftakt der musikalischen Art, haben sich die Winter Brothers, Johnny und Edgar, beide zwischenzeitlich lebende Legenden, bei ihrer aktuellen Tournee aufgerafft.
Mit dabei, Rick Derringer, Gitarren-Ass und Wegbegleiter von Johnny Winter über lange Jahre hinweg. Es ist seit 35 Jahren das erste Mal, dass die glorreichen Drei in dieser Kombination auftreten.
Rick Derringer Den Auftakt macht Rick Derringer mit Band, der bereits 1965 mit den McCoys den Megahit "Hang on Sloopy" geschrieben hatte. Zwischenzeitlich hat er eine ganze Serie von reinrassigen Hard Rock- und Blues Rock-Alben veröffentlicht, die sich alle durch erstklassiges Songwriting und virtuose Gitarrenarbeit auszeichnen. Derringer, der 'All American Boy', Titel seines ersten Solowerks, setzt diesmal auf scharfkantigen Rock mit dezenten Blues-Vibes. Mit dem Fellbearbeiter Tom Curiale und Bassist Charlie Torres im Gepäck, zündet der Gitarrist und Entertainer mit seiner Version von "Pride And Joy", gleichzeitig Tribut an Stevie Ray Vaughan, ein Feuerwerk von Gitarrenläufen, die den Ausnahmestatus dieses Musikers Ton für Ton bestätigen. Den Gitarrenhals streichelnd, werden den Saiten Licks entlockt, dass die Zuhörer in der randvollen Filharmonie in donnernden Applaus ausbrechen lässt.
Mit einer markanten Stimme, die nichts von ihrer Ausstrahlung verloren hat, werden Klassiker wie "Still Alive And Well" brachial auf der Sechssaitigen mit Presslufthammer-Riffs verziert. Die Finger flitzen über die Saiten, dass man meint, sie könnten brechen. Derringer unterbricht sein Spiel nur durch kurzweilige Ansagen und zeigt sich auch hier in Bestform. Mit Groove und Melodie folgt ein Instrumental und zeigt mit überlegener Technik, was eine Gitarreninstitution an Krachern zu bieten hat. Tremolo-Artistik und Soli am Siedepunkt. Ein Wellenritt in die Vergangenheit bringt "Hang On Sloopy", das in einer überlangen Version auf das Grundgerüst zerlegt wird, spanisches Feeling im Mittelteil bringt und dann lässig und virtuos ständig am Grundthema variiert wird.
Gitarrenkunst auf höchstem Niveau, das von den Anwesenden frenetisch abgefeiert wird. Mit "Rock And Roll Hoochie Koo", nochmals ein Hit aus seiner Feder, der von seinem damaligen Weggefährten, Johnny Winter, in einen Klassiker verwandelt wurde.
Edgar Winter Nach kurzer Umbaupause eröffnet Edgar, der zwei Jahre jüngere Bruder von Johnny Winter, den zweiten Teil dieses sensationellen Musikpakets. Am Keyboard genau so zuhause wie am Saxofon, zeigt der Weißhaarige im schwarzen Lack-Sakko bei "Let Your Love Light Shine" beeindruckende Instrumentalparts. Hin und her pendelnd zwischen Rock, Blues und Funk, wird der Synthesizer an die Grenze der Belastbarkeit gesteuert. Der Welthit "Frankenstein" von 1973 wie auch "Free Ride" wird in einer Symbiose aus Synthie-Einlagen und Saxofon-Einsätzen durch eine musikalische Spektralanalyse gejagt. Ständig in Bewegung - die weiße Mähne fliegt - bietet der Multiinstrumentalist beeindruckende Kostproben seines musikalischen Könnens.
Zu einem Wettstreit der musikalischen Art zwischen ihm und dem Gitarristen kommt es bei "Tobacco Road". Der Vokalakrobat setzt Scat-Techniken ein, wechselt zwischen Bass und Falsett und treibt dadurch seine beiden Mitspieler zu Temposoli an ihren Saiteninstrumenten an.
Nach einem dampfenden Intro seiner Band kommt dann der wahre Star des Abends, langsam auf die Bühne. Johnny Winter, die lebende Legende, ist deutlich gealtert. Durch Alkohol-, Drogen- und Tablettenexzesse sichtlich geschwächt, nimmt der 63-Jährige auf einem Stuhl Platz. Mit seiner kopflosen Erlewine-Lazer beweist er allerdings sofort, dass man auch fast blind Gitarrenkunst in Vollendung zelebrieren kann. Der Freddie King-Klassiker "Hideaway" kommt wie aus einem Guss. Die Riffs und Licks sprudeln wie aus einem musikalischen Springbrunnen. Die Stimme klingt im Vergleich zu früheren Jahren eher brüchig und hat an Volumen eingebüßt.
Edgar Winter Das Gesicht unter dem schwarzen Western-Hut bleibt starr und die Mimik eingefroren. Man sieht, dass das Spielen Kraft kostet, jedes Solo zieht noch mehr Energie aus dem ausgemergelten Körper. Bei "Boogie Real Low", "Tobacco Road", "Black Jack" und "Hoochie Coochie Man" spielt Winter ein Gitarrenduell mit sich selbst. Dazu kommen teilweise mit krächzender Stimme die Gesangseinlagen, die allerdings dem Blues noch mehr Authentizität verleihen. Gitarrenartistik blitzt ab und zu auf, Blues-kontaminiert kommen die Töne, präzis und eben doch einzigartig, wie sie nur dieser große, alte Mann des weißen Blues, zustande bringt.
Der Applaus regnet, durchdrungen von Ehrfurcht und Sentimentalität, auf die Legende herab. Gegen Ende der Show wendet sich Johnny Winter mit deutlicher Anstrengung dem Bühnenrand zu, wo sein Bruder und Rick Derringer gemeinsam bei "Muddy Water's Blues" und "It's All Over Now" zur Höchstform auflaufen. Knackig und frisch spielen sich Gitarre und Saxofon die Soli zu. Johnny Winter slidet, dass es eine wahre Freude ist und sogar Andeutungen eines Lächelns machen sich, in dem sonst so maskenhaft starren Gesicht, breit.
Trotz der unübersehbaren körperlichen Defizite wurde eine einzigartige musikalische Leistung dreier Ausnahmemusiker serviert, die wahrscheinlich in dieser Kombination nie wieder zu sehen sein werden.
Rick Derringer

Rick Derringer     Rick Derringer     Rick Derringer
Edgar Winter

Edgar Winter     Edgar Winter     Edgar Winter
Johnny Winter

Johnny Winter     Johnny Winter     Johnny Winter
Johnny Winter     Johnny Winter     Johnny Winter
Johnny & Edgar Winter

Johnny und Edgar Winter     Johnny und Edgar Winter     Johnny und Edgar Winter
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