Ich gebe meinem Kollegen Joachim in allen Punkten recht und insbesondere in seinem Resümee: »Wer meint, im Singer/Songwriter-Genre gäbe es nichts Neues mehr zu hören, sollte sich dieser Scheibe widmen. Das Album ist in allen Belangen eine Offenbarung und zeitlos obendrein«.
Warum dann dieses 'Zweitreview'? Weil ich die Songkollektion als pressfrische LP vorliegen habe und das ist aus dem Hause Stockfisch allemal eine Sache für sich! Gut, inhaltlich kann ich dann nicht viel Neues beitragen, aber meine eigenen Empfindungen zu Katja (die Maria ist nur ein PR-taktisches Einsprengsel) Werkers Werk beleuchten vielleicht noch ein paar andere Aspekte der Produktion.
Zunächst zum Tonträger: Auch hier reicht eigentlich ein Verweis auf frühere Besprechungen, die unisono den hohen Qualitätsanspruch des Labels, was Aufnahme und Wiedergabe betrifft, bestätigen. Die 180 g-Platte rotiert mit beeindruckender Laufruhe auf dem Teller und vermittelt gerade für diese Art der Musik ein bisschen mehr an Feeling (zumindest für jemand wie mich, der damit durchaus einen romantischen Touch der eigenen Jugend verbindet). Dazu trägt auch das griffige Klappcover bei, dessen ästhetisches Künstlerfoto (von Co-Produzentin Ines Breuer) in dieser Größe erst richtig zur Geltung kommt. Und Texte, Liner Notes sowie stimmungsvolle Bilder machen das Ganze zum Liebhabergenuss.
Katja Werker, Jahrgang 1970, stammt aus Essen und das hört man. Nicht durch den Dialekt, sondern durch die Art zu singen, die auch für einen ihrer Wegbereiter, Stefan Stoppok, so typisch ist. Den finden wir als Co-Autor von "Im Beton", das Frau Werker mit ähnlich spröder Pott-Poesie vorträgt. Doch ihre Gefühlswelten sind weit und tief , mit ihrer außergewöhnlichen, heiseren Stimme ist sie in der Lage, jegliche Emotionen ungekünstelt zum Hörer zu transportieren, variierend zwischen lolitahafter Laszivität und brüchiger Sensibilität. Sie erweist sich auch als stilsichere Interpretin anspruchsvoller Cover-Titel, deren Auswahl einen feinen Geschmack zeigt.
Selbst einem so abgenudelten Song wie "Über sieben Brücken musst du gehn" verleiht sie ein neues, fast jungfräuliches Leben. Auch "Here Comes The Flood" ist in ihrer entkernten Version sehr hörenswert, wobei allerdings die 'mystischen' Backing Vocals Geschmackssache sind. Wohl Günter Paulers … Dem Kollegen Joe hat's gefallen, mir nicht. Einen ganz anderen Charakter verleiht sie "Vom selben Stern", aus dem Pop-Hit wird ein federleichtes Liebeslied in modernem Stil. Dagegen bleibt sie bei Mikis Theodorakis' "Zusammenleben" im folkloristischen Idiom und setzt mit ihrer speziellen Intonation einen reizvollen Gegensatz zu Maria Farantouris volltönendem 'Original'.
Bei den eigenen Songs beweist sie auf ihrem mittlerweile fünften Album eine reife Feder und gekonnte Umsetzung. Da gibt es keine Peinlichkeiten bei den Lyrics, keine aufgesetzte Melancholie oder Euphorie, auch wenn es um Liebesdinge geht. Beim Stockfisch-Team ist sie in den richtigen Händen, das passt. Mein 'Fav' ist übrigens der Titelsong - wenn's jemand interessiert. Und außerdem erinnert mich diese Katja Werker an eine andere Künstlerin, die mir sehr ans Herz gewachsen ist: Sara K.
Katja Werker ist derzeit wieder auf Tour, ab Ende März mit Album-Partner Ian Melrose, ein Grund mehr, in unserem Tourkalender nach einem Auftritt in der Nähe zu suchen!
Line-up:
Katja Maria Werker (vocals, guitar)
Ian Melrose (guitar)
Peter Funk (Dobro)
Beo Brockhausen (saxophone, hulusi, hang, udu)
Martin Großkurth (Hammond B3)
Lutz Möller (Fender Rhodes, mellotron)
Lucille Chaubard (violoncello)
Alessandro Gulino (bass)
Hans-Jörg Maucksch (bass)
Lea Morris (backing vocals)
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Side A:
01:Tief im Innern
02:Aus dem Beton
03:Crossfire
04:Mitten Im Sturm
05:Vom selben Stern
06:Here Comes The Flood
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Side B:
01:Echo
02:Die Zeit mit dir (100%)
03:Zusammenleben
04:Über sieben Brücken musst du gehn
05:Dreh den Spieß um
06:Worauf wartest Du
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Externe Links:
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