Leslie West / Still Climbing
Still Climbing Spielzeit: 41:47
Medium: CD
Label: Provogue, 2013
Stil: Blues Rock


Review vom 19.10.2013


Joachim 'Joe' Brookes
Der Mountain-Mann ist der Edmund Hillary des Blues Rock. Mit "Still Climbing" befindet sich Leslie West definitiv schon lange nicht mehr in einem Basislager. Er strebt immer weiter nach oben, an die Spitze des auf dem Cover abgebildeten Berges, dort wo die Sonne gerade unter- oder aufgeht und die Rakete mag andeuten, wohin sein Weg noch führen könnte. Dieses Album ist Leslie Wests Standortbestimmung im Jahr 2013 und wenn man sein Logo auf dem Flugkörper hernimmt, fehlt da nur ein Strich, um es zu einem Peacezeichen werden zu lassen.
"Still Climbing" ist kraftvoll, sensibel und in besonderem Maß intensiv. Bei den auf vorliegender Platte servierten positiven Vibrationen bröselt der Kalk aus dem Wasserkocher. Hammer, wie gut Leslie West bei Stimme ist. Ganz gleich, ob er uns mit seinen Eigenkompositionen die Freizeit versüßt, oder sich Coversongs vorknöpft, man bekommt hier ohne Dellen in der Hörfreude die Vollbedienung in Sachen Hard-/Blues Rock. Die Power-Ballade "When A Man Loves A Woman" aus der Feder von Percy Sledge wird in den Händen des Protagonisten sowie Gast Jonny Lang in keiner Weise zu einer Peinlichkeit. Im Gegenteil, wird man eine derartig rockende Version selten zu Ohren bekommen haben.
Apropos Gäste ... da gibt es so einige, die "Still Climbing" durch ihre durchweg brillanten Taten ausschmücken. "Feeling Good", eine Nummer des englischen Schauspielers und Singer/Songwriters Anthony Newley, die zum Beispiel auch von Michael Bublé, John Coltrane über Sheryl Crow bis hin zu Traffic gecovert wurde, hat zusammen mit Dee Snider (Twisted Sister) die Wirkung einer belebenden Vitaminspritze. Der Songtitel mag als Synonym gleichzeitig auch Ausdruck der inneren Zufriedenheit eines Leslie West sein.
Wir sind immer noch bei den Gästen. Gleich im die Balken verformenden Opener "Dyin' Since The Day I Was Born" präsentiert uns der Protagonist Mark Tremonti (Alter Bridge, Creed) und der macht neben Leslie Wests heftig rotierender Gitarre eine sehr gute Figur. Gegensätze ziehen sich an, denn der Beginn von "Busted, Disgusted Or Dead" ist so schmeichelhaft wie eine Mikrofaserdecke. Ganz im Grundtenor des Albums hobelt dann Johnny Winter mit seinem Bottleneck Eisenspäne. Hammer! So ist auch der Groove des Stückes. Knapp dreieinhalb Minuten Blues Rock-Glückseligkeit. Wurde schon erwähnt, dass Leslie West mit seiner Stimme ein weiteres ganz heißes Eisen im Köcher hat?
In "Don't Ever Let Me Go" ist Dylan Rose (Archer, James Durbin), ein junger kalifornischer Gitarrist gemeinsam mit Leslie West am Gitarren-Drücker. Die Sechssaiter vermitteln, bei aller wohltemperierten Härte, eine Ohrwurmmelodie, die glatt zum Mitsummen animiert und dieser Dylan Rose ist ein echter Rock'n'Roller vor dem Herrn.
Feinste Kost auch in "Not Over You At All". Bei diesem Himmelsstürmer übernimmt Arnold Heck, der Saxofonist von The Uptown Horns, die Hauptrolle, zumindest, was ein Solo angeht. Dabei hätte der Holzblasinstrumentalist durchaus noch begleitend aktiv sein können, aber eine solche Forderung ist eher als Randbemerkung zu werten. Eine fast schon klassisch klingende akustische Gitarre leitet "Tales Of Woe" ein. Dieses Stück ist wieder einmal ein Beleg dafür, wie grandios Balladen im Hard Rock sind. Vom Arrangement her braucht diese Nummer keine imposante Instrumentalbegleitung. Lediglich eine weitere E-Gitarre sorgt neben Leslie Wests Gesang für vorzügliche Stimmung.
Wenn auch verdammt kurz (1:32 Minuten), ist der Rausschmeißer eines der vielen Highlights des Albums. "Rev Jones Time (Somewhere Over The Rainbow)" ist Entspannung pur. Wunderschön wird der Klassiker vom Bassisten Rev Jones intoniert und zählt aus meiner Sicht zu den Lieblingen auf der Scheibe. Mit "Still Climbing" hat Leslie West ein herausragendes Album veröffentlicht und zeigt in allen Belangen, wie man Hard- und Blues Rock erfolgreich präsentieren muss. Diese CD gehört definitiv in die Sammlung. Man wird nicht enttäuscht werden. Anspieltipps erübrigen sich, denn es wäre den nicht genannten Tracks gegenüber unfair.
Line-up:
Leslie West
Mark Tremonti
Johnny Winter
Dee Snider
Jonny Lang
Dylan Rose
Arnold Heck
Rev Jones
Tracklist
01:Dyin' Since The Day I Was Born (4:17)
02:Busted, Disgusted Or Dead (3:23)
03:Fade Into You (4:08)
04:Not Over You At All (4:28)
05:Tales Of Woe (3:16)
06:Feeling Good (4:12)
07:Hatfield Or McCoy (3:49)
08:When A Man Loves A Woman (5:10)
09:Long Red (3:41)
10:Don't Even Let Me Go (3:52)
11:Rev Jones Time [Somewhere Over The Rainbow] (1:32)
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