The Tony Williams Lifetime / Emergency
Emergency Spielzeit: 70:24
Medium: CD
Label: Universal, 1997 (Polydor 1969)
Stil: Jazz Rock


Review vom 16.03.2009


Wolfgang Giese
Wer hat denn nun die erste Jazz Rock-Scheibe veröffentlicht???

Noch immer gibt es unterschiedliche Auffassungen. Vor allem wird mitunter über die These, ob es nun "Bitches Brew" oder "In A Silent Way", beide von Miles Davis, war, diskutiert.
Nicht außer acht lassen sollte man die hier von mir vorgestellte Produktion des ehemaligen Davis-Schlagzeugers, die zwischen beiden oben genannten Platten, nämlich im Mai 1969, erschien.
Der unverkennbare Drive, den Williams bereits bei den ganzen Davis-Produktionen vorgestellt hatte, blieb erhalten. Nur das rockende Element hatte sich hier stärker in den Vordergrund geschoben, stärker als bei allen anderen Jazz Rock-Produktionen der Folgezeit.
Insofern betrachte ich dieses Album, auch aus der Sichtweise des Rock, als einen sehr wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur weiteren Entwicklung der Fusion zweier Musikstile. Ich wage sogar zu behaupten, dass Davis bei der Entstehung von "Bitches Brew" Eindrücke mitgenommen und verarbeitet hat.
Die Musik - das sind hier in erster Linie wahre 'Klanglandschaften', das hat Jam-Charakter und findet insofern Anlehnung an das, was damals auch im Rock Schule machte, vor allem in Kalifornien, eben die langen Jam-Sessions.
Neben Tony Williams tragen maßgeblich John McLaughlin an der Gitarre und Larry Young an der Orgel zu diesen Klangteppichen bei. McLaughlin, noch relativ unbekannt, sein Mahavishnu Orchestra stand noch vor der Tür, und Young, der auf dem Blue Note-Label bislang die Tradition der Hammondorgel Jimmy Smith'scher Prägung in neue Dimensionen geführt hatte, schufen wahre Kaskaden von Stimmungen - von Williams stets als Zeremonienmeister zusammengehalten. Laut, rau, ungestüm, mit 'Lo-Fi'-Elementen, zerrend, wechselhaft, unruhig… so schienen hier neue Welten erforscht zu werden.
McLaughlin und Young liefern sich regelrechte Schlachten, schaffen sich Freiräume, treiben sich an, Williams rumpelt, swingt, rockt, wechselt das Tempo… ein wahrer Klangmoloch, der sich heiß und zäh fließend wie Lava den Weg in die Ohren der Zuhörer bahnt. Was man sich hätte sparen können, sind die gelegentlichen 'Gesangs'-Einlagen von Williams, die sehr schwach sind - man hat sich mittlerweile allerdings daran gewöhnt...
Um die damalige Zeit hatte auch Jimi Hendrix mit Larry Young gejammt - zusammen mit Buddy Miles. Ich hätte mir auf dieser Platte den guten Jimi auch vorstellen können. Es kam manchmal eine ähnliche Atmosphäre herüber…, aber wer weiß, vielleicht gibt es ja noch Aufnahmen… ?
Damals eine Riesensensation, als die Aufnahmen auf zwei einzelnen LPs veröffentlicht wurden. Heute haben sie Platz auf einer CD.
Line-up:
John McLaughlin (guitar)
Larry Young (organ)
Tony Williams (drums, vocals)
Tracklist
01:Emergency (Williams) 9:35
02:Beyon Games (Williams) 8:17
03:Where (McLaughlin) 12:10
04:Vashkar (Bley) 4:59
05:Via The Spectrum Road (McLaughln/Williams) 7:49
06:Spectrum (McLaughlin) 8:50
07:Sangria For Three (Williams) 13:07
08:Something Special (Herman) 5:37
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