White Lion / Live At Bang Your Head 2005
Live At Bang Your Head 2005 Spielzeit: 90:00
Medium: DVD
Technik:
Region Code: ALL
Tonformat: Stereo
Sprache: Englisch (ohne Untertitel)
Freigegeben ohne Altersbeschränkung
Label: Frontiers Records, 2008
Stil: Hard Rock

Review vom 02.12.2008


Moritz Alves
Alle Jahre wieder naht bekanntlich Weihnachten, und deshalb hat man auch beim italienischen Label Frontiers Records die Köpfe zusammengesteckt, um entsprechende Produkte für die heiligen Kommerzwochen bereitzustellen. Lange rauchen mussten die Köpfe der Verantwortlichen im Falle White Lion sicherlich nicht, denn man wird sich ziemlich schnell an einen drei Jahre alten Konzertmitschnitt erinnert haben, der noch in irgendwelchen Archiven vor sich hin gammelte.
So sagt der Titel dieser DVD auch klipp und klar, womit wir es hier zu tun haben: Mitgeschnitten wurde auf dem 2005er Bang Your Head!!!-Open Air im württembergischen Balingen. (Dass man den Namen des deutschen Festivals eigentlich mit drei Ausrufezeichen schreibt, weiß man in Italien offenbar nicht...) Dabei handelte es sich um die zehnte Auflage des Metal-Festivals und White Lion traten - damals übrigens noch unter dem Namen Tramp's White Lion - als 'Surprise Guest' auf. Da dieser Gig mittlerweile aber schon drei Lenze auf dem Buckel hat und mit Return Of The Pride in diesem Jahr zudem ein neues White Lion-Studioalbum erschienen ist, hat man sich wohl dafür entschieden, diese DVD werbewirksam unter dem Banner des 'Weißen Löwen' in die Regale zu stellen.
'Surprise-Guest'-Position hin oder her, das half Mike Tramp und seiner runderneuerten Begleitmannschaft offenbar nicht, einen der hinteren Plätze im Billing zu ergattern. Was allerdings auch nicht sehr verwunderlich ist, baute der gebürtige Däne die Band damals doch gerade wieder neu auf. So müssen die fünf Musiker jedenfalls bei Tageslicht rocken, was den damaligen Status der Band sehr deutlich zeigt. In diesem Zusammenhang mutet es schon fast selbstironisch an, wenn Tramp vor "Little Fighter" fragt, ob da »any little fighters out tonight« wären. An anderer Stelle schleimt er sich dann beim deutschen Publikum ein, dass es schon fast weh tut: »It is about the best crowd I have ever seen on a rock show [...]« Autsch, das kann jemand, der in der Vergangenheit Stadien gefüllt hat, doch kaum ernst meinen, oder?! Gerade bei den verhaltenen Publikumsreaktionen, die seine Band in Balingen bekommen hat, erscheint mir diese Phrase so hohl wie die Bassdrum von Schlagwerker Troy Patrick Farrell. Denn auch, wenn White Lion langsam wieder im Kommen sind: Die alten, überaus erfolgreichen Arenarock-Tage sind zweifellos vorbei.
Schaut man sich die Performance an, dann muss man der Band jedoch einen grundsoliden Auftritt bescheinigen. Natürlich wird besonders Ur-Saitenhexer Vito Bratta vom eingefleischten Fan sofort schmerzlich vermisst, aber man muss seinem Nachfolger Jamie Law, wie auch dem Rest der Band, durchaus großes Talent zusprechen. Sie erledigt ihren Job auf alle Fälle sehr professionell und mit dem nötigen Eifer. So lässt der Gitarrist es sich beispielsweise nicht nehmen, nach "Broken Heart" ein kurzes Solo zu zocken - sehr schön!
Dass Mike Tramp älter geworden und seine Stimme mit ihm gereift ist, fällt dann als nächstes auf. Er singt immer noch ziemlich gut, erreicht aber längst nicht mehr die Tonhöhen von vor 20 Jahren. Daher wurden alle Songs entsprechen runteroktaviert. Auf diesem tieferen Level liefert der blonde Frontmann dann aber einen sehr amtlichen Job ab.
Was die Songauswahl anbetrifft, so muss man hier ob der begrenzten Spielzeit (schließlich handelt es sich um einen Festivalauftritt) leider auf ein paar Hits verzichten. Außerdem hat Mike Tramp, so sagt er später im Bonus-Interview, die Setlist auf ein Metal-Publikum zugeschnitten, weshalb einige Schmusemomente wegfallen mussten. Man darf sich somit auf eine knackige Rockshow gefasst machen, gespickt mit einer Handvoll sanfterer Momente.
Nach dem lächerlich anmutenden Volksmusik-Intro (es tönt die erste Strophe des "Kufsteiner Liedes" aus den Boxen) steigen White Lion mit dem überlangen "Lights And Thunder" fett in ihren Set ein, verabschieden sich zehn Stücke später dann schließlich mit dem Golden Earring-Cover "Radar Love", einer ebenfalls ziemlich langen Nummer. Dazwischen gibt es Material von den ersten vier Studioalben, darunter übrigens auch zwei Nummern vom Debüt "Fight To Survive" (1984), die alle Nase lang von kleinen Interview-Einspielungen unterbrochen werden.
Das hätte man prinzipiell besser machen können, findet sich das dazugehörige Interview doch eigentlich schon beim Bonus-Material. Mir persönlich hätte es jedenfalls mehr zugesagt, die Show ohne Unterbrechungen am Stück zu genießen und das eigentliche Interview, das um die Schnipsel, die zwischen den einzelnen Songs eingespielt werden, gekürzt wurde, ebenfalls in seiner Gesamtheit zu sehen. Somit ist der Zusatz "Complete Bang Your Head" Interview" beim Bonus-Material nicht ganz richtig.
Aber noch mal zurück zur Songauswahl: Wirklich schade ist, dass der größte 'Löwen'-Hit, "When The Children Cry", auf diesem Mitschnitt nicht zu sehen ist. Denn auch wenn es sich um einen Auftritt beim Bang Your Head!!! handelt, so kann man als Fan doch eigentlich erwarten, dass ein Song von diesem Status gespielt wird. Während der Credits bekommt man ihn dann endlich zu hören, wohl aber in einer Live-Version, die nicht aus Balingen stammt...
Denn neben dem ausführlichen, hochinteressanten Interview (keine Untertitel, dafür aber gut verständlich) finden sich beim Bonus-Material noch einige Songs von der 2006er USA-Tour, darunter die Songs "Hungry" und "It's Over" als 'Easter Eggs'. Was ich damit sagen will? Es ist im DVD-Zeitalter eigentlich ein Unding, nur zehn Stücke zu veröffentlichen, auch wenn die Band auf dem Festival nicht länger spielen konnte! Material von diversen USA-Shows ist ja offensichtlich reichlich vorhanden, so dass man das Bonus-Material noch entsprechend hätte aufwerten können! Denn selbst die dort zu findende Slideshow ist mit einer Live-Version von "Lady Of The Valley" unterlegt.
Unterm Strich erhält der Fan also nicht mehr als eine solide DVD, bei der er immer das Weihnachtsgeschäft im Hinterkopf haben sollte. Denn 'value for money' bekommt man hier nicht wirklich geboten. Der Festival-Mitschnitt, das Herzstück dieser Veröffentlichung, ist mit zehn Songs schon knapp bemessen, was aber angesichts der damaligen Umstände (keine Headliner-Position) nicht zu ändern ist. Diesem Manko hätte man mit ausgewähltem Bonus-Material entgegensteuern müssen. Da man dies, mit Ausnahme des Interviews, höchstens halbherzig getan hat, kann ich an dieser Stelle leider keine uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen...
Anmerkungen: Mittlerweile zupft EJ Curse die vier Saiten bei White Lion. Zum damaligen Zeitpunkt zeichnete Claus Langeskov aber noch für die tiefen Frequenzen verantwortlich, weshalb er auch nachstehend im Line-up aufgeführt ist.
Und wer wissen will, wie man an die 'Easter Eggs' herankommt, dem gebe ich folgenden Tipp: Einfach ins Menü des Bonus-Materials gehen und einen Moment warten, dann spielen die beiden Songs von selbst ab - habe ich auch nur durch Zufall herausgefunden.
Line-up:
Mike Tramp (vocals)
Claus Langeskov (bass)
Jamie Law (guitar)
Troy Patrick Farrell (drums)
Henning Wanner (keyboards)
Tracklist
01:Lights And Thunder
02:Hungry
03:Lonely Nights
04:Broken Heart
05:Fight To Survive
06:Little Fighter
07:Living On The Edge
08:Tell Me
09:Wait
10:Radar Love

Bonus Features:
"Lights And Thunder" (Filmed across USA Tour 2006)
Interview Xtra's (Complete "Bang Your Head" Interview)
Slide Show
Easter Eggs: "Hungry", "It's Over" (Live on USA Tour 2006)
Externe Links: