White Willow / Signal To Noise
Signal To Noise Spielzeit: 51:32
Medium: CD
Label: The Laser's Edge, 2006
Stil: Progressive

Review vom 29.09.2006


János Wolfart
Progressive, Goth Rock, Dream Pop - Diese Stichworte fallen, wenn es um die musikalische Einordnung von White Willows aktueller Scheibe geht. Da mir die letzten beiden Kategorien nichts und Progressive wenig sagen, kann ich mit einer jungfräulichen Unschuld an die CD herangehen. Inwieweit "Signal To Noise" sich von den Vorgängern unterscheidet, kann ich auch nicht einschätzen. Vielleicht schafft Unwissen auch einen Vorteil, nämlich den der vorurteilsfreien Herangehensweise. Ob so etwas überhaupt möglich ist?
Wie auch immer, die Musik der Combo ist klasse. Langeweile kommt nie auf, denn verträumte, ätherirsche Passagen wechseln sich mit intensiven, rockigen Parts ab, ohne den Hörer allzu sehr auf die Probe zu stellen. Diese Band versteht es auf meisterhafte Weise, den Kompositionen Raum und Zeit zum Atmen zu geben. Wenn ich einen Vergleich aus der Filmgeschichte ziehen darf: Sergio Leone fällt einem ein, besonders "Spiel mir das Lied vom Tod". Aber die Akteure kommen hier nicht aus dem Wilden Westen, sondern aus dem kühlen Norden, nämlich Norwegen. Machen aber ganz heiße Musik!
White Willow-Mastermind Jacob Holm-Lupo kann nicht nur großartige Songs, sondern auch einprägsame Gitarrenmelodien komponieren. Man höre sich nur die Twin-Gitarren auf den Tracks zwei und drei an! Ansonsten klingt sein Spiel klassisch angehaucht, mal beinahe bluesig, wenn er eine seiner Gibson-Gitarren einsetzt. Hin und wieder geht es, was die Rhythmusgitarren angeht, in beinahe metallische Bereiche. Wenn er die Rickenbacker herausholt, wird es folkig ("The Dark Road"). Trude Eidtang klingt mit ihrer hohen Stimme zuweilen wie die weibliche Ausgabe von Jon Anderson. Hoffentlich habe ich bei denen, die annahmen, dass Yes eine Sängerin in ihren Reihen hätten, keine Illusionen zerstört.
Zerstört wird der progressive Gesamteindruck durch das poppige "Joyride", denn ansonsten dominieren eher komplexe Song-Strukturen und Klangteppiche. Oder vielleicht möchte man ganz einfach vermeiden, bald das Abschiedslied "Radio Killed The Progressive Star" schreiben zu müssen? Besonders Lars Fredrik Frĝislie beeindruckt durch die Vielfalt an Instrumenten, die er einsetzt: Hammond-Orgel, Moog, Mellotron, Streichensemble, Piano und noch andere Keyboards. Der Mann ist ein Genie und wirkt gleichzeitig auch voll in den Bandsound integriert!
Der einzige, der stellenweise den guten Gesamteindruck stört, ist Drummer Aage Moltke Schou. Er geht bei den ruhigen Passagen zu heftig zur Sache (nein, ich meine nicht das Glockenspiel), was dem allgegenwärtigen Wohlklang schadet. Aber das sollte auch der einzige Kritikpunkt an einer gelungenen Veröffentlichung sein. Absolute Anspieltipps sind "Splinters", "The Lingering" und die Instrumentals "Ghosts" und "Chrome Dawn". Die Prog-Fans werden sowieso zugreifen. Das Signal steht eindeutig auf grün!
Line-up:
Trude Eidtang (vocals)
Lars Fredrik Frĝislie (keyboards, electronics)
Jacob Holm-Lupo (guitars)
Ketil Vestrum Einarsen (woodwinds)
Marthe Berger Walthinsen (bass guitar)
Aage Moltke Schou (drums, percussion)
Tracklist
01:Night Surf (4:12)
02:Splinters (8:36)
03:Ghosts (5:48)
04:Joyride (4:18)
05:The Lingering (9:25)
06:The Dark Road (4:17)
07:Chrome Dawn (7:12)
08:Dusk City (6:05)
09:Ararat (1:35)
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