Wiener Blut / A g'sunde Watsch'n
Watschn Spielzeit: 52:04
Medium: CD
Label: Bandeigen, 2009
Stil: Deutschrock

Review vom 08.07.2010



Sabine Feickert
Bandeigene Produktionen, das sind Alben, die uns bei RockTimes ganz besonders am Herzen liegen. Aus Österreich erreichte uns "A g'sunde Watsch'n", das zweite Album des Trios Wiener Blut.
Musikalisch ordnen sie sich selbst ein, als Mischung aus Hardrock, Heavy Metal und Punk. Sprachlich halten sie sich überwiegend an den Wiener Dialekt, der für deutsche Ohren nicht immer ganz verständlich ist. Doch spätestens mit den Texten, die fast vollständig im gut gemachten Booklet zu finden sind, ist es möglich, dem Werk der Wiener auch inhaltlich zu folgen.
Sie beginnen ihr Album mit einer Selbstvorstellung, auf der sie sich als 'böse Buben' des Wiener Untergrund präsentieren und »A g'sunde Watsch'n ins Gesicht der Nation« verteilen. Nachdem das so geklärt wäre, widmen sie sich gleich dem nächsten wichtigen Thema - die "Rockerbraut", ein etwas anderes und sehr direktes Liebeslied. Womit dann nach dem Rock'n'Roll und dem Sex gleich das dritte Hauptmotiv an der Reihe wäre - die Drugs. Ganz zeitgemäß beginnt die Nummer, die dieses Thema abhandelt mit dem Windows-Startsignal und behandelt - nicht ganz genretypisch, aber doch mutig - die Computerspielsucht in dem drastisch benannten Titel "Computerdeppat". Alle drei Songs kommen ziemlich hardrockig rüber, mit der Minimalbesetzung mit singendem Bassisten, Gitarre und Schlagzeug werden relativ einfach gestrickte, gradlinige Lieder gespielt. "S'Foto" zeigt dann, dass die harten Jungs sich auch auf sanftere Töne verstehen, mit einer Ballade, in der über eine vergangene Liebe sinniert wird. Doch diese melancholische Stimmung hält nicht lange an, "Schleich Di" bringt einen rotzig-wütenden Rundumschlag gegen Rechte und Anarchisten mit dem Vorschlag, sie mögen doch gehen, wenn es ihnen nicht passt. Nun hat diese Idee zwar durchaus einen gewissen Charme, ob es allerdings die Lösung sein kann und soll, jeden, dem was nicht passt, zum Zug zu begleiten, überlasse ich der Fantasie des geneigten Lesers.
Das "Opfer der G'söllschaft", das im nächsten Titel besungen wird, ist eine 14jährige, die vom betrunkenen Vater missbraucht wurde und nun auf dem Kinderstrich ihre Drogenabhängigkeit finanziert. Im Refrain weist Sänger Ingo Rahn darauf hin, dass jeder ein Bestandteil der Gesellschaft ist und somit einen Teil der Mitverantwortung trägt. Indem er solche Situationen thematisiert, beweist die Band, dass sie sozialkritische Themen durchaus etwas differenzierter betrachten kann.
"Süsse Träume" sind keineswegs das, was der Titel assoziiert, sondern das glatte Gegenteil: Alpträume, Ängste und Grauen halten hier Einzug. Und spätestens bei dieser Nummer macht sich mir dann doch bemerkbar, dass die drei Männer aus Wien noch einiges an Arbeit vor sich haben. Potential ist auf jeden Fall vorhanden, doch an Gesang, Komposition und technischer Ausführung kann noch kräftig gefeilt werden.
Diese Mühe würde sich jedoch auf jeden Fall lohnen, denn gute, originelle Ansätze sind auch bei den weiteren Nummern erkennbar, wie beispielsweise der "Kasperlmania", die den Castingwahnsinn auf die Schippe nimmt.
Insgesamt ist es ein Album, das eine Vorahnung von dem gibt, was in dieser Band steckt, auch wenn sie jetzt vielleicht noch nicht alle ihre Möglichkeiten ausspielen. Doch wer auf harten, direkten Rock mit interessanten Texten steht, sollte hier auf jeden Fall mal reinlauschen.
Line-up:
Ingo Rahn (Bass und Gesang)
David Haas (Gitarre und Backvocals)
Thomas Burgstaller (Schlagzeug und Backvocals)
Tracklist
01:A g'sunde Watsch'n
02:Rockerbraut
03:Computerdeppat
04:s`Foto
05:Schleich Di
06:Opfer der G`söllschoft
07:Süsse Träume
08:An so an Tog
09:Kasperlmania
10:Des Glück is a Vogerl
11:Des schlechte G'wissn
12:Endstation
Externe Links: