Wisdom / Judas
Judas Spielzeit: 40:12
Medium: CD
Label: Nail / Hammer Records, 2011
Stil: Power Metal

Review vom 05.12.2011


Jochen v. Arnim
OK, nur bedingt und ganz dunkel kam der Name Wisdom langsam aus den Untiefen meines Erinnerungsvermögens an die Oberfläche geschwebt. So richtig viele Alben können die noch nicht am Start haben, dachte ich so bei mir und legte erstmal die aktuelle "Judas" in den Player, bevor ich mich mit der beigefügten Kopie eines Promo-Zettels befassen wollte. Aber hallo, da kann doch irgendwas nicht stimmen. Die klingen so überraschend reif und perfekt, als wären sie nicht erst bei Album Nummer Zwo, sondern seit Jahren ganz dick im Geschäft. Hymne auf Hymne schießen die fünf Jungs aus Budapest aus den Speakern und es macht richtig Spaß, ihnen dabei zuzuhören, sofern man den Eingangskanal für diesen melodischen, hymnenhaften Power Metal getunt hat.
Seit 2001 sind sie im Namen der Weisheit unterwegs, die sie mit Hilfe ihrer Texte beim Publikum an den Mann oder die Frau bringen wollen. Leider gibt es bei der Promo-Edition keine ausgedruckten Lyrics und zwischen all den Chorälen den richtigen und kompletten Text rauszuhören, ist nicht immer ganz einfach - die episch anmutende Darbietung hätte es wirklich verdient. Kommen wir aber noch einmal zurück zur Band-Historie, die in der Tat herzlich wenig an Veröffentlichungen zu bieten hat. Neben dem bereits ansatzweise angesprochenen Studio-Debüt von 2006, das auf den passenden Namen "Words Of Wisdom" hört, gab es wohl ein paar Demos und EPs sowie einige Video-Clips und ein Live-Album. Speziell in ihrer Heimat haben sie sich einen gewissen Namen erspielt und durften dort schon für Iron Maiden, Helloween, Saxon, Doro, U.D.O., die grandiosen Heaven And Hell oder in Bukarest für Judas Priest und Primal Fear eröffnen. Trotzdem war es in den vergangenen Jahren recht ruhig, besonders auf dem internationalen Parkett und 2008 trennte man sich vom damaligen Sänger, nur um lange nach einem passenden Ersatz zu suchen. Damit war zur Jahreswende Schluss und das Ergebnis der neuen Formation liegt mit "Judas" vor.
Bereits mit dem ersten Track, "Fallin' Away From Grace", wird der Weg geebnet für weitere neun Songs auf gerade mal 40 Minuten, die allesamt durch ein großes Maß an kompositorischer Fertigkeit ausgezeichnet sind, höchst melodiöses Liedgut zu erschaffen. Auffallend choral ist das Arrangement, ohne jedoch allzu, benutzen wir mal den viel strapazierten Begriff bombastisch zu klingen. Da haben wir ein feines Riff, das von des Drummers schneller Trommel nach vorne gepeitscht wird, ohne ein reines Rennen draus zu machen. Zwischendurch gibt es eine kleine sechsaitige Soloeinlage, bevor Nagy seine helle Stimme wieder zum Einsatz bringt. Schön sind die (gefühlten) Tempowechsel zwischen den instrumentalen Parts und den gesanglich untermalten. Stück zwei geht etwas reduziert ans Werk und klingt mit dem eröffnenden Riff fast wie alter Hardrock; wir werden aber schnell wieder eines Besseren belehrt. Das langsamere Tempo mutet an, als flösse "Somewhere Alone" zäh wie Lava daher. "Age Of Lies" an dritter Stelle klingt ein wenig wie eine schnellere Fortsetzung des Vorgängers, haut mit seinem Sound gut und hart rein.
Bei "Live Forever More" wird es dann noch ein paar Stufen schneller und wir bekommen gute und flinke Einlagen auf den Gitarren geboten. Gesang und Chor sind an Intensität etwas zurückgenommen und über allem wacht der Schlagwerker. Ganz clever ist auch die kurze akustische Einlage gegen Ende. Bei der eingängigen Hookline von "Wander The World" kann man sich bildhaft Tausende in die Luft gestreckter Arme mit der Dio'schen 'Pommesgabel' vorstellen. Danach geht es dann bei "Heaven And Hell" fast schon bedächtig zur Sache, das Tempo um etliche Stufen rausgenommen. Passagen mit ausschließlichem Solo-Gesang wechseln mit dem vollen Programm aller Musiker und choralen Refrains. Der Text kommt tiefgründig daher, ganz so, wie sich die Ungarn ihre Message vorstellen. Kontrastprogramm mit "Silent Hill", das der Platte erneut Fahrt gibt. Hierbei muss ich doch ganz stark an Power Quest denken, die ähnlich verspielte Arrangements mit dem Wechsel zwischen mehrstimmigem Gesang und schneller Gitarrenfrickelei in ihrem Repertoire haben.
Für den Rausschmeißer und Titelsong "Judas" haben sich die Jungs den nicht ganz unbekannten Schweden Mats Levén ans Mikro geholt, wo er dem Judas die Stimme leiht. Levén hat schon die schwedische Metal-Szene rauf und runter stimmlich unterstützt, bei Therion, Krux, Malmsteen oder At Vance (mit-)gesungen. Schön arrangiert mit Wechselgesang und für ein letztes Mal flinken Fingern.
Ich komme auf meine eingangs erwähnte Verwunderung ob des nur bedingt vorhandenen Bekanntheitsgrades zurück und kann diese Scheibe im Grunde durchaus empfehlen. Das macht schon wirklich richtig Laune, hier zuzuhören, wobei ich trotz der Anspieltipps von Song Nr. 1 und 10, und das sei auch nur eine ganz kleine Einschränkung, den ganz großen Kracher ein wenig vermisse. Gleichwohl ist das absolut keine Combo, die ich live an mir vorüberziehen lassen werde und ich kann nur auf ein drittes Album hoffen, das dann vielleicht auch DEN Song dabei haben wird.
Line-up:
Gábor Nagy (vocals)
Gábor Kovács (guitars)
Zsolt Galambos (guitars)
Mátá Molnár (bass)
Balázs Ágota (drums)
Mats Levén (vocals on #10)
Tracklist
01:Fallin' Away From Grace
02:Somewhere Alone
03:Age Of Lies
04:Live Forevermore
05:Wander The World
06:Heaven And Hell
07:Silent Hill
08:At The Gates
09:The Prodigal Son
10:Judas
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