Wishbone Ash / Argus
Argus
"Argus" ist im Rahmen der "Anniversary"-Remaster-Reissues erschienen, genau 30 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung. Dass es sich hier wohl um ein Werk der 70er handelt macht schon ein kurzer Blick auf die Spielzeiten der Songs klar. Als dritte Platte von Wishbone Ash setzte sie konsequent das Konzept der "Twin Guitars" fort, das in ähnlicher Weise schon die Vorgänger auszeichnete.
Diese Mischung aus mittelalterlichen Themen (durch das Cover perfekt repäsentiert) und Prog-Rock (ohne Keyboards!) war sicher die beste Platte des Quartetts. Die Band wurde von MCA als britische Antwort auf die Allman Brothers beschrieben. Ob dies zu weit hergeholt war, mag ich an dieser Stelle nicht beurteilen, sicher aber gab es zumindest eine stilistische Parallele beider Bands, nämlich die bezüglich langer Gitarren-Jams.
Sehr schön die akustische Einleitung zu "Time Was" mit tollem Harmoniegesang, das dann im zweiten Teil heftig losrockt und an die Who denken lässt (allerdings ohne einen Maniac wie Keith Moon an der Schiessbude).
Spielten doch "Ash" zu jener Zeit öfter im Vorprogramm der Who, das kam dann wohl nicht von ungefähr. Auch das eher verträumte, mit schönen Gitarren garnierte "Sometime World" gefällt (wieder).
Aber besonders das regelrecht vorwärtstreibende "Blowin Free" mit seiner tollen Slide-Einlage sowie die zusammenhängenden Hammerteile "Warrior" und "Throw Down The Sword" begründeten den Ruhm dieser Band, die bis heute auf eine loyale Fangemeinde blicken kann.
Im Erscheinungsjahr 1972 wurde diese Platte noch vor Deep Purple (mit "Machine Head") und Jethro Tull (mit "Thick as a Brick") von den Lesern der damaligen Kultmagazine "Sounds" und "Melody Maker" zum besten Album des Jahres gewählt und das Wiederhören macht durchaus Freude. Klar ist das ein alter Zopf, aber neue Zöpfe sind deswegen ja nicht automatisch besser. Den Test der Zeit hat diese Platte sicher bestanden.
Als besonderen Leckerbissen gibt's als Bonus drei Live-Tracks, die 1972 in den WMC-Radiostudios in Memphis, Tennessee aufgenommen wurden.
Gerade live konnten Wishbone Ash ihrer Reputation als Twin Guitar Feuerwerk gerecht werden. Diese Bonustracks überzeugen auf ganzer Linie. Das 17-minütige "Phoenix" zeigt mal so richtig die ganze Klasse dieser ursprünglichen Formation von Wishbone Ash auf.
Wie es sich für ein solches Projekt gehört ist die klangliche Umsetzung des Remixes (durch Martin Turner) und anschliessendem Remaster absolut gelungen, sehr druckvoll und trotzdem durchhörbar der Bassbereich, fein aufgelöste Höhen, die einem jetzt nach 30 Jahren ganz neue Details vorführen.
Eine Wiederveröffentlichung, die Freunde dieser Art Musik bestimmt beim Händler gegen Geld tauschen werden (und sollten).
Spielzeit: 77:05, Medium: CD, MCA Decca, 1972 (2002)
1:Time Was (9:43) 2:Sometime World (6:52) 3:Blowin' Free (5:19) 4:The King Will Come (7:05) 5:Leaf And Stream (4:07) 6:Warrior (5:52) 7:Throw Down The Sword (5:55) 8:Jail Bait (Live Bonus) (4:57) 9:The Pilgrim (Live Bonus) (10:11) 10:Phoenix (Live Bonus) (17:06)
Manni Hüther, 16.05.2002