Wurster / Raw
Raw Spielzeit: 40:13
Medium: CD
Label: Black Janet Music, 2014
Stil: Americana


Review vom 06.07.2014


Wolfgang Giese
Wurster - das ist Jim Wurster. Dafür, dass er eigentlich hierzulande gar nicht so bekannt ist, kann er bereits auf insgesamt - inklusive diesem - dreizehn Studioalben zurückblicken. Fünf Coverversionen 'verwurstet' der Künstler neben fünf eigenen Songs auf seiner neuen Platte.
"Yippee-ay-hey, yippee-ay-ho" - diese Textzeile vermute ich beim Auftaktsong hinter jeder Ecke, denn genau diese Atmosphäre versprüht dieser sparsam mit akustischer Gitarre instrumentierte Titel, bis dann plötzlich, wie aus dem Nichts, eine total verzerrte Gitarre auftaucht und bis zum Schluss die Stimmung im Griff hat. Diese spartanische Atmosphäre bleibt eigentlich durchgehend, gepaart mit diesem Fuzz-Sound der Gitarre. Gesanglich zittert sich Wurster in eindringlicher Art durch die Platte und klingt mal ein wenig nach Lou Reed, dann auch wieder so ein bisschen nach Calvin Russell und anderen in dieser rauen Spielart angesiedelten Musiker.
Die Musik geht also in die Richtung Americana, Unterabteilung Independent mit Ausrichtung hin zum Sound der Texas Outlaws. Total interessant ist insofern diese Mischung und es klingt wirklich sehr eigenständig, was der aus Florida stammende Musiker bietet. Trocken wie die Wüsten des Westens der USA, mit cooler Laszivität à la J.J. Cale und in gewisser Weise auch ein wenig skurril, wenn er mit dem Einsatz eines pfeifend-zischenden Wah Wah-Pedals die Geschichte von der bösen Freundin erzählt, die ihn niederschießt - einigen vielleicht durch die Version aus der Frühzeit von Cher bekannt: "Bang Bang". Geschossen wird wieder auf "Ojus", hier schießt Wurster selbst scharf: »Gonna shoot that dirty scum down«, dazu klingt es hier fast wie bei Bob Dylan. Doch zuvor gibt es noch mit dem vierten Song die Geschichte vom Vampir: »I' m a vampire, baby, just wanna suck your blood« sowie eine sehr starke Coverversion von "Riders On The Storm" von The Doors! Hier erinnert mich der Wah Wah-Einsatz unvermittelt an den Sound von Tony Joe White und Wurster wimmert und jammert den Text schon fast.
Insgesamt gesehen gibt es noch Assoziationen zu einigen Songs vonLeonard Cohen und Nick Cave - allesamt Einflüsse, die hier zu einem neuen Ganzen werden. "Raw" - der Albumtitel passt wie die Faust aufs Auge, so rau und schroff schreitet die Musik vor sich hin, aber auch derart intensiv, dass es packend ist - je mehr man hört, desto höher steigt der Suchtfaktor! Diese eindringlich und aufdringlich gespielte Akustikgitarre - die dann gelegentlich durch einen Flanger und Phaser gejagt wird, dann wieder durch satte Verzerrung aufschreit, alles Effekte von Arion (phaser, flanger, distortion), wie es im Booklet angegeben ist - hämmert sich förmlich ins Hirn.
Wie Wurster ausführt, beabsichtigte er einen ganz direkten Sound, der Liveatmosphäre widerspiegelt - also auf gut deutsch 'stripped down'. Nur einmal gesellt sich eine Band dazu: Auf "Dade County Jail" reitet der Wilde Westen durch den Song und Omine Eager vermengt sich gesanglich auf total schräge Weise mit dem Protagonisten - herrlich geht das ab. Zum Schluss gibt es dann ein Medley. Das "Sunshine Medley" verbindet gute und schlechte Aussichten, das düstere "Ain't No Sunshine" mit dem positiv ausgerichteten "You Are My Sunshine". Dieser ist aber, entgegen der offiziellen Trackliste, der Hidden Track, die Nummer elf also! Hier spielt Wurster dann wirklich ganz allein und akustisch mit seiner Gitarre, aber der Song klingt nicht so freudestrahlend, eher melancholisch und ganz abrupt bricht er ab und beendet diese ungewöhnliche Platte.
Was mir bleibt, ist festzustellen, dass hier Musik abseits aller Pfade entstanden ist. Musik, die für alle jene geeignet ist, die Neuland entdecken möchten. Man sollte es versuchen und sich einlassen, aber wichtig: mehrmals hören!
Line-up:
Jim Wurster (vocals, guitar, Porchboard bass)
Vinnie Fontana (bass)
Daphna Rose (vocals)
Omine Eager (vocals, 12-string guitar - #9)
Mike Vullo (drums - #9)
Chris DeAngelis (standup bass - #9)
Tracklist
01:Southern Pacific [Neil Young] (4:24)
02:A Little Bit Of Room [Jim Wurster] (3:02)
03:Bang Bang [Sonny Bono] (3:23)
04:Loping Vampire Blues [Jim Wurster] (3:41)
05:Riders On The Storm [Jim Morrison, John Densmore, Robby Krieger, Ray Manzarek] (3:48)
06:Big Surprise [Jim Wurster] (4:32)
07:Ojus [Jim Wurster] (3:13)
08:She Was [Jim Wurster] (3:31)
09:Dade County Jail [Fred Neil] (3:51)
10:Sunshine Medley [Jimmie Davis, Bill Withers] (3:40)
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