Dweezil Zappa / Return Of The Son Of…
Return Of The Son Of… Spielzeit: 66:31 (CD 1), 67:07 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: earMusic/Edel, 2010
Stil: Fusion

Review vom 20.07.2010


Ingolf Schmock
Als musikalischer Nachlassverwalter eines multivalenten Gesamtkunstwerkes und wegbereitenden Musik-Patriarchen bewegt man sich ausweglos auf sehr dünnen Drahtseilen, oder behütet bzw. poliert dessen glänzenden Gral für nachfolgende Erforscher einer revolutionierten Musikepoche.
Das immense Erbe des leider zu früh von uns gegangenen Vincent Frank Zappa, dessen kompositorische Schlichtereien zwischen allen musikalischen Stilen und Spielwiesen der Moderne unangefochten den obersten Sockel aller musizierenden Synergetiker für sich vereinnahmen vermögen, werden nur leider hin und wieder zum Spielball kommerzieller Ausschlachtungen degradiert oder gar durch gewinnsüchtige Witwen in Misskredit getaucht.
Entgegen solchen Affronts pflegen die wahren Huldiger des 'zappaesken' Werkes das Kulturgut dieses neodadaistischen Großmeisters und lassen wie eine hartgesottene Gemeinde im ehemalig eingemauerten Osten alljährlich das Oeuvre ihres Lieblingsmusikers unter freiem Himmel wieder auferstehen.
Bei der Verteilung der Gene hat der Übervater mit dem charakteristischen Kinnbärtchen jedenfalls Gerechtigkeit walten lassen, wobei der Ältere das handwerklich brisanteste 'Päckchen' mitbekommen haben dürfte, und als einstiger metallischer Flitzfinger das bisher fehlerfreieste Gitarren-Notenspiel väterlicher Vorlagen im Sinne jedes Zappatisten als konzertante Reanimation auf die Welt-Bühnen zu wuchten vermochte.
Neben seinen drei Geschwistern besticht der mittlerweile 41-jährige Stammhalter Dweezil, eigentlich Ian Donald Calvin Euclid, mit seinem musischen Geist und der instrumentalen Standhaftigkeit, die ihn seit einigen Jahren, wenn auch mit einer gewissen unpassenden Schüchternheit, im übermächtigen Schatten des einst ausgewiesenen Bürgerschrecks bestehen lässt.
So ist dessen seit einigen Jahren andauernde 'Tour de Frank' eine äußerst agile und juristisch abgesicherte Beweihräucherung des Zappa'schen Universums, worin sich Sohnemann nebst virtuoser Gesellschaft und ehemaligen Weggefährten des schrägen Laboristen, wie Gastsänger Ray White, völlig linientreu beweisen, und zur Freude einiger lustiger Stubenhocker, welche gern aufregende Musik konsumieren, durchexerzieren dürfen. Burleske bzw. immergrüne Gesellschaftskritik, transponierende Gitarrenausflüge sowie polyphone Experimentierflächen, diese vom Meister definierte »elektrische Volkskunst auf Drüsenebene« begeistert nach wie vor eine nicht unerhebliche Anhängerschaft und lässt mittlerweile ihre verblüffende Kraft auch auf eine nachgewachsene Klientel einwirken.
Mag diesen ein daumendicker Schuss Nostalgie die Sinne benebeln, ist hier im Gegensatz zum Original ein gezähmter Papiertiger am mucken und transportiert ohne Netz und doppelten Boden, aber leider auch ohne visionäre Duftmarke, und streng vorgetrampelten Pfaden folgend, eine genialistisch unbekümmerte Retrospektive. Scheinbar gänzlich zum musikalischen Plastinator verdammt, tastet sich der Sohnemann, herrlich müde und mit feierlichem Ernst unter Ausnutzung zeitgemäßer Techniken, durch den kauzigen Mikrokosmos des unangepassten Homo Musikus, stets bemüht, das bürdevolle Erbe nicht zu diskreditieren.
Zweifelsohne gibt es bei dieser sehr steril abgemischten Livekonserve, die in drei Chicagoer Nächten 2008 eingefangen wurde, an den solistischen Fähigkeiten des partitursicheren Ensembles nichts zu bemäkeln, wenngleich diese den Zwangsneurosen des wahnwitzigen Juniors nachgebend, die originalgetreuen Publikumslieblinge des alten Herrn streckenweise in einen Gitarren-Infernalischen Rockkontext versenken, und wie im ungewöhnlich bluesigen "The Torture Never Stops" windelweich kochen.
Die halbstündige absurde Rock-Musical Mutation "Billy The Mountain" wird bezeichnenterweise mit nahezu beängstigender Finesse und kollektiver Hingabe gepflegt, die jazzig unterfütterte bzw. mit egomanischer Paranoia gesäugte Monstrosität "King Kong" mit jugendlicher Rotzigkeit beschworen.
Schwadronieren die meisten lausigen Coverbands mit der erbärmlichen Nostalgiekultur um des Broterwerbes willen, und um so manchem Hörer maximales Unbehagen zu bereiten, entstaubt der früher verschmähte Saitenvirtuose recht pietätvoll die prallgefüllte Grabkammer musikalischer Postmoderne und seines Erzeugers gleichermaßen.
Mag man hinsichtlich der Abzocke solchen Formaten noch immer mit einigen Ressentiments begegnen, im Vergleich zu einigen bigotten Plagiatteuren kann sich der schrullige Hörer mit diesem mathematisch korrekten und dennoch stadiontauglichen Livedokument aus dem Gefrierschrank zumindest das endlos erscheinende Sommerloch versüßen.
Bleibt zum Schluss nur noch die Hoffnung, dass gleichgestrickte Unternehmungen erfinderische Fortsetzungen erfahren und der romantisierende Zappa-Sprössling irgendwann seine innerste Identität wieder finden möge.
Line-up:
Dweezil Zappa (lead guitar, vocals)
Joe Travers (drums, vocals)
Scheila Gonzales (saxophones, keys, flute, vocals)
Pete Griffin (bass, vocals)
Jamie Kime (guitar, vocals)
Billy Hulting (marimba, percussion, vocals)
Ben Thomas (lead vocals - #7, 11)
Aaron Arntz (keys, vocals on all tunes - #7, 11)
Ray White (special guest, vocalist - #1,6,7,10,11)
Tracklist
CD 1:
01:The Deathless Horsie
02:Andy
03:Magic Fingers
04:Broken Hearts Are For Assholes
05:Bamboozled By Love
06:King Kong (With Band Solos)
07:Montana
08:Inca Roads
DVD 2:
01:The Torture Never Stops
02:Dirty Love
02:Zomby Woof
04:Billy The Mountain
05:Camarillo Brillo
06:Pygmy Twylyte
Externe Links: