Stevie Zee Band / Wail
Wail
Der Niederländer, der auch zusammen mit Rory Gallaghers ehemaligen musikalischen Begleitern Gerry McAvoy, Bass, und Brendan O'Neill, Drums (jetzt Nine Below Zero), Tribute-Konzerte gibt und ansonsten vor sich hinboogied, sollte sich mal fünf Minuten Zeit nehmen. Zeit, um sich "The Light" von Stevie Zee anzuhören. Dann hat der gitarrespielende, Stirnband tragende Blondschopf mal etwas Neues um die Ohren.
So spielt Stevie Zee eben den Boogie-Blues, den der Sas in letzter Zeit noch nicht so locker aus dem Ärmel gezaubert hat.
Stevie Zee hat zwei Partner, die dann das klassische Blues-Power Trio ergeben: Jay Dronge (Bässe/Vocals) und Don Schultz (Drums).
Editiert wird "Hi-Tail Woman" durch Bill Branett am Piano.
Nach dem furiosen Aufgalopp zeigt Zee uns, auch textlich vorzüglich umgesetzt, welch ein 'Guitar Man' er ist. Ob die Saiten gezogen werden, er slidet oder schrammelt, das Lied hat auch noch einen geölten Groove, den das Trio fast schon cool runter spielt.
Für "Burned" holt euch schon mal einen Feuerlöscher für euren CD-Player, denn das kann der gebrauchen, wenn die Stevie Zee Band dieses Ding abfeuert.
Irgendwie, ich weiß auch nicht, die Songs klingen einerseits nach Wohlbekanntem, anderseits hat Stevie Zee es schon nach dem dritten Song geschafft, mich zu überzeugen.
Verdammt noch mal, das Songwriting haut hin und das Album-Konzept geht auf.
Der Bass wurde für das Titelstück der CD ("Wail") ein wenig mehr in den Vordergrund gestellt und man lässt sich gerne von der jammernden, wehklagenden Gitarre, die uns in diesem Slow-Blues zu Ohren kommt, einlullen.
Morsezeichen eröffnen "Mesmerise". Zee lässt mal eben einige Gitarrenrückkopplungen in feinster Jimi-Art vom Stapel und wir folgen den abermals besonders durch den geslappten Bass in die CD genieteten Funkkaskaden. Herr Zee wechselt zum Sprechgesang und fertig ist der Mix. Der Track hat schon hypnotisierende Wirkung.
Bodenlos, also ohne Blues-Unterbau, aber artgerecht rockend wird "My Little Girl" serviert. Überflüssig aufs Tapet zu bringen, worum es in diesem Song geht.
In diese Schiene passt dann auch das sich anschließende ruhige Instrumental "Dark Eyes". Auch ohne Lyrics kann der Mann eine Geschichte erzählen und wieder nehmen wir unsere Umgebung nicht so recht wahr, weil wir mit unseren Gedanken woanders sind.
Achterbahn, das ist das Stichwort für den zweiten Song ohne Text ("Roller Coaster"), der nicht nur das Gefühl einer Achterbahn vermittelt, sondern doch tatsächlich Zee in Richtung Country blicken lässt.
Aus unserer Träumerei holt uns Stevie mit seiner "Hi-Tail Woman" ganz schnell zurück und der Piano-Einsatz passt auf den Punkt.
Heftige Wah Wah-Gitarre dann in "Hard". Irgendwie erinnert mich dieses Ding an die Red Hot Chilli Peppers. Schwere Basslinien, monströse Breaks und Rhythmuswechsel. "Hard" ist ein echter Knaller und Zee spielt eine brodelnde Gitarre.
In etwas abgewandeltem Outfit macht sich "Crazy Train" auch in diese Richtung auf.
"Cold Turkey" hat dann ein weiteres Mal, eher zur Erholung, diesen klassischen Groove, der einen einfach mitreißt. Stichwort: Die Sache mit dem Fuß…
Slide-Blues, den wir auch schon in "Hi-Trail Woman" hatten, explodiert in "Body Count" auch. Nur einen ganzen Track lang. Da fällt mir ein, dass Eric Sardinas schon länger nichts mehr von sich hören ließ.
Stevie Zee? Von ihm habe ich vorher weder etwas gelesen, geschweige denn gehört, obwohl der Axeman schon vier Jahre in England, Irland, Spanien und Frankreich getourt ist.
Natürlich wirft man einen Blick auf die Homepage. Dort ist immer etwas in Bewegung. Nur werde ich den Eindruck nicht los, als wenn auf der Page lange nichts mehr los war.
Gigs: Da tauchen zwei Monate auf (November und Dezember) und weiter geht es nicht.
Fotos: Die aktuellsten Gig-Bilder sind aus 2000. Es gibt eine Rubrik mit neuen Bildern, die Stevie Zee u.a. mit Johnny Winter zeigen. Die Slide-Gitarre hat er vom alten Haudegen gut adaptiert.
Ein wenig aktualisieren könnte man da schon.
Auch wenn "Wail" schon über zehn Jahre alt ist, klingt es wie erst gestern geheult.


Spielzeit: 65:43, Medium: CD, Sandcastle Records, 1995, Bluesrock
1:The Light (4:55) 2:Guitar Man (4:35) 3:Burned (4:06) 4:Wail (6:55) 5:Mesmerise (5:19) 6:My Little Girl (5:19) 7:Dark Eyes (5:32) 8:Hi-Tail Woman (4:39) 9:Hard (5:56) 10:Roller Coaster (3:45) 11:Cold Turkey (5:21) 12:Body Count (4:12) 13:Crazy Train (4:56)
Joachim P. Brookes, 30.06.2006