The Yardbirds / Making Tracks, On Tour 2010-2012
Making Tracks Spielzeit: 77:00 (CD), 60:00 (DVD)
Medium: CD/DVD
Label: Wienerworld, 2014
Stil: Rock, Blues, Beat

Review vom 12.04.2015


Steve Braun
Eigentlich bin ich kein großer Freund der Reinkarnation von Rock-Legenden. Sehr oft geht das in die berüchtigte Hose, weil der Schnitter zumeist die Reihen der Originalbesetzungen beträchtlich gelichtet hat und man dann den Eindruck gewinnen kann, von Rock-Zombies heimgesucht zu werden. (Erspart mir bitte die Nennung der üblichen Verdächtigen...)
Von daher war die Skepsis groß, als mit "Making Tracks" ein Live-Album der Yardbirds, gespickt mit Aufnahmen (lt. Coveraufdruck aus den Jahren von 2010 und 2012!), bei mir reinschneite. Die Gründungsmitglieder Chris Dreja und Jim McCarty wurden durch drei augenscheinlich Endzwanziger bis Mittdreißiger ergänzt, die allesamt ihre Söhne sein könnten. Aber ich muss zu meiner Überraschung sagen: Das Ding zündet, wohl auch weil der junge Farbige Andy Mitchell, nach diesen Aufnahmen offenbar durch den Mitbegründer Top Topham ersetzt, stimmlich an den großen Keith Relf erinnert - sogar die Harpsoli hat der Junge absolut drauf. Auch Ben King steht mit seinen Fähigkeiten absolut in der Tradition der Yardbirds, die in den Anfangsjahren bekanntlich eine wahre Talentschmiede für junge Gitarristen war. 'Erich Klopfton', Jeff Beck und Jimmy Page geben Zeugnis davon...
Bereits seit meinen Jugendtagen begleiten die Briten, die leider nie die ganz großen Erfolge ihrer berühmten Zeitgenossen erreichen konnten, meinen musikalischen Lebensweg. Kaum eine ambitionierte Schülerband in jenen Tagen, die nicht einen Yardbirds-Klassiker - seien es "For Your Love" oder "Shapes Of Things" - in ihrem Repertoire hatte. Ihr Jake Holmes-Cover "Dazed And Confused" oder Johnny Burnettes Gassenhauer "Train Kept A-Rollin'" wurden von Led Zep bzw. Aerosmith noch getoppt, aber stets erinnerte man sich dabei der Yardbirds-Versionen. Ein Song wie "The Nazz Are Blue" konnte ganz 'ohrenscheinlich' die "Statesboro Blues"-Variante der ABB inspirieren. The Yardbirds blieben also auch in den Siebzigern omnipräsent...
"Making Tracks" entpuppt sich als eines jener allseits beliebten CD/DVD-Sets. Warum die prall befüllte CD nicht 1:1 auf die DVD übertragen wurde, bleibt ein Geheimnis. Es muss triftige Gründe gegeben haben. Ergebnis ist eine immerhin einstündige Zusammenfassung des CD-Tonträgers. Die DVD verfügt zwar über eine Songanwahl, aber über keine sonstigen Features. Bild- und Tonqualität erfüllen auf beiden Datenträgern die Mindeststandards, sind also in Ordnung.
Nicht so schön sind natürlich die Schnitte zwischen den einzelnen Auftritten, vor allem auf der DVD. Man hat sich aber zumindest bemüht, diese auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren.
Das Repertoire von "Making Tracks" besteht selbstredend aus den Klassikern der Band und ist nahezu identisch mit dem letzten (Studio-)Album "Birdland", 2003 erschienen. 35 Jahre nach der letzten Studioplatte waren dort allerdings 'neue Töne' bereits Mangelware.
Die 'Chemie' zwischen Alt und Jung stimmt - die Interpretationen sind allesamt glutvoll-beseelt. Die alten Haudegen McCarty und Dreja bekommen - vor allem vom Leadgitarristen Ben King - gewaltig Druck hinter den Allerwertesten. Dieser überzeugt in allen Lagen, besonders mit dem Bottleneck. Seit dem (endgültigen?) Ende der Yardbirds im vergangenen Dezember heißt es bei ihm, genau wie bei Sänger Andy Mitchell: Augen offen halten beim weiteren Werdegang!
Selbst wenn ich keinen einzigen Flop vermelden muss, so hat man halt seine persönlichen Favoriten. Hier sind es vor allem die mit reichlich psychedelischen Einflüssen garnierten "Mystery Of Being", "Happening Ten Years Ago" und (natürlich) "Dazed And Confused". Aber auch Gassenhauer wie das unstrittig Who-inspierte "Tinker Tailor Soldier Sailor" (nur CD) und die Beat-orientierten "Heart Full Of Soul", "For Your Love" oder "Shapes Of Things" bereiten uneingeschränkt Freude. Bluespuristen werden mit "Five Long Years", "Drinking Muddy Water" und "Smokestack Lightning" (allesamt aber nur auf CD) bedient. Möge sich jeder sein Lieblingsblümchen aus diesem bunten Strauß erküren... Das pumpend-powernde "My Blind Life" bestätigt in letzter Instanz: Das Songmaterial der CD enthält die größere Menge an Granaten!
Auch wenn Bild und Ton von "Making Tracks" nicht durchgängig an der obersten Grenze der Perfektion angesiedelt sind, kann dieses CD/DVD-Päckchen guten Gewissens empfohlen werden. Zumal es die vielleicht letzten Aufnahmen mit dem kränkelnd ausgeschiedenen Dreja sind und aktuell Topham und McCarty bereits an der magischen 'Siebzig' kratzen. Allzu viel Neues dürfte somit musikalisch nicht mehr zu erwartet werden sein...
Line-up:
Chris Dreja (rhythm guitars, percussion)
Jim McCarty (drums, background vocals)
Ben King (lead guitars, percussion)
Andy Mitchell (vocals, acoustic guitar, harp, percussion)
Dave Smale (bass, background vocals)
Tracklist
CD:
01:I'm Not Talking
02:Tinker Tailor Soldier Sailor
03:Drinking Muddy Water
04:Lost Woman
05:Heart Full Of Soul
06:My Blind Life
07:Train Kept A-Rollin'
08:Shapes Of Things
09:The Nazz Are Blue
10:Mystery Of Being
11:Five Long Years
12:Think About It
13:Over Under Sideways Down
14:Crying Out Your Love
15:Smokestack Lightning
16:For Your Love
17:Happening Ten Years Ago
18:Dazed And Confused
19:I'm A Man (encore)
DVD:
01:I'm Not Talking
02:Drinking Muddy Water
03:Heart Full Of Soul
04:My Blind Life
05:Train Kept A-Rollin'
06:The Nazz Are Blue
07:Shapes Of Things
08:Mystery Of Being
09:Think About It
10:Over Under Sideways Down
11:Crying Out Your Love
12:For Your Love
13:Happening Ten Years Ago
14:Dazed And Confused
15:I'm A Man (encore)
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