Zero Hour / Specs Of Pictures Burnt Beyond
Specs Of Pictures Burnt Beyond Spielzeit: 43:12
Medium: CD
Label: Sensory Records/Laser's Edge, 2006
Stil: Prog Metal

Review vom 20.11.2006


Ralf 'Jogi' Ruhenstroth
Mit einem neuen Sänger gehen Zero Hour an ihr aktuelles Werk heran. Der Junge kommt von der Formation Power Of Omens und ist wirklich vielseitig. Fred Marshall hatte das Mikro auf dem letzten Album "A Fragile Mind" bedient.
Die Band wurde 1993 von den Zwillingen Jasun und Troy Tipton gegründet und ist in der US-amerikanischen Bay-Area beheimatet. Neben "A Fragíle Mind" kenne ich noch das viel gelobte "Metamorphosis" aus dem Jahr 2003, welches im Grunde genommen nichts anderes als eine Wiederveröffentlichung des Debüts von Zero Hour aus dem Jahr 1998 war.
Die Musik von Zero Hour richtet sich an hart gesottene Metaller, die Wert auf ausufernde und thrashige Parts legen. Waren auf dem Vorgänger noch hin und wieder Keyboards zu vernehmen, räumt man diesen auf "Specs Of Pictures Burnt Beyond" keinen Spielraum ein. Und dennoch gelingt es der Band, die eine oder andere Atmosphäre aufzubauen. Stilistisch orientiert sich das neue Album allerdings eher an "The Tower Of Avarice" aus dem Jahr 2001.
Bei den Kompositionen geht man die Songs mit einem kompromisslosen und harten Rahmen an. Innerhalb der Stücke wagt man die eine oder andere Tempoveränderung und baut verschiedene, wenn auch kleine, Gimmicks ein. Als Maßstab der Tracklängen kann man eigentlich getrost die 8-9-Minutengrenze nehmen. "Face The Fear" beginnt mit furiosen Gitarren, wummernden Bässen und drückenden Drums. Die Breaks werden passgenau gesetzt. Als der Neue, Chris Salinas, zum Gesang ansetzt, habe ich den Eindruck, dass Maiden-Frontmann Bruce Dickinson für die Vocals verantwortlich ist. Dass sich das nur als eine sporadische Eingebung entpuppt, merkt man ziemlich schnell.
Als Zero Hour nämlich ganz plötzlich die Geschwindigkeit vermindern und der atmosphärischen Gitarre die Oberhand lassen, denkt man an Geoff Tate von Queensryche. Die Bässe liefern schlüssige Töne und das Schlagzeug passt sich durch einen gezielten Einsatz der Toms gut an. Mit dieser Art von Songwriting punkten Zero Hour bei mir gewaltig. Auch die deutliche Verschärfung des Härtegrades macht mir zumindest im Eröffnungstrack wenig aus. Das passt zusammen und man merkt der Formation ihre Spielfreude an.
Das folgende "The Falcon's Cry" ist stilistisch natürlich nicht weit entfernt. Sänger Chris Salinas wagt sich in die ganz hohen Töne und die Gitarren drücken recht düster und stampfend auf die Gehörgänge. Interessant, aber keineswegs neu, spielt Jasun Tipton immer wieder kurze Solo-Läufe und untermalt dabei die Grundrhythmen. Dabei scheut er sich auch nicht, aufnahmetechnisch 2-stimmig vorzugehen. Ob er dazu einen sog. 'Pitch Shifter' benutzt hat oder ob die erforderliche Gitarrenspur separat aufgenommen wurde, vermag ich nicht rauszuhören.
Ich tendiere zum technischen Gerät, denn genau das scheint er mir auch beim Instrumental "Embrace" einzusetzen. Ich erlaube mir, dass Stück als reines Instrumental zu bezeichnen, auch wenn es im Hintergrund leicht zu erahnende Stimmen gibt. Auf jeden Fall beruhigt dieser Track, nachdem man mit den ersten beiden Songs eine Vollbedienung bekommen hat.
Hatte man insbesondere auf "Metamorphosis" noch Anlehnungen zu Dream Theater erkennen können, so kann und will ich diese diesmal nicht attestieren. Man sprach an anderer Stelle jedoch schon einmal von einer recht kalten Produktion. Diese selbst würde ich als vollkommen okay einordnen, jedoch zeigt Jasun Tipton im musikalischen Ablauf und dem Setzen der erforderlichen Riffs beim Titeltrack "Specs Of Pictures Burnt Beyond" nicht durchgängig ein gutes Händchen. Er scheint sich zwar im weiteren Verlauf zu fangen, jedoch zu Beginn ist das bloße Abarbeiten des Griffbretts offensichtlich.
Auch Chris Salinas weiß sich nicht richtig in Szene zu setzen. Da hat mir "Face Of Fear" einfach besser gefallen, denn hier war die Band sichtlich bemüht, dem Sänger eine Chance zu geben. Salinas geht bei "Specs Of Pictures Burnt Beyond" einfach unter und kann keine Akzente setzen. Zwar versucht man im letzten Drittel noch einmal ein Gimmick einzubauen, kann das Stück aber nicht mehr richtig retten. Der Part wirkt fremd und wurde einfach nicht richtig integriert, zumal man fast haargenau dieselbe Abfolge bei "Zero Hour" verwendet. Also wenn, dann sollte man dies nicht als eigenständiges Stück ausgeben. Die einfach gehaltene Abfolge zwischen Bass und Drums ist zwar kernig, aber wir kennen schon unzählig viele Songs, die genau so oder ähnlich gestrickt sind. Das ist so ein typischer Fall, der beweist, dass ein einfaches Aneinanderreihen von Frickelorgien eben noch nicht einen guten Song ausmachen. Auch nicht im Prog!
Umso schöner ist es doch, dass Zero Hour mit "I Am Here" zur Höchstform auflaufen. Wunderbare Gesangspassagen und einfühlsame Instrumentierungen lassen den Hörer in die Klangwelt eintauchen. Gesanglich befinden wir uns hier wieder ganz nah an Queensryche, welches mich allerdings auch nicht daran hindern kann, hier eine wirklich tolle Note zu bescheinigen. Mit "Evidence Of The Unseen" lassen es Zero Hour noch einmal anständig krachen. Rhythmisch scheint mir diese Nummer am Anspruchsvollsten zu sein. Chris Salinas kämpft zwar erneut gegen den Rest der Band an, da es hier aber bewusste gesangliche Specials gibt, fällt das nicht so gravierend auf, wie noch beim angesprochenen Titelstück. Es wird mehr Abwechslung innerhalb des Songs geboten. Die Leadgitarre kommt leider nicht wesentlich anders als bei "The Falcon's Cry" rüber. Das sind mir zu viele Ähnlichkeiten.
Zero Hour haben sich nur knapp ein Jahr für den Nachfolger von "A Fragile Mind" Zeit gelassen. Begründet wird dies mit der Ideenvielfalt innerhalb der Band. Nun, auch wenn hier richtiger und an manchen Stellen sehr passabler Prog Metal geboten wird, so empfehle ich als Hörer demnächst etwas mehr Ruhe und Sorgfalt. Da ist ein unschätzbares Potenzial vorhanden, aber auch viele Umläufe können die eine oder andere Schwäche nicht verdecken. Die Schwächen äußern sich weniger im Spielerischen, sondern in der Komposition selbst. Der Rahmen der Stücke liefert stellenweise ein viel zu enges Korsett, so dass es kaum möglich erscheint, mit der Band im Gesamten wirklich homogen und innovativ zu wirken. Deswegen: Ohne Zweifel ansprechende Passagen, aber leider kein durchgängig gutes Album!
Line-up:
Chris Salinas (vocals)
Jasun Tipton (guitars)
Troy Tipton (bass)
Mike Guy (drums)
Tracklist
01:Face The Fear (9:00)
02:The Falcon's Cry (8:00)
03:Embrace (2:24)
04:Specs Of Pictures Burnt Beyond (7:35)
05:Zero Hour (2:27)
06:I Am Here (4:58)
07:Evidence Of The Unseen (8:44)
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