Licht und Schatten
»Gälläghääää« (hessische Diktion für einen irischen Nationalhelden) geht immer – das ist die feste Überzeugung des Rezensenten.
Das dachte sich auch ein Nachwuchstalent aus einer kroatischen 3500-Seelen Gemeinde und erlernte als verhältnismäßig Spätberufene mit 19 Jahren das Spiel auf der Gitarre, um sechs Jahre später ihr Albumdebüt auf dem deutschen Ruf-Label zu feiern, selbstredend mit einem Song des berühmten Karohemdträgers mit der abgewetzten Strat als Namensgeber, in diesem Fall "Bad Penny" von Top Priority (1979).
Noch im gleichen Jahr fand sich die junge Frau in der Gesellschaft der gestandenen Genre-Größen Mike Zito und Bernard Allison im Blues Caravan wieder und seitdem gehört sie zumindest hierzulande zum festen und regelmäßig tourenden Inventar der bluesrockigen Live-Clubszene. Mittlerweile hat sie drei Studioalben und einen prestigeträchtigen Rockpalast-Auftritt auf der Uhr, so dass es höchste Zeit wurde, der wachsenden Anhängerschaft ein Livedokument ihres Könnens zur Verfügung zu stellen.
Dieses liegt dem Rezensenten mit "Access All Areas – Live" als Doppel-CD im zweifach klappbaren Digi-Pack vor und beinhaltet neben den Silberlingen, einem Booklet und Werbeflyer für Merchartikel und diesjährige Tourtermine doch tatsächlich einen Access All Areas-Pass als laminiertes Gimmick. Eine in heutigen Zeiten überraschend liebevolle und etwas augenzwinkernde Aufmachung.
Inhaltlich bekommt die geneigte Anhängerschaft ein komplettes Konzert vom 28.01.2024 aus dem Theaterstübchen in Kassel geboten, welches exemplarisch demonstriert, dass sich die Wahl-Neuruppinerin mehr und mehr von bluesigen Klängen verabschiedet und straighter Rock Einzug hält. Dafür stehen ihr mit Johannes Hoffmann (u.a. Klaus Lage, Jack Bruce, Ian Cussick), Artjom Feldtser (Stone Water) und Guenter Haas (u.a. Schiller, Udo Lindenberg, Cyndi Lauper, Scotty Moore) gestandene Studiomusiker mit akademischer Ausbildung zur Seite, wobei speziell letzterer Glanzlichter am Griffbrett setzen kann und zusammen mit der Protagonistin punktuell auch für einen zweistimmigen Gitarrensound sorgt. Besonders gut und exponiert gelingt dies in dem eher untypischen "Run Away", welches als akustischer Ruhepol beginnt, um sich im weiteren Verlauf zu einer countryesken Legierung aus Thin Lizzy, Wishbone Ash und den Outlaws auszuwachsen. Allerdings wird gerade hier in der gesanglichen Anfangssequenz deutlich, dass Vanja Sky zwar über eine angeraute, teilweise rotzige Röhre mit Dreck auf den Stimmbändern verfügt, aber wenig Druck, Variabilität und Modulation in die Waagschale werfen kann. Das ist dann in Teilen doch etwas dünn und wacklig, analog zu manchem eher nach Schema F gestrickten Song. Gänzlich missglückt ist schließlich die Bee Gees-Nummer "To Love Somebody", an der sie sich schwer verhebt.
Deutlich besser funktionieren da die Gallagher-Vorlagen "Bad Penny", "Shadow Play" ("Photo-Finish", 1978) und "I Take What I Want" ("Against The Grain", 1975), auch der Rausschmeisser "Louie, Louie" (The Kingsmen, 1963) macht Laune, während sich an Ten Years Afters' "I’d Love To Change The World" wieder verhoben wird, was explizit nicht an Guenter Haas liegt. Selbiger liefert mit seiner Saitenarbeit beim vom Debütalbum stammenden "Hit Me With The Blues" einen absoluten Earcatcher, auch "Hero" (Reborn, 2023) weiß diesbezüglich vollumfänglich zu überzeugen und "Crossroads Of Life" ("Bad Penny", 2018) belegt endgültig, dass Udo Lindenberg nur mit den Besten zusammenarbeitet, besticht dabei zusätzlich durch eine geschickte Verquickung von orientaler Anmutung und "Whole Lotta Love"-Zitaten.
Die Aufnahmequalität ist sehr ordentlich, die Dynamikkompression hält sich in erfreulich engen Grenzen.
Fazit:
Verpackung und Inhalt können insgesamt, mit Abstrichen in der B-Note, überzeugen. Die Doppel-CD ist lecker ausgestaltet, beim musikalischen Inhalt wissen allerdings die drei Mitmusiker von Frau Krbavcic aus Sicht des Rezensenten deutlich mehr zu überzeugen als die Protagonistin selbst.
Und es bestätigt sich verlässlich … »Gälläghääää« geht immer!
Line-up Vanja Sky:
Vanja Sky (vocals, guitar, acoustic guitar)
Guenter Haas (lead guitar, backing vocals)
Johannes Hoffmann (drums)
Artjom Feldtser (bass, backing vocals)
Tracklist "Access All Areas – Live":
- Rock’n Rolla Train (3:54)
- Bad Penny (4:01)
- Devil Woman (3:42)
- Voodoo Mama (5:04)
- Run Away (6:16)
- Troublemaker (3:50)
- Hard Working Woman (3:28)
- To Love Somebody (6:21)
- Can You Hear Life Knocking (2:39)
- I Take What I Want (3:51)
- Hit Me With The Blues (8:35)
- Hero (4:56)
- Crossroads Of Life (10:35)
- I’d Love To Change The World (3:32)
- Shadow Play (8:05)
- Louie, Louie (4:27)Gesamtspielzeit: 36:38 (CD1), 46:43 (CD2), Erscheinungsjahr: 2025




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