Anyone's Daughter / Live
Live Spielzeit: 53:16 (CD 1), 53:45 (CD 2)
Medium: Doppel-CD
Label: Tempus Fugit/SPV, 2012 (1983)
Stil: Prog Rock


Review vom 25.01.2013


Steve Braun
Nach Erscheinen der schlicht "Live" betitelten Scheibe als Doppel-Vinyl im Jahr 1984 stellte das 'klassische' Line-up Anyone's Daughters seine Aktivitäten ein. Es war quasi ein Abschiedsgeschenk an die treue Anhängerschaft, die gerade den Live-Gigs stets einen ganz besonderen Rahmen gab. Fünf Studioalben in fünf Jahren waren eine beeindruckende Bilanz. Auch der Zeitpunkt war geschickt gewählt. Neue Sterne konnte nicht restlos überzeugen und war nicht unbedingt ein Weg zu 'neuen Sternen'. International wie national war der Progressive Rock mausetot. Da kam es eigentlich allen zupass, dass Ulmer und Kappa ihren Zivildienst antreten und Bareth sein Medizinstudium forcieren wollte. Und genau diesem in Agonie liegenden Prog Rock setzten Anyone's Daughter mit "Live" noch einmal mittels eines bunten Querschnitts aus ihrer Diskographie ein kleines Denkmal, wenn auch eine kleine 'Träne im Knopfloch' zurückblieb.
Diese remasterte Doppel-CD ist nicht nur aufgrund des wesentlich verbesserten Klanges, sondern auch wegen zweier (darunter einer von fünf zum Aufnahmezeitpunkt unveröffentlichter) zusätzlicher Songs und vier Bonusvideos ein echter Gewinn für jeden geneigten Fan der Jungs aus dem schwäbischen Calw.
Es ist durchaus erstaunlich, wie es den vier Musikern gelingt, den Sound aus dem Studio auf die Bühne zu transferieren. Gerade Keyboarder Matthias Ulmer scheint über vier Arme und Hände zu verfügen. Gut, der Sequenzer springt ihm ein ums andere Mal zur Hilfe, aber die klangliche Breite ist nichtsdestotrotz beachtlich. Ein Beweis für seine Fähigkeiten ist bereits der Opener dieses Doppelalbums, "Konsequenzen". Es folgt eine Trilogie, die das Thema Sterbeprozess bzw. Tod behandelt. Das Gerüst bilden "Der Begleiter" sowie "Tanz und Tod". Das bislang von mir ungehörte Instrumental "Treance" kann man als Zwischenspiel ansehen und hätte klanglich auf das wunderbare Piktors Verwandlungen gepasst. Ulmer entlockt seinem Fender Rhodes zunächst die bekannt glockigen Töne, lässt dann die Sequenzer einen flockigen Teppich legen, auf dem in der Folge seine Hammond zaubern darf. Ein paar 'schräge' Töne sind nicht schlimm - ist ja alles live, ohne Netz und doppelten Boden.
"Viel zuviel" sowie später "Neue Sterne" und "Der Plan" sind die einzigen - sagen wir mal - 'griffigeren' Songs, alles andere lässt sich unter den Oberbegriff 'Prog Rock' subsumieren. Besonders schön kommt hierbei das stille "Sundance Of The Haute Provence" zur Geltung. Die Jungs wussten halt schon damals - lange bevor der Massentourismus einsetzen sollte - wo es sich wie 'Gott in Frookreisch' leben lässt! Zu schade, dass wir uns damals nicht über den Weg gelaufen sind...
Der instrumentale Dreierpack, der CD 1 beschließt, war seinerzeit noch nie auf einen Tonträger gepresst worden. "November" und "Sambuca" zeigen Uwe Kappas Fähigkeiten auf der Flamencogitarre, wobei letzteres Stück eindeutig jazzige Wege beschreitet - damals keineswegs ungewöhnlich für Anyone's Daughter. Beim furiosen "Carrara" darf sich dagegen Ulmer einmal mehr im wahren Wortsinne austoben.
Der zweite Silberling beginnt ebenfalls mit einem unveröffentlichten Stück, "Land's End" betitelt. "Come Away" von der gnadenlos guten Adonis switcht übergangslos in "Peterchens Mondfahrt" hinüber, bei dem sich Peter Schmidt mit einem Schlagzeugsolo präsentieren kann. Nach den aktuellen Nummern "Neue Sterne" und "Der Plan" folgt als Abschluss der grandiose Hit Moria. Frenetischer Jubel setzt ein und die geforderte Zugabe kommt in Form von "Anyone's Daughter", dem Paradestück der "Adonis" ebenso wie dieser Aufnahmen, die übrigens in Esslingen, Biberach, Aalen und Reutlingen sowie Magstadt (Videos) aufgezeichnet wurden.
Aufgrund der hohen Anzahl von neuen Stücken ist "Live" alles andere als eine bloße Ergänzung der fünf Studioalben und von daher ein unbedingter Kauftipp. Als Bonusmaterial hat man noch vier Videos in ordentlicher Ton- und Bildqualität, mit allerdings mäßiger Kameraführung, beigefügt, was natürlich ein 'Must Have' für den Sammler ist.
»Es wurde nichts hinzugefügt - dieses Album ist absolut live« ist im ansprechenden Booklet zu diesen "Live"-Aufnamen Anyone's Daughters zu lesen. Eine wahre Wohltat in diesen digitalen Zeiten...
Line-up:
Uwe Karpa (elektrische und akustische Gitarren)
Matthias Ulmer (Tasteninstrumente, Gesang)
Harald Bareth (Gesang, Bass)
Peter Schmidt (Schlagzeug und Perkussion)
Tracklist
CD 1:
01:Konsequenzen
02:Der Begleiter
03:Treance
04:Tanz und Tod
05:Viel zuviel
06:Sundance Of The Haute Provence
07:November
08:Sambuca
09:Carrara
Bonusvideos:
10:Konsequenzen (live in Magstadt)
11:Viel zuviel (live in Magstadt)
CD 2:
01:Land's End
02:Come Away (Adonis I)
03:Peterchens Mondfahrt
04:Neue Sterne
05:Der Plan
06:Moria
07:Anyone's Daughter
Bonusvideos:
08:Neue Sterne (live in Magstadt)
09:Moria - Stage View (live in Magstadt)
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