Franz K. / Gewalt ist Schitt
Gewalt ist Schitt Spielzeit: 46:18
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2012 (1979)
Stil: Deutschrock, Schlager


Review vom 03.01.2013


Sabine Feickert
Okay, eigentlich bin ich schon ein wenig vorsichtig geworden mit dem, was Sireena in deutscher Sprache rausbringt, manchmal braucht es da doch einen großen Nostalgiefaktor... auch wenn das Label eigentlich als Retter verlorener Schätze bekannt ist und immer wieder richtig geiles Zeug ausbuddelt. Franz K. hatte ich bisher nicht auf dem Zettel, doch die Reviews der Kollegen Jürgen und Steve ließen mich hoffen, mit einer alten Scheibe dieser Truppe keinen Fehlgriff zu landen, zumal sie auf der Sireena-Homepage als »...bewährt solidem Hardrock, der auch mal gerne in Status Quo-Manier dahergerollt kommt. Auch leichte Ausflüge in Popgefilde werden gewagt...« angekündigt wird.
Zwar hat sich Steve über das aktuelle Unsterblich-Album schwer empört:
»Zwei bittere Erkenntnisse bleiben nach fünfzig 'unsterblichen' Minuten: Franz K. sind anno 2012 ein Fall für Dieter Thomas Schrecks Hitparade im Zett Dee Eff. Und: Ein Urgestein des Deutschrocks ist nur noch eine Karikatur seiner selbst. Wenn Peter Josefus das hören müsste... «
Aber das Remake einer Scheibe von 1979 sollte doch wohl kein Griff ins 'ihr-wisst-schon' werden, oder?
Oder etwa doch???
"Immer wieder und wieder" kommt noch einigermaßen rockig, wenn auch mit deutlich kommerziellem Einschlag, lässt auch tatsächlich entfernte Ähnlichkeiten zu Status Quo erkennen, aber in den Zeiten als Maffay vom Schlager zum Deutschrocker mutierte und mit Karat "über sieben Brücken" wandelte, kann das durchaus noch guten Gewissens als Deutschrock durchgehen. Auch "Vergiss es" ist gar nicht so sehr zum Vergessen – oder sollte das die Vorwarnung sein für das, was noch so kommt?
"Man kann nicht alles haben" rollt mir die Fußnägel hoch. Das ist schon unteres Hitparaden-Niveau, da trieft der Schmalz nur noch so aus den Lautsprechern »man kann nicht alles haben, was man haben will und dennoch ist es guuhuuhuut, wenn man es versuhuhucht«.
Ein wenig versöhnt dann der Titeltrack, der zwar auch nicht der ganz große Rocker ist, aber wenigstens von der Aussage her okay und auch textlich zu ertragen ist. "Renn, Bruder renn" kommt richtig gut und lässt hoffen, dass sich da vorhin nur ein einmaliger Ausrutscher auf diese Scheibe verirrt hat.
Doch schon "Seht den Clown" steht "Man kann nicht alles haben" nur in wenigen Punkten was nach. Die Nummer ist zwar nicht ganz so gruselig, doch auch die interessanten Instrumentalparts können's nicht wirklich wieder rausreißen. Die "Clownerie" ist im Prinzip die Kurzversion dazu... für alle, die noch nicht genug haben?
"Der Trinker" hat zwar einen sehr ins Reimschema gewurschtelten Text, ist aber wenigstens von der Melodie her soft angerockt.
Was sich mit wenigen Ausnahmen durchs reguläre Album zieht, ist die Masche, den Gesang extrem langzuziehen, um ihn auf die Melodie zurechtzuquälen – ein Stück weit vielleicht auch Zeitgeist oder einfach ein zu huddeliges Songwriting?!? Immerhin hat Franz K. in dieser Zeit jedes Jahr ein neues Album eingespielt – da bleibt das Reifen und Ausfeilen der Songs schon mal auf der Strecke. Was mir weiterhin so ziemlich durchgehend auffällt, ist ein sehr akkurates, aber irgendwo mechanisch und seelenlos wirkendes Schlagzeug.
Die Bonustracks dürfen wohl als Highlights der "Gewalt ist Schitt"-Wiederauflage betrachtet werden. Es handelt sich um Urversionen aus dem Jahr 1973 von "Peter Gunn" mit richtig geilem Intro, einem "Tiger" der Zähne zeigt, einer mit leider nur knapp zwei Minuten viel zu kurzen "Rockband", die richtig rockt und einer etwas durchwachsenen Version von "Bock auf Rock". Deren Gesang klingt ein wenig so, als sei die Hose beim Waschen eingegangen und würde jetzt – 'ihr-wisst-schon-wo' - kneifen.
Hier ein Fazit zu ziehen, ist schwierig. Zuerst hab ich mir ein bisschen verwundert die Augen gerieben. An mir gezweifelt. An den Kollegen gezweifelt. Schließlich das nahezu allwissende Videoportal konsultiert und siehe da – dort kursieren Versionen mancher Songs und andere Nummern der Band, die richtig gut rumkommen. Rockig und ohne diesen 'wummtata'-Schlagergroove.
Tja, womit ich dann wohl wieder bei meinem Anfang gelandet wäre – der Nostalgiefaktor, den man wohl braucht, um dieses Album zu brauchen. Wer 1979 einer großen Liebe nachgetrauert hat, fand damals vielleicht in "Man kann nicht alles haben" großen Trost und schüttelt voller Unverständnis den Kopf über meine Worte. Wer die Platte noch in dunkler Erinnerung, aber nicht mehr im Zugriff hat und über einen Neukauf nachdenkt, sollte vielleicht sicherheitshalber vor einem Kauf reinhören.
Line-up:
Mick Hannes (Gitarre)
Peter Josefus (Bass, Gesang)
Stefan Josefus (Schlagzeug)
Tracklist
01:Immer wieder und wieder
02:Vergiss es
03:Man kann nicht alles haben
04:Gewalt ist Schitt
05:Renn, Bruder renn
06:Seht Ihr den Clown
07:Clownerie
08:Der Trinker
Bonustracks:
09:Peter Gunn (Demo)
10:Tiger (Demo)
11:Rockband (Demo)
12:Bock auf Rock (Demo)
Externe Links: