Karthago / Same
Same Spielzeit: 35:06
Medium: CD
Label: MiG, 2012 (1971)
Stil: Krautrock


Review vom 08.10.2012


Steve Braun
Mit Karthagos Erstling hat MiG nun auch das letzte der fünf Studioalben der deutschen Krautrock-Veteranen neu aufgelegt... und wie!! Nicht nur, dass die Aufnahmen remastert wurden, man hat auch das alte Originalcover 1:1 umgesetzt. Das schrillbunte Multi-Fold-Out-Digipak der Scheibe gleicht einem psychedelischen Trip. Allein schon dieses Outfit von "Karthago" macht das Album zu einem Must-Have. Wer im Besitz der Original-LP ist, kann ein rares und dementsprechend teures Schätzchen sein Eigen nennen. Alle, die diese seit Jahren auf Plattenbörsen suchen, bekommen hier eine richtig liebevoll gestaltete Replik.
Aber selbstredend - wir sprechen schließlich von einer der führenden Krautrockbands - kann auch der musikalische 'Inhalt' (nahezu) restlos überzeugen. Mit "Karthago" gelang den Wahlberlinern 1971 ein überzeugender Einstieg in die Szene und sie konnten sich mit den Nachfolgern, Second Step und vor allem (ihrem?) Rock'N Roll Testament, eindrucksvoll steigern. Zu Karthago ist nun wirklich alles gesagt - steigen wir also kurzerhand mit der Musik ein...
Als eine der ganz wenigen deutschen Bands arbeiteten Karthago von Anbeginn mit zwei Schlagwerkern. Entsprechend rhythmisch ging es stets zur Sache. Gleich mit dem Opener "String Rambler" legen Tommy Goldschmidt und Wolfgang Brock, der wenig später bereits wieder aussteigen sollte, einen mörderischen Groove vor. Das klingt viel eher nach Santana oder
Little Feat. Kein Vergleich zu ihren 'krautrockenden' einheimischen Kollegen - Karthago klangen immer sehr viel 'amerikanischer'. "I Don't Live Tomorrow" zieht genau durch die gleiche Furche. Was ihnen hier in ihrer Frühphase noch an abgeklärter Souveränität fehlen mag, gleicht der Fünfer durch enorme Spielfreude aus!
"Karthago" präsentiert sich stilistisch deutlich weniger kompakt als seine Nachfolger: Progressive Ambitionen offenbart "But I Know", bei dem Karthago zwei Gänge zurückschaltet. Entfernt erinnert die Nummer an die Genesis'schen Anfangstage, vor allem wegen Joey Albrechts (hier) an
Peter Gabriel erinnerndem Gesang. Das akustische "Morning Surprise" vermittelt dagegen Woodstock-Feeling. Mein Liebling, die harte Funk-Nummer "I Give You Everything You Want", wird durch den, wohl von Cream inspirierten Rumpelrocker "I Know You Can Do My Babe" abgelöst.
Ergo: Etwas uneinheitlich ist "Karthago" schon, aber wir befinden uns ja auch erst am Anfang ihrer viel zu kurzen Karriere.
Unverhohlen lädt "Why Don't You Stop Buggin' Me" zum Genuss alternativer Rauchwaren ein - mein zweiter Favorit der Scheibe und [augenzwinker]: 'Es' funktioniert heutzutage auch durchaus mit Wein. Leider ist der Song, ebenso wie das folgende "Black Fire", nur wenig ausgewogen abgemischt - die Perkussionen erschlagen regelrecht Ingo Bischoffs überaus inspiriertes Spiel auf der Hammond.
Das abschließende "Nos Vamos" fällt dagegen etwas ab. Das Thema ist zwar mörderisch gut, aber es wird nach lediglich 1:38 recht unsensibel abgebrochen - die LP hätte seinerzeit sicherlich noch problemlos ein paar jammige Minuten verkraftet...
"Karthago" rundet die nun vollständig auf CD erhältliche Diskographie der Band ab, und Dank des Covers bekommt die Platte einen Ehrenplatz im Krautrock-Regal. Schanke döhn, MiG!!
Line-up:
Joey Albrecht (Gitarre, Gesang)
Ingo Bischof (Orgel, Gesang)
Gerald Hartwig (Bass, Gesang, Perkussion)
Tommy Goldschmidt (Schlagzeug, Perkussion, Gesang)
Wolfgang Brock (Schlagzeug, Perkussion, Gesang)
Tracklist
01:String Rambler (5:20)
02:I Don't Live Tomorrow (2:46)
03:But I Know (5:34)
04:Morning Surprise (2:29)
05:I Give You Everything You Want (3:19)
06:I Know You Can Do My Babe (4:12)
07:Why Don't You Stop Buggin' Me (5:01)
08:Black Fire (4:45)
09:Nos Vamos (1:38)
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