
Die wenigen Besucher im hoffnungslos unterbelegten Rock Temple durften Zeugen eines der gefühlt tollsten Auftritte der letzten Monate sein - die Meute von
American Dog hatte zur Party ins holländische Kerkrade gerufen. Und wie eine kleine Privatparty mutete es auch an, als recht pünktlich die Lichter aus und die Spots angingen. Mit einem "It's Sunday!" erklomm Frontmann
Michael Hannon die Bühne, hängte sich den Bass um und bedankte sich beim Publikum mit einigen weiteren Worten zu Sonntagen im Allgemeinen, Kirchgängen im Speziellen und allseitigem Biertrinken im ganz Besonderen. Die kleinen Fläschchen Jupiler waren somit auch ubiquitäre Requisite auf der Bühne an diesem heiligen Sonntagabend. Natürlich entbrannte eine kurze Diskussion darüber, ob denn nun die Belgier, die Holländer oder die Deutschen das beste Bier brauen könnten - dem Applausbarometer nach zu urteilen, gewannen an diesem Abend die Kollegen aus dem sprachlich geteilten Nachbarland.

Ab dann war Party angesagt und es ging direkt mit dem passenden Opener und no nonsense-Song "Shitkicker" los. Der geneigte Zuschauer und Zuhörer wurde somit unmittelbar in die richtige Spur gebracht, der hämmernde Bass bedeutete uns ohne Umschweife, dass an diesem Abend keine Gefangenen gemacht werden würden. Im Review zur
Scars-N-Bars steht ein feiner Satz dazu, wie ein guter Bass zu klingen hat - wohl an, treffender kann man es nicht beschreiben. Das Attribut no nonsense kann man getrost allen Songs des Trios zuschreiben. Wir werden an diesem Abend mitgenommen auf eine dreckige Reise, gezeichnet von hartem Blues Rock und schnellem Boogie, einzig und allein erzeugt mit einer Klampfe, einem Schlagzeug und einem Bass. Kaum zu glauben, wieviel Dampf drei Männekens so machen können. Und dann die Stimme von
Hannon, der passend schmutzig röhrt, den kernigen Aussagen der Texte die richtige Note verleiht. Eigentlich braucht es zwei unmittelbar aufeinander folgende Gigs, einen für die Show und einen für die Songs und die Texte. Alleine die Titel der dargebotenen Stücke sollte man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: "Human Garbage Can", "Rock'n'Roll Dog", "Cat Has Got You By The Tounge" oder "Drank Too Much". Alles Lebensweisheiten, die uns die Herren
Hannon,
Theado und
Harris unverblümt näherbrachten. Der pumpende Bass, der mir übrigens immer noch in der Magengrube nachklingt, ist dabei nur ein Stilmittel, um uns die Aussagen ihrer Texte noch intensiver spüren zu lassen. Man braucht gar nicht jedes einzelne Wort zu verstehen, es wird auch so deutlich, was man uns sagen möchte. Ein weiteres Paradebeispiel ist "Sometimes You Eat The Pussy", dessen zweiter Textzeile
»and sometimes the pussy eats you« man nichts hinzufügen muss. Ebenfalls sehr schön auch die Hundeversion des alten
Cramps-Klassikers "Can Your Pussy Do The Dog", die den guten alten Garagenrock so richtig wieder aufleben ließ.

Dazu sprachen besonders die Instrumente eine deutliche Sprache an diesem Abend. Neben den bereits erwähnten klanglichen Vorzügen von
Hannons Bass trieb uns
'Hazard' Harris (sehr angenehm, mal keines dieser ewig gleichen und langweiligen Schlagzeugsoli ertragen zu müssen) in die geifernden Fänge von Saitenmeister
Steve Theado, der uns bei nahezu jedem Song mit einer kleinen Soloeinlage erfreute. Ab und an stellte Shouter
Hannon sogar seinen Bass in die Ecke und überließ
Theado das Spielfeld vollends. Mit und ohne Bottleneck, immer die lange Matte vor dem Gesicht, hinter der man manchmal die funkelnden Augen blitzen sah, schweißüberströmt im direkten Austausch mit dem Publikum. Und er gab uns den Blues und den Boogie auf diese wunderbar dreckige und intensive Art und Weise, dass ich - und andere Besucher auch - nicht umhinkommen konnte, den ersten Satz dieses Reviews zu konstatieren. Ehrlicher kann eine Band nicht rüberkommen und ich ziehe meinen Hut vor dem Respekt, den sie dem doch recht lichten Publikum zollte und es sich nicht anmerken ließ, dass ein paar Leutchen mehr auch ganz nett gewesen wären.
Hannon ließ es sich nicht nehmen, auch mal mitten im Song zu einem kleinen Ausflug ins Publikum zu steigen, um dort ein paar Schlückchen Bier zu konsumieren und die Gäste mit einzubinden.

Mit dem Dauerbrenner "Bomber" von
Motörhead verabschiedete sich das Trio dann an die Bar, wo es ausreichend Gelegenheit für ein persönliches Kennenlernen und weitere Bierchen gab. Wer auf diese, nicht an jeder Ecke zu findende Art des dreckigen und ehrlich Blues/Boogie/Rock steht, der sollte sich unbedingt
American Dog live auf die To-Do-Liste schreiben. Thanks for sending the complete setlist,
Michael!