Blindside Blues Band / Live At The Crossroads
Live At The Crossroads Spielzeit: 74:50 (CD) 88:10 (DVD)
Medium: CD & DVD
Label: Grooveyard Records, 2012
Stil: Rock

Review vom 13.05.2012


Jürgen Hauß
Zwei Mal im Jahr veranstaltet der WDR "Rockpalast" in der Harmonie in Bonn-Endenich das sog. "Crossroads Festival". Dabei geben sich in heimeliger Clubatmosphäre seit etlichen Jahren jeweils vier Tage lang internationale Acts die Ehre, wobei jeweils zwei an einem Abend durchaus unterschiedliche Musikstile präsentieren - daher der Festival-Name (er hat also weder etwas mit dem alten Robert Johnson-Song gleichen Namens - bekannt geworden in erster Linie durch die Interpretation von Cream - noch mit dem daraus abgeleiteten, vom Cream -Mitglied Eric Clapton gegründeten Crossroads Guitar Festival - auf dem ebenfalls Interpreten unterschiedlicher Stilrichtungen auftreten - zu tun). Die Konzerte werden für das Fernsehen aufgezeichnet und dort mehrfach gesendet.
Während "Rockpalast"-Auftritte der unterschiedlichsten Künstler mittlerweile in vielfältiger Form auf CDs bzw. DVDs erhältlich sind, sind mir Ton- bzw. Bildkonserven von den bisherigen - ebenfalls zahlreichen - "Crossroads Festivals" aus der Harmonie bislang nicht untergekommen. Umso überraschter war ich, als ich im Plattenladen meines Vertrauens, Mr. Music in Bonn, die vorliegend zu besprechende Produktion im Regal entdeckte (Amazon bietet sie bislang lediglich als teuren Import an!), handelt es sich dabei nämlich um die Dokumentation des Auftritts der BBB am 22. Oktober 2010 (im Vorprogramm trat übrigens Rich Hopkins mit seinen Luminators auf). Allerdings weist auf den ersten Blick auch nur ein kleiner Aufkleber auf dem Digipak auf die Verbindung zum WDR hin; der Plattentitel ist dafür zu allgemein gehalten, um - angesichts der Duplizität des Festivalnamens zu der Clapton-Veranstaltung - zwangsläufig einen Rückschluss auf die Harmonie zu liefern. Und in der Tat handelt es sich vorliegend auch nicht um eine WDR-Produktion; vielmehr wird das Album von der Plattenfirma der Band, Grooveyard Records , herausgebracht.
Als Bonner, der das damalige Konzert - warum auch immer - verpasst hatte, war ein Kauf des Albums selbstverständlich, kann man doch hiermit das Verpasste sowohl rein akustisch wie auch optisch nachholen; allein das Gefühl: »Mittendrin statt nur dabei « lässt sich nicht reproduzieren!
Der Verbindung zweier Konzertauftritte an einem Abend (und um des Friedens mit der Nachbarschaft der Harmonie Willen) ist der Umstand geschuldet, dass Auftritte der Künstler sich in der Regel auf eine Stunde beschränken, so dass davon ausgegangen werden kann, dass das seinerzeitige Konzert vollständig dokumentiert ist. Hierfür spricht auch die inhaltlich gleiche, auf der Homepage des WDR abgedruckte Setlist für das Konzert sowie die vollständige Identität zwischen der CD und der DVD. Der einzige Unterschied besteht lediglich darin, dass letztere einen weiteren Titel "Bonus Footage" enthält, bei dem es sich allerdings nur um eine - musikalisch unterlegte - Aneinanderreihung von Bildern der einzelnen Bandmitglieder sowie der bisherigen CD-Produktionen handelt, die keinen wirklichen Mehrwert bietet.
Die Musik stellt einen musikalischen Querschnitt des bisherigen, teilweise bereits weit zurückliegenden, aber auch des zum damaligen Zeitpunkt zukünftigen Schaffens der BBB dar, über das bereits u.a. hier, hier, hier und hier ausführlich geschrieben wurde. Am deutlichsten nimmt die Setlist Bezug auf das Repertoire der seinerzeit aktuellsten Veröffentlichung
Raised On Rock. Vor diesem Hintergrund beschränke ich das vorliegende Review auf die DVD.
Nach kurzer, auf deutsch gehaltener Begrüßung (sowohl durch den Veranstalter wie auch durch Mike Onesko steigt die Band gleich voll ein: "Let The Blues Do The Healing" ist wirklich ein Hammer! Flott vorgetragen, scheint der Song bereits nach dreieinhalb Minuten zu Ende zu gehen, doch die Band legt noch einen drauf. In aberwitziger Geschwindigkeit wird ein erstes Gitarrensolo zelebriert, bevor das Tempo komplett herausgenommen wird und das Ganze bluesig ausläuft. Übergangslos folgt das getragene "Crying Shame", bei dem zunächst Scott Johnson, später aber auch Mike Onesko zeigen, was sie solistisch so drauf haben. Sehens- wie hörenswert!
Es folgt der schon angesprochene Block von "Raised On Rock": "Night Train" gibt dem Bassisten erstmalig Gelegenheit, sich und verschiedene Zupftechniken zu präsentieren. Schön ist auch, wie klar man - insbesondere bei Verwendung von Kopfhörern - zwischen der linken Gitarre von Scott Johnson und der rechten Gitarre von Mike Onesko unterscheiden kann. Bei "Night Train" packt Mike Onesko erstmals sein Glasröhrchen aus und slidet gefällig daher. Und schließlich "Born With The Blues" - auf der Studio-Scheibe über 17 Minuten lang dargeboten! - wird hier auf fünfeinhalb Minuten 'kastriert' - wahrscheinlich fehlt der von Steve Braun in seinem Review beschriebene »Instumentale Ausklang«; dennoch sehr gefühlvoll vorgetragen.
Von dem seinerzeit aktuellen Album ein großer Schritt zurück zum ersten Werk der Band aus dem Jahre 1993: "Renegade" - nach einem shuffeligen Start lässt die Band die Gitarren sprechen, sprich: Beide Gitarristen bringen sich solistisch gut ein. Beim Instrumental "Hot Shot" darf - entsprechend der Ankündigung und nach einem langen Intro, bei dem man den Einsatz des Wah Wah-Pedals durch Mike Onesko nicht nur akustisch, sondern auch optisch gut wahrnehmen kann - der Drummer Emery Ceo ein - wenn auch nur kurzes - Solo präsentieren. Schade, ich hätte ihm mehr Freiraum gegönnt!
Mit "Smokehouse Shuffle" kündigt Mike Onesko die kommende Veröffentlichung von "Smokehouse Sessions Vol. Two" an; auch dies ein shuffeliges Instrumental, das durchaus Appetit auf jenes Album machen konnte. "Bad Luck" ist ein weiteres Beispiel für den von der Band praktizierten Gitarren-getriebenen Rock: Die beiden Gitarristen duettieren nicht nur, sondern scheinen sich phasenweise gar zu duellieren - wer auf so etwas steht, ist hier genau richtig. Und dann kündigt Mike Onesko schließlich den Titel an, der an diesem Ort zu diesem Anlass ganz bestimmt nicht fehlen darf: "Crossroads", der eingangs bereits genannte Robert Johnson-Titel, der aber auch schon seit vielen Jahren zum Repertoire der Band bzw. des Ablegers Onesko Bogert Ceo Project gehört, wird in der Bonner Harmonie wirklich fulminant präsentiert; schade nur, dass nach weniger als fünf Minuten bereits Schluss ist! Das folgende "Climb The Sky" ist demgegenüber nur Durchschnittsware, auch wenn die Wah Wah-lastige Gitarre einfach stark klingt!
Ähnliches gilt es auch bezüglich "Mojo Highway" zu sagen; erfrischend allein die unterschiedlichen Gitarren-Stile. Nachdem man der Band signalisiert hat, dass noch Zeit für einen weiteren Titel ist, hängt sie mit "Ramblin' On My Mind" noch einen klasse Slow-Blues hinten dran, den sie auf gut zehn Minuten ausdehnt, ohne dass es langweilig wird; was für ein Finale! Auch wenn die Interpretation leider wieder nur den beiden Gitarristen Gelegenheit zum solistischen Brillieren bietet: Der Wechselgesang ist einfach klasse! Den "Nachspann" hingegen benötigt - wie eingangs bereits gesagt - eigentlich niemand: Unter 'Bonus Footage' verstehe ich jedenfalls etwas anderes! Und die Bilder Dessous-bekleideter junger Damen brauche ich in diesem Zusammenhang wirklich nicht.
Ob man die in den eingangs genannten Reviews teilweise geäußerte Kritik an den limitierten gesanglichen Kapazitäten von Mike Onesko teilt oder nicht, soll vorliegend dahingestellt bleiben (teilweise geht es in der Tat über eine Art Sprechgesang nicht hinaus). An seinen (solo-) gitarristischen Fähigkeiten gibt es aber kaum ernsthafte Zweifel, und diese Fähigkeiten zeigt er bei dem dokumentierten Konzert - wie übrigens auch der zweite Gitarrist Scott Johnson - zur Genüge. Überhaupt ist es hier insbesondere schön anzuhören bzw. anzuschauen, wie die beiden Musiker sich geniale Gitarren-Duelle liefern.
Apropos sehen: Die Bilder sind gut geschnitten, Totalen wechseln sich mit Nahaufnahmen sämtlicher Musiker oder auch nur deren gespielter Instrumente ab. Bei aller musikalischen Dominanz der beiden Gitarristen kommen auch die beiden anderen Musiker optisch wirklich nicht zu kurz. Schwenker ins Publikum dokumentieren zudem die dort vorhandene gute Stimmung. Das Ganze recht flott, ohne hektisch zu wirken. Wenn man die räumlichen Verhältnisse in der Harmonie vor Augen hat, erstaunt die Vielzahl der eingesetzten Kameras, die für unterschiedliche Perspektiven sorgen.
»Pull up a seat and watch guitarists Mikey O. & Scotty J. rip up their axes @ full volume with an over-the-top, hi-powered, twin guitar assault that delivers killer, hard rockin', six string mojo complete with the awesome rhythm section of bassist Fletch Little & Emery Ceo on drums. Four rock n' roll bastards who kick "old-school" heavy guitar blues/rock ass in Germany. Get on the big, electric BBB boogie train and rock the blues hard @ the Crossroads.«
Derart enthusiastisch bewirbt die Plattenfirma das vorliegende Album. Ich mag diese Begeisterung nicht in vollem Umfang teilen; aber ein ordentliches Club-Konzert wurde vorliegend gut dokumentiert.
Kleines Bonmot am Schluss: Offenbar war ursprünglich wohl doch geplant, dass der WDR selbst die vorliegende Dokumentation veröffentlichen wollte/sollte. Denn nimmt man die beiden Silberlinge in die Hand und schaut schräg auf die jeweils bedruckte Seite, entdeckt man eine unter dem Label liegende, weitere Prägung, in der - anstelle von Grooveyard-Records - das "Rockpalast"-Logo deutlich größer erscheint als es jetzt noch am unteren Rande präsentiert wird. So bleibt es vorliegend - vielleicht auch nur für den deutschen Markt - bei den kleinen WDR-Aufklebern auf dem Digipak! Der Qualität der Produktion tut dies allerdings keinen Abbruch!
Line-up:
Mike Onesko (guitar & vocals)
Scott Johnson (guitar)
Fletch Little (bass)
Emery Ceo (drums)
Tracklist CD & DVD
01:Let The Blues Do The Healing (4:50)
02:Crying Shame (8:01)
03:Night Train (5:31)
04:Raised On Rock (5:20)
05:Born With The Blues (5:32)
06:Renegade (4:20)
07:Hot Shot (4:20)
08:Smokehouse Shuffle (4:46)
09:Bad Luck (5:59)
10:Crossroads (4:41)
11:Climb The Sky (5:43)
12:Mojo Highway (5:43)
13:Ramblin' On My Mind (10:38)
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