Canned Heat With John Lee Hooker / Carnegie Hall 1971
Carnegie Hall 1971 Spielzeit: 49:53
Medium: CD
Label: Cleopatra Records, 2015 (1971)
Stil: Blues'n'Boogie


Review vom 29.06.2015


Markus Kerren
Der Boden schwankte, wankte und erkrankte im Jahr 1970 für die bis dahin so erfolgreichen Boogie-Rocker von Canned Heat und nichts war danach jemals wieder so, als in der Zeit davor. Die (verbliebenen) Bandmitglieder wurden von dem Selbstmord ihres Gitarristen und Co-Gründers der Band, Alan Wilson zumindest so sehr aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht, dass sie sich davon nie mehr völlig erholen konnten. Auch bandintern flogen im Anschluss durchaus mal die Fetzen, was schließlich auch zum (vorübergehenden, wenn auch jahrelangen) Ausstieg des Bassisten Larry Taylor führte. Dennoch war sich der Rest der Truppe darüber im Klaren, dass die einzige Chance, wenigstens einigermaßen seelisch gesund zu werden, darin lag, weiter Musik zu machen.
Somit musste also personeller Ersatz her und für den vakanten Job an der Sechssaitigen wurde Joel Scott Hill eingestellt. Für den Bass konnte der Schlagzeuger Fito de la Parra seinen alten Bandkumpel aus der Jugendzeit in Mexiko, Antonio 'Tony' de la Barreda, in die Band bringen. Beide neuen Musiker blieben nicht sehr lange, aber das ist wieder eine andere Geschichte. Wie dem auch sei, Anfang des Jahres 1971 erschien das heute legendäre Album "Hooker'n'Heat" (mit den letzten Studioaufnahmen von Al Wilson), im Verbund mit dem farbigen Blues-Sänger John Lee Hooker, der damals lediglich absoluten Szene-Kennern unter dem weißen Publikum bekannt war. Nachdem die Platte ein fetter Erfolg war, kam es auch im weiteren Verlauf jenen Jahres zu sporadischen Zusammenarbeiten.
Und eine davon, ein Konzert in der legendären Carnegie Hall in New York City hat das Label Cleopatra Records wieder ausgegraben und auf den Markt gebracht. Sechs Tracks mit einer Spielzeit von immerhin knapp fünfzig Minuten sind hier versammelt, die - je nach Standpunkt - richtig Spaß machen können. Um es gleich mal vorweg zu sagen: High End-Fetischisten werden bei dieser CD wahrscheinlich in eine mittlere bis schwere Krise verfallen, wobei man aber auch nicht behaupten kann, dass der Sound lediglich Bootleg-Qualität hätte oder gar grottenschlecht wäre. Und wenn jemand sich an der Musik dieser Band erfreut, dazu bedenkt, es hier mit nicht für eine Veröffentlichung geplanten, 44 Jahre alten, wahrscheinlich jahrzehntelang in irgendeinem dunklen Gewölbe gelagerten Bändern zu tun zu haben, wird das Urteil sicherlich gnädiger ausfallen.
Was die Musik bzw. die hier versammelten Songs betrifft, zeigt sich die Band auf jeden Fall in verdammt guter Form. Den Anfang macht ein losgelöstes (wenn auch soundmäßig etwas 'wackeliges') "Framed", das später auch auf dem Studioalbum "New Age" (1973) auftauchen sollte und dem einen oder anderen auch in der Version der Sensational Alex Harvey Band bekannt sein dürfte. Ein geiler Blues-Rocker mit so bitterem wie augenzwinkerndem Text, bei dem Bob 'The Bear' Hite alles gibt, was er hat. Die Breaks sitzen, die Gitarristen (Henry Vestine und Joel Scott Hill) spielen Soli entweder nach-, mit- oder gegeneinander und auch der Bass dröhnt herrlich aus den Boxen. Also erst gar keine Gefangenen machen und den - wahrscheinlich größten - Hit der Band, "Let's Work Together", hinterhergeschoben.
Dann ist der Augenblick gekommen, in dem John Lee Hooker vorgestellt wird. Der bringt zunächst seinen eigenen Song "Hey Babe" (nur gesanglich) mit großartiger Unterstützung der Band. Ein langsamer Blues in der so Hooker-typischen Art. »Don't Forget To Boogie!« war der Schlachtruf des 'Bären', mit dem er jedes Canned Heat-Konzert beendete. An diesem Abend in New York City gab es nach der Hooker-Nummer dann erstmal satte zwanzig Minuten "Shake'n'Boogie" auf die Ohren. Gespielt und gejammt in der unnachahmlichen Art, wie es eben nur diese Band brachte. Immer wieder ein Genuss. Schließlich gibt es noch eine Version von "Back Door Man" (ohne Hooker) und "Tease Me Baby", wieder mit dem Maestro.
Canned Heat-Fans müssen diese Scheibe natürlich haben, dem Neueinsteiger seien anfangs vielleicht eher die soundmäßig qualitativ besseren Aufnahmen empfohlen. Trotzdem ist "Carnegie Hall 1971" ein sehr geiles Zeitdokument einer Band, der man anmerkt, dass sie schlicht und ergreifend verdammt viel Spaß damit hatte, was sie da so auf der Bühne trieb!
In Kürze werden wir euch noch ein weiteres Live-Dokument von Canned Heat namens "Stockholm 1973" vorstellen.
Line-up:
Bob Hite (lead vocals)
John Lee Hooker (lead vocals - #3,4,6)
Henry Vestine (lead guitar)
Fito de la Parra (drums)
Joel Scott Hill (guitar, vocals)
Antonio de la Barreda (bass)
Tracklist
01:Framed
02:Let's Work Together
03:Hey Babe
04:Shake'n'Boogie
05:Back Door Man
06:Tease Me, Baby (bonus track)
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