Crystal Palace / The System Of Events
The System Of Events Spielzeit: 70:15
Medium: CD
Label: Gentle Art of Music, 2013
Stil: Neo Prog

Review vom 23.10.2013


Steve Braun
Aus der Suche nach dem Sinn unserer Existenz klinke ich mich komplett aus. Gibt es diese ominöse universelle Formel, die unser Leben vorbestimmt, oder haben wir unser schnödes Schicksal etwa doch selbst in der Hand? Diese philosophische Frage interessiert mich nicht die Bohne. Zu viele esoterische Scharlatane tummeln sich mit ihr herum, zu viel Geld wird damit umgesetzt und den Realitätscheck hält sie ebenfalls nur schwerlich stand.
Wenn die deutschen Art- und Neoprogger Crystal Palace sich in ihrem neuen Konzeptalbum "The System Of Events" diesem Thema widmen, sorgt das also erstmal eher für ein herzhaftes Gähnen in der Braun'schen Haushaltung, was natürlich eine rein persönliche Wahrnehmung ist und das ambitionierte Projekt in keiner Weise kleinreden soll!!
Gut ein Jahr hat die textliche Entwicklung und die musikalische Umsetzung in Anspruch genommen. Dass man Colin Edwin, Bassist von Porcupine Tree, und die RPWL-Männer Yogi Lang und Kalle Wallner als Gäste gewinnen konnte, spricht wohl für sich! Bei dem Label der beiden Letztgenannten, Gentle Art of Music, sind die vier Berliner mittlerweile ebenfalls untergekommen und - das muss man anerkennen - sie passen dorthin wie die Faust aufs Auge!
Einen Besetzungswechsel hat es seit dem letzten Album, Reset von 2010, an den Drums gegeben. Frank Brennekam hat den Platz von Feliks Weber eingenommen. Die musikalische Zielrichtung hat sich dadurch nicht verschoben.
Die visiert nach wie vor die 'üblichen Verdächtigen' an - die Namen der entsprechenden Referenz-
Bands brauche ich wohl an dieser Stelle nicht noch einmal hervorzukramen. Auch wenn ich nicht weiß, inwieweit die Gastmusiker an der Entwicklung beteiligt waren (der Promoversion lag kein Booklet bei!), so kommt es einem doch so vor, als würden auf "The System Of Events" - noch stärker als zuvor - RPWL und (die frühen) Porcupine Tree um die Ecke luken.
Ähnlich wie bei "Reset" bestimmen die großen Bögen die acht Longtracks: weite samtig-wattige Synthesizergemälde, durchaus 'bissige' Gitarreneinschübe und melodische Bassfiguren, von akzentuiertem Schlagwerk unterstützt. Crystal Palace haben sich dabei das 'Ohr' für die erleuchtende Hook bewahren können und somit wird das bombastisch-barocke Gerüst sehr häufig von eingängig-melodischen Melodiebögen aufgelockert. Dadurch ergeben sich Klanglandschaften, die ziemlich frappierend an die eben erwähnten RPWL erinnern. Dies allerdings ohne - das sei hier ausdrücklich angemerkt - als Plagiat bezeichnet werden zu können. Die 'eigene Note' bleibt durchaus erkennbar. Allein das ist an sich schon ein Qualitätskriterium im Prog-Genre, in dem die vielfältigsten Stilverästelungen in einen manchmal diffus-konturlos wirkenden Brei zusammenströmen. Aber das ist nur ein Gedanke am Rande...
Acht abwechslungsreiche Songs, die auch konzeptionell wohlplatziert (wie bspw. der tolle Intro-Charakter von "Chasing Better Days") wirken, werden von dem sensationellen "Sleepless" gekrönt. Richtig saftig stampfen die synthetischen Bässe unter einem Floyd'schen Soundteppich voran, unterbrochen von riffenden Gitarrenbrechern. Für mich das beste 'Puzzlestück', das ich bis dato von Crystal Palace gehört habe. Eines von der Sorte, die den Hörer gnadenlos 'an den Eiern packen', was im Prog-Genre durchaus Seltenheitswert besitzt! Das düstere und in den Instrumentalpassagen leicht meditative "Breathe" steht dem kaum nach.
Textlicher Glanz- und Schlusspunkt ist das titelspendende "System Of Events", das sich mit den Auswirkungen von Schicksalsschlägen in den Lebenssituationen einzelner auseinandersetzt. Das Stück wie das Gesamtwerk löst sich in einer - wie ich empfinde - positiven Grundstimmung auf, wozu erneut von Floyd-inspirierte Chöre zum Ausklang das ihre beitragen.
Lasst Euch nicht von der kontroversen Diskussion zu "The System Of Events" in den einschlägigen Nischen des Web irritieren. Wir Schreiber neigen nun mal zur Erbsenzählerei, muss ich mal selbstkritisch und augenzwinkernd anmerken. Um mal einen berühmten Satz von Gertrude Stein abgewandelt aus dem Zusammenhang zu reißen und zweckzuentfremden: Ein geiles Album, ist ein geiles Album, ist ein geiles Album! Und WAS ein geiles Album ist, entscheidest alleine Du, werter Leser!!
Crystal Palace liefert mit "The System Of Events" eine ebenso reife wie hörenswerte Leistung ab, selbst wenn ich mich auch weiterhin strikt weigern werde, mich mit der Thematik des Konzeptes auseinanderzusetzen. ;-)
Line-up:
Jens Uwe 'Yenz' Strutz (vocals, bass)
Nils Conrad (guitars)
Frank Köhler (keyboards)
Frank Brennekam (drums)

Guest Appearences:
Colin Edwin (bass)
Yogi Lang (keyboards)
Kalle Wallner (guitars)
Tracklist
01:Chasing Better Days (4:54)
02:As Heaven Dies (6:22)
03:Beautiful Nightmare (11:55)
04:Green Way (7:28)
05:Sleepless (8:20)
06:Stunned By The Silence (7:55)
07:Breathe (10:16)
08:System Of Events (13:05)
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