Die Vergangenheit
Dennis DeYoung wurde bekannt als Sänger, Songwriter und Keyboarder von
Styx. Er war eines der Gründungsmitglieder und prägte die Musik der Band einerseits durch Balladen, andererseits durch progressive Einfälle und Konzepte. Für die 1983 erschienene LP "Kilroy Was Here" dachte er sich eine Science Fiction-Story aus, die von einer Welt erzählt, in der Rockmusik verboten ist und Musiker
Kilroy ins Gefängnis kommt bzw. daraus ausbricht. Ich hatte damals auf einen Kinofilm gehofft, doch die tolle visuelle Umsetzung diente lediglich als Einleitung auf den damaligen Konzerten, die dann mit eingebauten Handlungsszenen den letzten Auftritt
Kilroys darstellten. Leider war die Tour damals nur in den USA.
So gelungen die Idee auch war, die Musik musste sich ihr zu sehr unterordnen, was zu einer Bandkrise führte. Daraus resultierend gab es für einige Jahre lediglich Soloalben der drei Hauptsongwriter, darunter die "Desert Moon" (1984) von
Dennis.
Erst durch und nach dem Tod von Drummer
John Panozzo trafen die verbliebenen
Styx-Mitglieder für eine CD zusammen. Doch "Brave New World" (1998) zeigte eine in sich zerrissene Band, als würden Keyboarder
Dennis DeYoung auf der einen Seite und die beiden Gitarristen
Tommy und
JY auf der anderen Seite jeweils eine andere Version leben. Dennoch gab es eine Tour, die sogar nach Deutschland führte. Doch zu meiner Verwunderung stand da ein neuer Mann am Keyboard. Es hieß zunächst,
DDY sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mitgekommen, dann dass er nicht mehr dabei sei, weil das Leben in einer Rockband nichts mehr für ihn sei und er seine Musical-Neigung am Broadway ausleben wollte. So entstand eine Art
'Styx 2.0' mit den beiden Gitarristen und neuen Musikern - was ich mich schon etwas erstaunte. Später hieß es,
Dennis würde gerne wieder mitmachen, was aber abgelehnt wurde. So spielen - wie so oft - also mittlerweile zwei aktive Formationen die alten Songs.
Die Gegenwart
Am 18. März 2014 gab
Dennis DeYoung ein ausverkauftes Konzert im El Rey Theater, bei dem er fast ausschließlich
Styx-Songs spielte. Ihm ist gemäß der Einigung beim Namensstreit nur die Bezeichnung 'and the music of
Styx' erlaubt, der Bandname selbst wurde den beiden Gitarristen zugesprochen. Aufgenommen wurde das Ganze für AXS-TV und im Oktober bei Frontiers Records als 2CD/DVD bzw. BluRay veröffentlicht.
Sechs Musiker setzten das Ganze um und zusätzlich holte er sich für die Background Vocals (s)eine Frau. Ja,
Suzanne DeYoung ist beachtliche 44 Jahre mit
Dennis verheiratet und er hat sie mittlerweile ermutigt, mit ihm die Bühne zu teilen. Also nicht mehr
»Babe I'm leaving«, sie kommt nun mit ihm. Natürlich ist dieser Song dabei, wie ebenfalls etliche andere Hits von 1973 ("Lady") bis 1990 ("Show Me The Way").
Auch wenn
Dennis DeYoung mehr Lieder als die anderen Songwriter geschrieben hatte, kommt er nicht an gemeinsamen oder fremden Kompositionen vorbei. Zum Glück macht er nicht den Fehler, hier alles selbst singen zu wollen, sondern überlässt die im Original von
Tommy Shaw gesungenen Tracks dem Gitarristen
August Zadra, dessen Stimme recht gut passt. Anscheinend gab es da bestimmte Bedingungen für die Posten der Saitenmänner, auch was die Optik und das Stageacting betrifft, was doch stellenweise arg 'nachgeahmt' wirkt.
Und - wen wundert's - wenn ich die Versionen von
Styx vergleiche, ist die der beiden Gitarristen rockiger als die von Tastenmann
Dennis, hier ist zudem der Balladenanteil recht hoch. Nun, wenn es schon zwei Keyboarder gibt (wohl damit sich
DDY mehr auf den Gesang konzentrieren kann), rückt die Saitenfraktion natürlich etwas mehr in den Hintergrund. Die Gitarrenfans kommen dennoch auf ihre Kosten z. B. bei "Rockin' The Paradise". Hm, warum gibt es das Stück nur auf der zweiten CD, jedoch nicht auf der DVD?
Das Solo in "Desert Moon" von
Dennis' erster Soloscheibe enttäuscht mich allerdings etwas, das vom Original fand ich stärker. Ui, und gleich darauf noch eine Ballade, das bereits erwähnte "Babe". Hier erscheint dann
Suzanne wieder, die zwischenzeitlich mal abgetaucht war, und bekommt ein Küsschen von ihrem Gatten.
Zum Glück wird es wenig später wieder etwas progressiver mit "Suite Madame Blue". Respekt,
Dennis schafft es tatsächlich noch genauso gut wie früher, den langen Ton zu halten. Da können sich einige Vokalisten eine Scheibe abschneiden. Überhaupt, seine musikalischen Fähigkeiten stehen außer Zweifel, auch jetzt noch. Die Qualität der Songs ebenfalls. Wie er im siebenminütigen Interview bestätigt, funktioniert Classic Rock immer noch, was man von vielem, das heute erscheint, nicht sagen kann.
»…too much technology« zitiert er aus "Mr. Roboto". Klar, dieser Hit aus dem Jahr 1983 ist auch dabei - und kurz die grinsende Robotermaske.
Ansonsten gibt es nichts Besonderes Visuelles zu bestaunen, schade eigentlich. In dieser Hinsicht (und nicht nur dieser) fand ich
The Grand Illusion/Pieces Of Eight Live beeindruckender. Wobei da natürlich
Dennis DeYoung fehlte. Da eine Wiedervereinigung der drei Songwriter recht ausgeschlossen scheint und er wohl nie (wieder) in Europa auftreten wird, lohnt sich "…And The Music Of Styx Live In Los Angeles" für die Fans (nicht nur) als eine Art Trostpflaster.