Desert Daemon / Obsolete
Obsolete Spielzeit: 55:53
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2012
Stil: Rock

Review vom 10.03.2012


Jochen v. Arnim
Nomen est omen, sagt man doch immer so schön. Und wenn man danach ginge, dann wäre das ordentliche Debütalbum "Obsolete" der Jungs aus Flensburg überflüssig. Zum Glück gibt es aber immer Ausnahmen von der Regel und da wir das wissen, wollen wir uns dem vorliegenden Silberling aus Eigenproduktion einmal wohlwollend zuwenden. Halt, schon wieder ein Fehler, denn von Silberling kann man nicht reden. Die Scheibe kommt in auffallend ansprechendem Vinyl-Design, ganz in schwarzer Farbe gehalten, Label in der Mitte und die Andeutung einzelner Tracks in der Rille. Als weitere positive Voraussetzung hat der geschätzte Kollege Markus die letzte EP des Quintetts So Called Vagabonds begutachten dürfen und ihr ein gehöriges Maß an Potential zugeschrieben. Sie seien reif für ihr erstes richtiges Album, konnte man seinerzeit lesen. Das war im Jahre 2010 und nun können wir die Früchte der Arbeit in Form eines ordentlichen Rundlings unter die Lupe nehmen. Zwar wird dieser Großangriff nicht von einem offiziellen Label unterstützt, aber das hat die Jungs nicht daran gehindert, ihr Ding zu machen.
Die Autotür schlägt zu, ein Riff setzt ein, der Motor wird angelassen und der Wagen fährt mit quietschenden Reifen los - so werden wir in die Scheibe gebeten. Da kommt recht ungeschliffener Rock der härteren Gangart aus dem Auspuff und Frontmann Andi macht dazu den kernigen Shouter. Der Opener "Back Seat Loving Machine" lässt sich schon mal ganz gut an, die Hookline weiß durchaus zu überzeugen, das klingt recht ehrlich. Beim nächsten Track "Dio" wähnt man sich anfangs in einer Iommi'schen Produktion der späten sechziger Jahre. Klar, wem hier gehuldigt wird und die Band hat sich die Mühe gemacht, eigenes Songmaterial zu verwursten, um unser aller Lieblings-Ronnie die Ehre zu erweisen. Die Reminiszenzen sind in der Gitarrenarbeit offensichtlich, die Lyrics zu weiteren Erleuchtung leider, leider nicht im Promo-Pack enthalten. "Yeah Yeah Yeah!", an nächster Stelle auf der Scheibe enthalten, hat wahrlich nicht viel mit dem Vierer aus Liverpool zu tun. Da wird es ganz schön spacig und zwischendurch werde ich an Plastic Bertrand erinnert, fragt mich nicht nach dem Warum.
Viel Zeit, mich selber zu fragen, bleibt mir eh nicht, denn die Kurzweiligkeit, mit der Song auf Song aus den Speakern dringt, ist schon bemerkenswert. Kaum ist der eine Track halb vorbei, möchte ich schon wissen, wie denn wohl der nächste klingen mag. Ganz cool ist z. B. "Burning Sista" irgendwo auf der Hälfte der Scheibe, da wirst du vorangetrieben, die Gitarrenläufe machen dir mächtig Dampf unter dem Hintern, es wird einfach nur ehrlich (ja, immer noch) abgerockt. Das passt gut auf die Bühne. "Timeline" im unmittelbaren Anschluss daran kommt da schon zähflüssiger daher, das Tempo ist deutlich reduzierter und doch wissen wir sofort, wo es hingeht. "Jambalaya Lizard Queen" fetzt auch wieder richtig dreckig durchs Zimmer, ebenso wie "Rise Against", wartet mit harten Riffs auf und besonders letzterer Song mag den Anschein erwecken, man könne ihn live auf der Bühne bis ins Unendliche ziehen. Da ist unglaublich viel Platz für verkifft-rockiges Gitarrenwerk, und das möchte ich positiv verstanden wissen. Gegen Ende der Scheibe wird es auch etwas angepunkt, stört den Gesamtkomplex jedoch nicht die Spur, denn unterm Strich bleibt es eine coole, ehrliche (zum letzten Mal), staubige Wüstenrock-Scheibe.
'Das dreckige Dutzend' hätte man diese Scheibe auch nennen können, wäre da nicht noch eine Nummer 13 auf der CD. Und auch wenn der Gag mit den hidden tracks nicht mehr ganz taufrisch ist, so kann er doch immer wieder gut kommen. In unserem Fall hier kommt er sogar viel mehr als nur gut - das ist ein Wahnsinnssong, voller Anlehnung an den guten alten Hardrock der frühen Siebziger, mein Herz geht auf - Anspieltipp hoch Drei! Desert Daemon haben mit ihrem Debütalbum einen guten Einstand in den Reigen der Longplayer vollzogen. Hier wird nicht ohne Rücksicht auf Verluste vorgegeben, die schnellsten, härtesten und dreckigsten Jungs im Norden zu sein, sondern gut und gekonnt gezeigt, was der Einzelne in der Gesamtheit der Band vollbringen kann. Da kommen zwar immer wieder mal Anlehnungen an ein paar offensichtliche Vorbilder durch, aber wer es so drauf hat, der verdient dann auch ganz schnell mal ein richtiges Label - meinen Segen habt Ihr, Eure Scheibe ist alles andere als überflüssig!
Line-up:
Andi (vocals)
Finn (guitar, vocals)
Haui (guitar)
Patrick (bass)
Michael (drums)
Tracklist
01:Backseat Loving Machine
02:Dio
03:Yeah Yeah Yeah!
04:Heal Me
05:Burning Sista
06:Timeline
07:Jambalaya Lizard Queen
08:Miss You
09:Rise Against
10:Black Dog
11:Wasteland
12:Ain't No Joke
13:Hidden Track
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