Willy DeVille / Crow Jane Alley
Crow Jane Alley Spielzeit: 19:29 (Side 1), 21:42 (Side 2)
Medium: LP
Label: Music On Vinyl (Cargo Records), 2015 (2004)
Stil: Rock

Review vom 10.02.2015


Markus Kerren
Als Willy DeVille sich im Jahr 2000 nach mehr als zwei Jahrzehnten endlich von seiner Heroinsucht befreit hatte (bzw. ab diesem Zeitpunkt - so die Legende - nicht mehr rückfällig wurde), war der Optimismus groß und es hätte eigentlich steil bergauf gehen sollen. Im folgenden Jahr nahm sich dann allerdings seine zweite (und damals immer noch) Ehefrau Lisa das Leben. Der Musiker selbst fand sie erhängt auf, was zu einer heftigen emotionalen Reaktion bei ihm führte, die in einem Autounfall endete, der den Amerikaner die nächsten fünf Jahre im wahrsten Sinne des Wortes am Stock gehen und die allermeisten Konzerte im Sitzen spielen ließ.
Traumatische Jahre folgten, zu denen DeVille später einmal meinte: »Das einzige, was mich am Leben hielt, war meine Neugier, ob ich tatsächlich weitermachen kann, ohne mir selbst etwas anzutun!« Keine gute Zeit also, zumal nur kurz vor seiner Frau auch noch sein langjähriger Freund und Seelenbruder, der legendäre Jack Nitzsche verstorben war.
Nein, keine gute Zeit, was sich dann in gewisser Weise auch auf die Musik niederschlug. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie enttäuscht ich damals im Jahr 2004 nach dem Erwerb des brandfrisch erschienenen "Crow Jane Alley" war. Die Zeit an sich und so einige Hördurchläufe haben mich zwar etwas milder gestimmt, aber der Fakt, dass wir es hier bei Weitem nicht mit einem Highlight aus dem Backkatalog des Protagonisten zu tun haben, dürfte unbestritten sein.
Nicht ganz unschuldig an meinem ersten Eindruck zu der jetzt auf Vinyl wiederveröffentlichten Platte dürfte sicherlich auch die Brillanz des Vorgängers "Horse Of A Different Color" (1999) sowie die im Jahr 2002 in Berlin - einmal mit Band und einmal als Akustik-Trio - gefilmten Konzerte (am schönsten in der Box Still Alive von Meyer Records eingefangen bzw. präsentiert) gewesen sein.
Mein Favorit auf dieser Scheibe ist der Titelsong, eine düstere Ballade über zwei nicht sehr gesund lebende Menschen in einem Hotelzimmer, die seinem alten Partner In Crime, Jack Nitzsche, gewidmet ist. Hier haben wir DeVille in seiner vollen Pracht als Berichterstatter der dunklen Seiten des Lebens. So glaubhaft und gefühlvoll wie immer besticht der Sänger unterstützt von einer lamentierenden Steel-Gitarre. Das zweite Highlight ist der geile Blues "Muddy Waters Rose Out Of The Mississippi Mud", übrigens der einzige Song der Platte, auf dem Willy auch die Gitarre(n) bediente.
Der zu Anfang dieses Reviews erwähnten Lisa ist "Downside Of Town" gewidmet, bei dem einem (»...she hurts me still, since I cut her down...« - ...es tut nach wie vor weh, seit ich ihren Strick durchschnitt...) schon mal ein leichter Kloß im Hals sitzen kann. Auf meiner Skala ganz unten stehen dagegen "Come A Little Bit Closer" (das ich noch nie gemocht habe) sowie das Bryan Ferry-Cover "Slave To Love". Bei dem Letztgenannten ist der Gesang zwar klasse, aber der Song an sich doch eher eine Schmonzette vor dem Herrn. Das komplette restliche Material (u. a. auch wieder mit einigen Latino-Anleihen) ist zwar bei Weitem nicht schlecht, aber doch eher Standard für diesen Musiker.
Was die Neuauflage dieser Scheibe natürlich ungemein versüßt, ist der satte und so viel wärmere Sound dieser 180 Gramm-Vinylplatte, der meiner CD-Erstausgabe meilenweit überlegen ist. Und dennoch gilt: Das Album "Crow Jane Alley" von Willy DeVille wirkt zwischen dem bockstarken Vorgänger "Horse Of A Different Color" und dem Nachfolger Pistola (das letzte Studioalbum) eher blass und unscheinbar.
Eine Feststellung, die aber niemanden abschrecken sollte, denn auch die Qualität eines Standard-Willy DeVille-Albums muss von der 'Konkurrenz' überhaupt erst mal erreicht werden.
Line-up:
Willy DeVille (acoustic- & slide guitars - #6, lead & background vocals)
Josh Sklair (12-string acoustic-, electric-, e-bow- & nylon guitar)
John Philip Shenale (Hammond A-100, Chamberlin piano, loops, synthesizers, samples, ARP string ensemble, Wurlitzer, marxophone, percussion)
David Hidalgo (bajo sexto, accordion)
Hook Herrera (harmonica)
Alex Acuna (timbale, shaker, castanets, tambourine stick, maracas, cajon, cowbell)
J. Mario Rodriguez (violins)
Martin Avellano (bihuela, acoustic guitar - #7)
Diego Avellano (guitarone - #7)
Martin Lara (trumpets - #7)
Lenin Garcia (acoustic guitar - #7)
Quetzal Flores (bajo muta, jarana, jawbone)
Michael Starr (strumstick, mandolin, violin)
David Keyes (acoustic & electric bass, background vocals)
Joey Waronker (drums)
Steve Stevens (drums - #6)
Billy Valentine (background vocals)
John Valentine (background vocals)
Nina DeVille (background vocals)
Tracklist
Side 1:
01:Chieva
02:Right There, Right Then
03:Downside Of Town
04:My Forever Came Today
05:Crow Jane Alley

Side 2:
01:Muddy Waters Rose Out Of The Mississippi Mud
02:Come A Little Bit Closer
03:Slave To Love
04:(Don't Have A) Change Of Heart
05:Trouble Comin' Everyday In A World Gone Wrong
Externe Links: