Willy DeVille / Live At Montreux 1994
Live At Montreux 1994 Spielzeit: ca. 107:00 (DVD), 73:57 (CD)
Medium: DVD + CD-Set
Technik DVD:
Bildformat: 4:3
Sound-Formate: DTS, Dolby Digital 5.1, PCM Stereo
FSK: keine Beschränkung
Label: Eagle Vision, 2009
Stil: Rock


Review vom 03.04.2009


Norbert Neugebauer
Was wäre die Rockmusik ohne solche schillernden Typen wie Willy DeVille?
Der heute 58-Jährige gehörte zwar nie zu den Superstars der Branche; aber seit den Zeiten des New Wave hat er sich immer gekonnt in Szene gesetzt und trotz einiger Wandlungen längst 'seinen' unnachahmlichen Stil gefunden. DeVilles Musik ist eine energiegeladene Mischung aus Rock, Cajun, Latin, TexMex und Schmalz, die er nach seinem Umzug von New York nach New Orleans zusammenbraute. Inzwischen bringt er sie etwas ruhiger unters Volk, teilweise akustisch, aber auch mit der bewährten Besetzung in genauso ansprechender Manier. Diesseits des großen Teichs hat er wohl wesentlich mehr Fans, weswegen er auch vorzugsweise hier seine Live-Alben aufzeichnen lässt.
Zusammen mit seiner früheren Band Mink DeVille trat er mehrfach beim Montreux Jazz Festival auf, der 1982er Gig (vom Kollegen Markus ebenfalls schwer empfohlen) ist bereits auf DVD veröffentlicht. Jetzt erscheint ein Mitschnitt des Konzerts von 1994 auf DVD und CD und zeigt Willy samt Kollegen in Hochform und auf dem Höhepunkt seiner Karriere. 1993 war mit großem Werbe-TamTam seine Live-Doppel-LP erschienen, die ihn aus dem Tal der in der Versenkung Verschwundenen direkt wieder auf den Rock-Olymp katapultierte. Und mit dem Riesenerfolg im Rücken tritt er erneut vor das internationale Publikum im noblen Schweizer Casinoort. Die Besetzung seiner Begleitcombo: Mario Cruz (Saxophon), Seth Farber (Keyboards), Freddy Koella (Gitarre, Geige), David Keyes (Bass), Boris Kinberg (Percussions) und Shawn Murray (Schlagzeug) - siehe da, die komplette Mink DeVille-Truppe! Nach dem vorausgegangenen Split hatte der Bandchef seine Kumpels wieder angeheuert.
Und der sieht aus wie ein aufgetakelter Latino-Strizzi aus dem alten Storyville in New Orleans - Gehrock, Weste mit Silberknöpfen, Rüschenhemd, Pferdeschwanz, Ohrringe, Riesenbrilli im Goldschneidezahn, Menjou-Bärtchen und ein Dauergrinsen in der schrägen Visage. Willy DeVille, der Zocker, der Macho, der Latin Lover, der Killer, der Kokser, der Hurensohn, der Rockstar. Mager aber offensichtlich topfit (dass er ständig die Nase hochzieht, ist sicher nur eine chronische Folge des früheren ungesunden Lebenswandels ...). Noch ohne Gehstock (den er seit einer Hüft-OP benötigt), bewegt er sich tänzelnd über die Bühne, oft in die Rolle seiner besungenen Protagonisten schlüpfend. Immer etwas verrucht mit morbidem Charme, bei bester Laune und mit großer Ausstrahlung scherzt er mit dem Publikum und sucht auch schon mal den Hautkontakt zu weiblichen Fans.
Er steht immer im Mittelpunkt, optisch, wie musikalisch - die Bandmates sorgen für die perfekte Illustration und zahlreiche Highlights, vor allem Freddy Koella. Dazu gehört auch das schmachtende instrumentale Intro "(Every Time I Hear) That Mellow Saxophone", nach dem der Boss heiser kreischend mit "Slow Drain" und dem Blues-Shuffle "Steady Driving Man" einsteigt. Keine Überraschung in der Setlist, fast die selben Nummern wie auf dem Live-Album. Willy am Mikro, mal mit der Harp, mal mit der akustischen Gitarre, mal mit der elektrischen, oft auch mit dem Bottleneck. Kraftvoll und ölig die Stimme, immer mindestens eine Spur zu dick aufgetragen; der Macker aus Harlem, der sterbende Schwan vom Bayou und der Borderline-Pfau. Gänsehaut bei "Heaven Stood Still" (auch wenn einige Deppen im Publikum das Pfeifen nicht lassen können). Einfach köstlich seine "Hey Joe"-Parodie im Texacana-Stil, bei der er einen beschränkten Revolverhelden aus dem Grenzland mimt. Oder die Schmusenummer bei "Stand By Me" am Bühnenrand. Die Show ist gelungen, aber locker inszeniert, das Publikum bekommt, was es erwartet: Satte, abwechslungsreiche Rockmusik der gekonnten Art von einem charismatischen Entertainer Willy DeVille und seiner hervorragenden Band.
Einmal mehr ein dickes Lob an die Filmcrew von Montreux: Klasse die Stimmung eingefangen, schöne altmodisch-lange Standzeiten der einzelnen Bildschnitte, gekonnte Wechsel und immer den richtigen Blick für's jeweilige Detail. Satte Farben und eine gekonnte Regie - so wollen wir Musik sehen!
Am Sound gibt's es genauso wenig auszusetzen. Knackig, ausgewogen und auch bei der DVD über die HiFi-Anlage ein Genuss. Auf der CD, die fünf Titel weniger enthält, klingt's noch einen Zahn dynamischer. Fans, die Eigentümer der 93er Live-Scheibe sind, werden die CD zur DVD als Zugabe im günstigen Set schätzen, das hier ist eine andere Nummer.

Noch ein Hinweis für den Verfasser des Booklet-Textes: Der Produzent des "Miracle"-Albums heißt Mark Knopfler, nicht Knoffler.
Tracklist
DVD:
01:(Every Time I Hear) That Mellow Saxophone
02:Slow Drain
03:Steady Driving Man
04:I Can Only Give You Everything
05:Cadillac Walk
06:Bamboo Road
07:Mixed Up Shook Up Girl
08:Every Dog Has Its Day
09:Key To My Heart
10:All In The Name Of Love
11:Angel Eyes
12:Heaven Stood Still
13:Even While I Sleep
14:Demasiado Corazon (Too Much Heart)
15:Spanish Stroll
16:Hey Joe
17:New Orleans
18:Stand By Me
19:Dust My Broom
CD:
01:Slow Drain
02:Steady Driving Man
03:Cadillac Walk
04:Mixed Up Shook Up Girl
05:Key To My Heart
06:Angel Eyes
07:Heaven Stood Still
08:Even While I Sleep
09:Demasiado Corazon (Too Much Heart)
10:Spanish Stroll
11:Hey Joe
12:New Orleans
13:Stand By Me
14:Dust My Broom
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