Eloy / Reincarnation On Stage
Reincarnation On Stage Spielzeit: 76:57 (CD 1), 60:50 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Artist Station Records (Soulfood), 2014
Stil: Progressive Rock


Review vom 02.02.2014


Jürgen Bauerochse
Es war wohl die überraschendste und unerwartetste Tour, die die Rockmusikszene Deutschlands in den letzten Jahren erlebt hat. Nachdem im Jahr 1998 mit "Ocean 2 - The Answer" das letzte Studio-Album veröffentlicht wurde, gab es elf lange Jahre kein Lebenszeichen mehr von der Hannoveraner Band Eloy. Auch Äußerungen von Mastermind Frank Bornemann trugen nicht dazu bei, auf weitere Aktivitäten dieser Band-Institution zu hoffen. Im Gegenteil: Der Bandleader hörte nicht auf zu betonen, Eloy sei »ein Teil der Musikkultur des zwanzigsten Jahrhunderts« gewesen.
Als dann im Jahr 2009 das Album Visionary in den Läden stand, war die Sensation perfekt. Doch auch weiterhin wurden Spekulationen um eine Reformierung kategorisch verneint, allerdings wies die Veröffentlichung der DVD The Legacy Box, in der die Bandgeschichte Eloys aufgearbeitet wurde, auf weitere Aktivitäten hinter den Kulissen hin. Außerdem konnte der neu aufgelegte Backkatalog sehr gute Verkaufszahlen erreichen, mit denen Frank Bornemann wohl nicht gerechnet hatte. Zudem entstand nun in diversen Internetportalen eine Bewegung unter den Fans, die immer stärker eine Rückkehr von Eloy auf die Bühne forderten, sodass Bornemann, tief berührt durch die neue Wertschätzung, fast gar nicht anders konnte, als die Gruppe wieder zu aktivieren. Mit dabei waren durchweg Musiker, die im Laufe der Zeit zum festen Stamm von Eloy gehörten und so genau wussten, worauf es bei dem Gruppensound ankam.
Die nächste Überraschung gab es dann, als der Vorverkauf der Tour begann und fast überall für komplett oder fast ausverkaufte Häuser sorgte. Auch in der RockTimes-Redaktion fand die Tour riesige Beachtung, sodass wir nacheinander über die Konzerte in Berlin, Mainz und Hannover berichteten. So etwas passiert bei uns auch nicht alle Tage!
Natürlich liefen bei solch einer Resonanz die Bandmaschinen mit. Jetzt liegt mit "Reincarnation On Stage" das fertige Ergebnis als Doppel-CD vor und sorgt bereits kurz nach ihrem Erscheinen für gehörigen Schwung in den Chart-Platzierungen.
Schon das Cover dieses Doppeldeckers ist sehr stimmungsvoll gestaltet und beinhaltet in gleich zwei je zehnseitigen Booklets zahlreiche großartige Konzertfotos der Tour, an denen auch unser Gastschreiber Rudi Brand beteiligt war. So macht das Album allein schon optisch jede Menge her. Genau wie mit dem Sound. Die Klangqualität ist hervorragend und das Mixing passt zu hundert Prozent. Glasklar und differenziert kommt jedes einzelne Instrument aus den Boxen, was gerade bei der Musik von Eloy mit ihren zahlreichen Soloeinlagen in ruhigen Tonlagen sehr wichtig ist. Auch die Publikumsreaktionen und Bandansagen zu den einzelnen Songs sind hervorragend eingefangen und spiegeln die großartige Stimmung bei den Konzerten wider.
Die Songs für diese Tour waren ebenfalls sehr gut ausgewählt. Okay, es fehlten Titel der ersten drei Alben, die sicherlich auch optimal ins Set gepasst hätten, aber das wäre dann wohl doch zu viel verlangt. Ansonsten wurden alle wichtigen Longplayer von "Power And Passion" (1975) bis zum aktuellen Album "Visionary" berücksichtigt. Insgesamt kamen Titel aus elf verschiedenen Produktionen zum Einsatz, wobei die beiden "Ocean"-Einspielungen mit je drei Stücken den Hauptanteil bildeten und nur noch von der CD "Colours" aus dem Jahr 1980 überboten wurde, die gleich vier Mal vertreten war. Die Band hatte sich also schon im Vorfeld reichlich Gedanken über diese Tour gemacht.
Musikalisch wirkte Eloy hervorragend eingespielt. Der englische Gitarrist Steve Mann sorgte für tolle Soloeinlagen und ein perfektes Zusammenspiel mit Bornemann. Doch noch wichtiger waren für mich die beiden Keyboarder Hannes Folberth und Michael Gerlach, die wie aus einem Guss spielten und den typischen Eloy-Sound mit wunderschönen Klangteppichen in die Verstärker zauberten. Zudem lieferte Bodo Schopf an Drums und Percussion mit seinem unheimlich differenzierten Spiel eine tadellose Leistung ab. Zu keinem Zeitpunkt merkte man der Band an, dass sie über Jahre hinweg nicht mehr zusammen auf der Bühne gestanden hatte.
Einzelne Songs aus dieser Doppel-CD hervorzuheben erübrigt sich, denn man muss das Konzert in seiner Gesamtheit betrachten, zumal einige Titel auch direkt ohne Unterbrechung ineinander übergehen. Da passt ein Stück haargenau zum nächsten. Herausgekommen ist so etwas wie eine 'Symphonie des Prog Rock'. Nicht nur, weil ich bei dem Konzert in Hannover hautnah dabei war und deshalb weiß, was dort abging, ist mir dieser Mitschnitt eine 'Tipp'-Grafik wert. Eine tolle CD von einer tollen Konzerttour, die keinerlei Wünsche offen lässt. Beide Daumen hoch für Frank Bornemann & Co.!
Line-up:
Frank Bornemann (vocals, guitar)
Hannes Folberth (keyboards)
Michael Gerlach (keyboards)
Klaus-Peter Maziol (bass)
Bodo Schopf (drums, percussion)
Steve Mann (guitar)
Alexandra Seubert (vocals, backing vocals)
Tina Lux (backing vocals)
Anke Renner (backing vocals)
Tracklist
CD 1:
01:Namaste (2:49)
02:Child Migration (5:26)
03:Paralysed Civilation (7:58)
04:Mysterious Monolith (6:40)
05:Age Of Insanity (7:12)
06:The Apocalypse (11:09)
07:Silhouette (3:58)
08:Poseidon Creation (11:24)
09:Time To Turn (4:20)
10:The Sun-Song (5:11)
11:Horizons (4:09)
12:Illuminations (6:30)
CD 2:
01:Follow The Light (8:00)
02:Awaking Of Consciousness (5:55)
03:The Tides Return Forever (7:03)
04:Ro Setau (7:02)
05:Mystery (8:58)
06:Decay Of Logos (8:20)
07:Atlantis' Agony At June 5th - 8498, P.M. Gregorian Earthtime (7:55)
08:The Bells Of Notre Dame (5:49)
09:Thoughts (1:40)
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