Europe - Secret Society
Secret Society Spielzeit: 46:03
Medium: CD
Label: Sanctuary Records, 2006
Stil: Hard Rock

Review vom 25.10.2006


Ralf "Jogi" Ruhenstroth
Yep, das klingt sehr ungewöhnlich. Nicht im eigentlichen Sinn, aber wenn man Europe noch aus den 80er Jahren kennt und ihre sehr erfolgreiche Zeit vergleicht, dann ist spätestens jetzt klar, dass die Band ihren Stil vollkommen verändert hat. Die Jungs sind äußerlich zwar immer noch geschniegelt, allerdings sind die Töne wesentlich rauer geworden. Ich behaupte ja, dass Europe ihren Findungsprozess noch nicht abgeschlossen haben. Das bedeutet natürlich, dass man Mut zum Experimentieren haben muss. Und deswegen mache ich auch keinen Hehl daraus, dass mich der Vorgänger "Start From The Dark" nicht im Geringsten berührt hatte. Für mich kam das Runterstimmen der Gitarren viel zu spät, denn das wäre in den 90er Jahren viel angebrachter gewesen. Nur zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Mannen um Joey Tempest aus meinem Gedächtnis verabschiedet. Nun will ich auch nicht verschweigen, dass gerade dieses Album und die folgende Live-DVD ansonsten ja durchweg positive Kritiken einstecken konnten, und vielleicht bin ich da ja auf weiter Flur mit meinen Ansichten alleine. Ich fand es langweilig und nichtssagend.
Um so überraschter bin ich gleich zu Anfang von "Secret Society". Soso, da hat also ein Gespräch zwischen Joey Tempest und dem Altmeister Robert Plant im Jahr 2005 stattgefunden und genau dieses hat zum Ursprungsgedanken geführt, das Album "Secret Society" zu benennen. Was war da jetzt so geheim? Auf jeden Fall ziehen Europe mit dem neuen Longplayer das Tempo wieder richtig an. Das macht der Opener und Titelsong sehr deutlich. Klare und druckvolle Riffs treiben schnurstracks geradeaus und Tempest hätte ich ohne das Wissen, was gerade im Player liegt, gar nicht erkannt. Das Ganze wirkt sehr harmonisch, es ist ein Track der gesamten Band, ohne sich innerhalb des eigenen Gefüges auf eine einzelne Person zu fokussieren. Es wird einfach gemeinsam abgerockt.
Hier wird auch nicht versucht, zwanghaft hart zu klingen und metallische Töne anzuschlagen. Dies hat zur Folge, dass auch die Melodie wieder Einzug in das Songwriting gefunden hat. Keine Bange, da wird nicht die Zuckerwatte aus früheren Zeiten ausgepackt, sondern man treibt einfach sehr schöne Melodien in die Ohren des geneigten Hörers. Deswegen ist "Always The Pretenders" ein Kompromiss aus hartem Rock und einer Eingängigkeit, wie man sie sich öfter wünschen würde. Darüber hinaus geben die neuen Songs John Norum jederzeit die Möglichkeit, sich an der Gitarre auszutoben. Der braucht also hierfür zukünftig nicht mehr auf sein Solo-Projekt auszuweichen.
Und auch der Blues verbindet sich hier mit hart rockenden Tönen. Hört euch mal "Wish I Could Believe" an. Man kann unterstellen, dass dies mit voller Absicht so geschehen ist, denn auch der spätere Abschlusstrack "Devil Sings The Blues" befindet sich in diesen Gefilden.
Als auf dem sog. Sensationsalbum "The Final Countdown" eine Ballade wie "Carrie" geliefert wurde, da war das zumindest damals 'herzzerreißend', so blitzsauber und poliert war diese Komposition. Umso erfreulicher ist es, dass mit "A Mothers Son" zwar balladeske Töne angestimmt werden, sich aber der 'ohrenbetäubende' Schmalz weitestgehend zurück hält. Wieder ein gelungener Kompromiss!
Und auch der melodische Rock wird auf dem neuen Release nicht außer Acht gelassen. Geradezu unbeschwert und locker spult die Band "Forever Traveling" ab, so dass man jetzt endgültig zu dem Ergebnis kommt, dass "Secret Society" insgesamt ein recht abwechslungsreiches Album geworden ist. Auch wenn sich bei "Start From The Dark" bei mir heute noch die Nackenhaare leicht aufstellen, so bin ich jetzt froh und erleichtert, Europe eine persönliche Chance gegeben zu haben. Jetzt sind sie endgültig wieder da und haben vollkommen zu recht ihren Stammplatz in der Rock-Liga verteidigt. Da darf man sicher noch einiges erwarten. Aber jetzt geht es erst einmal auf ausgedehnte Welt-Tournee.
Line-up:
Joey Tempest (vocals)
John Norum (guitars)
John Leven (bass)
Ian Haughland (drums)
Mic Michaeli (keyboards
Tracklist
01:Secret Society (3:34)
02:Always The Pretenders (3:53)
03:Love Is Not The Enemy (4:17)
04:Wish I Could Believe (3:33)
05:Let The Children Play (4:10)
06:Human After All (4:12)
07:The Getway Plan (3:51)
08:A Mothers Son (4:47)
09:Forever Traveling (4:10)
10:Brave And Beautiful Soul (3:46)
11:Devil Sings The Blues (5:22)
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