Eyevory & The Euphobia Orchestra
A Symphonic Night Of Prog Rock
A Symphonic Night Of Prog Rock Spielzeit: 99 Min.
Medium: DVD
Technik:
Bildformat: 16:9, DVD-9
Soundformat: Stereo
Untertitel: Documentary subtitled in English
Label: Artist Station Records, 2014
Stil: Prog Rock

Review vom 07.08.2014


Boris Theobald
'Die sind aber früh dran!' ... könnte man sich denken. Eyevory hatten 2012 ihre EP
The True Bequest am Start und 2013 das erste Album, Euphobia - und schon gibt es eine Live-DVD mit erhöhtem Aufwand. Die junge Band mietete sich für den 23. März 2013 den Bremer Schlachthof, und ein 25-köpfiges Orchester gleich mit - dank erfolgreicher Crowdfunding-Kampagne war die anschließende DVD-Produktion gesichert. Sie wollten es so; sie wollten es sogar sehr - und zu ihrer Musik, diesem äußerst melodischen Mix aus Progressive Rock und straighten Pop Rock-Elementen, passt die klassische Komponente auch äußerst gut. Monatelang wurde organisiert, geplant und arrangiert. Die Band hatte mächtig Arbeit damit, aber viel Spaß daran. Zum experimentellen Charakter der ganzen Chose passt prima, dass es sich bei den Symphonikern, denen man kurzerhand den Namen 'The Euphobia Orchestra' verpasst hat, um junge, zum Teil sogar noch jugendliche Musiker handelt. Connections aus eigenen Orchestertagen von Kaja Fischer (Gesang, Querflöte) und Drummer Sascha B. Suso, der die Band inzwischen ja verlassen hat, haben geholfen, diese Bühnengäste zusammenzutrommeln.
Nun ist er also auf DVD gepresst, der wohl größte Abend in der noch jungen Bandgeschichte (und da gab es durchaus schon ein paar bemerkenswerte Momente - immerhin konnte man schon Saga supporten!). Der Schlachthof macht sich gut: die Bühne groß genug und kuschlig voll, davor sitzendes Publikum auf steilen Rängen. Eyevory packen fast ihr komplettes Repertoire aus, das immer wieder von einem Mix aus sinnlich-malerischen Momenten und schwer rockenden Spannungsverdichtungen besteht - dramaturgisch fein zusammengestrickt mit Mitteln des Prog wie Tempo- und Rhythmuswechseln sowie einigen hübschen handwerklichen Feinheiten. All das beherrschen sie natürlich. Und es wird von Beginn an klar, dass ihre Musik durch das orchestrale Upgrade noch mal ein Stück weit gewinnt.
Die klassischen Musiker machen viel mehr, als bloß Klangteppiche auszurollen. Sie spielen die markant-melodischen Hooklines schon mal parallel oder übernehmen sie gar kurzzeitig im Alleingang, sie spielen Solomelodien mit und verleihen ihnen dadurch eine majestätische Größe, sie imitieren und umspielen einige von Kajas zahlreichen Flötensoli, statt einfach daneben oder dahinter mitzuspielen. Und sie machen auch flinke Läufe mit, mal die Streicher, mal das Xylophon ... Ein schönes Beispiel für den akustischen Mehrwert des Orchesters liefert "Black Bird". Hier kommen atmosphärische, pop-rockige Momente und episch-dramatische Heaviness zusammen - die Musik bekommt hier mehr 'Glitzer', und da mehr Spannung und Monumentales.
Im Falle von "I Trust In You" hat man die Chance genutzt, die Anmut der Nummer ein Stück weit zu verändern. Auf dem Album gab es im Intro Effekte und sphärische Klänge, nun ertönen gefühlvolle Pizzikatos. Erstaunlich gut gelungen ist auch die Integration des Orchesters in die längeren Instrumentalpassagen, auch hier spielen die Gastmusiker nicht nur 'mit', sondern eine eigene Rolle. Zu erwähnen sind hier "The Tower" - die lange Nummer, die mit am Besten auch in Sachen epischem Songwriting den Prog Rock-Einfluss auf die Band belegt, und das noch längere "Requiem Aeternam", das mit seinem Sprechgesang und den ausgefeilt-vertrackten Instrumentalpassagen sicherlich als Highlight des Abends durchgeht.
Und es gibt so die gewissen Momente ... bei "Monster", beispielsweise, in der instrumentalen Überleitung vom zweiten Refrain zum Querflötensolo, da beschleicht einen ganz, ganz kurz dieses Kansas-Gefühl! Na das ist doch ein gutes Zeichen - die Begriffe 'symphonic' und 'Prog Rock' passen bei Eyevory doch anscheinen ganz gut zusammen. Überhaupt kriegt die Band es auch live on stage hin, peppig-poppig-moderne Hymnen mit diesem zeitlosen Retro-Vibe (kein Widerspruch!) ihrer ollen Einflüsse zu verbinden. Kajas technisch und emotional feine Flötenarbeit ist hier ein wesentliches Element.
Damit sie auch Luft für die komplett weiblichen Doppelvocals der Band hat - ein gelungenes Spagat zusammen mit Bassistin Jana zwischen malerisch-hauchzart und intensiv-bestimmend - übernehmen punktuell die Querflöten im Orchester. Erwähnenswert ist noch, dass die EP-Nummer "Mi Corazón" unter dem Namen "Bleeding Heart" anglistifiziert wurde (und damit auch zugänglicher wirkt). Zudem gibt es einen neuen Song: "Hope" - eine sinnlich-süße Ballade, bei der David Merz seine Gitarre gegen das Piano tauscht (Teil einer EP mit drei Tracks, die man zusammen mit Saga-Drummer Mike Thorne in Angriff nimmt und die im Herbst erscheinen soll). Und es schadet hier natürlich kein bisschen, der zarten Streicher-Versuchung zu erliegen.
Das gut viertelstündige Documentary zeichnet noch mal nahbar nach, welche Gedanken die Band beim Organisieren dieses Events umgetrieben haben; und auch der Dirigent und ein paar der jungen Musiker kommen zu Wort. Der Auftritt an sich beschränkt sich auf gut eine Stunde und zwanzig Minuten - klar ist das Pulver irgendwann 'verschossen'. Vielleicht hätte man noch ein paar Coversongs anhängen können? Doch wenn man darüber nachdenkt ... gut, dass die Band das nicht gemacht hat! Das hätte die Eyevory-Konzertgänger und -DVD-Gucker von Eyevory abgelenkt.
Es ist noch nicht alles perfekt bei Eyevory. Im Doppelgesang sitzt mithin nicht alles akkurat. Und auch das Auftreten der Band wirkt manchmal noch etwas unsicher. Dafür ist aber auch nichts aufgesetzt; sondern jeder Ton Musik, jedes gesprochene Wort dazwischen wirkt authentisch und sympathisch. Nein, es war nicht zu früh, diese symphonisch-orchestrale Live-Show auf die Bühne zu bringen. Denn Eyevory sind keine Band, die sich diffus durchs Musikerleben treiben lässt, die 'einfach mal macht'. Nein, die wissen ganz genau, was sie wollen. Und mit "A Symphonic Night Of Prog Rock" haben sie schon mal eine ordentliche Duftmarke gesetzt. Wir sind gespannt, was noch alles kommen wird!
Line-up:
Jana Frank (bass, lead vocals)
Kaja Fischer (flute, lead vocals)
David Merz (guitars, keyboards)
Sascha B. Suso (drums)

The Euphobia Orchestra:
Sonja Bode, Anna Kurzmann, Josephine Bührig, Kathrin Bornholt, Luis Seemann, Wanja Brinkmann (violin I)
Emily Marie Lang, Nora Ruthke, Philine Bamberger, Suhae Lee (violin II)
Carolin Gass, Jussara Blumenstock, Malik Bekoe (viola)
Lür Tischer, Nicolas Crasemann (cello)
Karolin Ravens, Verena Schwarz (flute)
Ronald Stelter (clarinet)
Tobias Mahr (french horn)
Jan Nösel (trumpet)
Sebastian Sachweh (trombone)
Matti Wiemers (piano)
Moritz Koch (percussion)
Leonhard Höltge (timpani)
Nicolai Spieß (conducting)
Tracklist
01:Sacrifice
02:Monster
03:On My Way To Bliss
04:Black Bird
05:Bleeding Heart
06:Divided
07:The Tower
08:Hope
09:1001 Nights
10:I Trust In You
11:Blind Understanding
12:Requiem Aeternam
13:In My Dream

Bonus Features:
Documentary 'A Symphonic Night Of Prog Rock'
Photo Gallery
Externe Links: