Gorefest / False & Erase
False & Erase Spielzeit: 46:11 (False), 42:21 (Erase)
Medium: Do-CD
Label: Metal Mind Productions, 2012
(Nuclear Blast, 1992/1994)
Stil: Death Metal


Review vom 15.04.2012


Moritz Alves
Gorefest aus der niederländischen Region Zeeland gehörten Anfang der Neunziger zur Speerspitze des brachial-rumpelnden Euro-Death Metal, bevor sie sich mit dem verkannten Über-Album
Soul Survivor (1996) einer gemäßigteren Death'n'Roll-Stilistik zuwandten, von der sie - nach zwischenzeitlicher Auflösung im Jahre 2000 - erst mit ihren Comeback-Alben "La Muerte" (2005) und "Rise To Ruin" (2007) zurückkehren sollten.
Seit nunmehr drei Jahren ist erneut Schicht im Schacht bei Gorefest, und dennoch gibt es jetzt einen neuen/alten Release der Recken um Growl-Gott Jan-Chris de Koeijer: Das polnische Label Metal Mind Productions nämlich hat sich die todesmetallischen Dampfhämmer "False" (1992) und "Erase" (1994) vorgeknöpft und bringt diese nun in einem streng limitierten Golden-Disc-Doppeldecker erneut unters Volk. Insgesamt 2000 Stück liegen für Sammler nun bereit, das mir vorliegende Exemplar trägt die Nummer 904.
Betrachtet man diesen Rerelease etwas genauer, fällt auf, dass die Labelverantwortlichen wohl das zehnjährige Jubiläum des Rumpelklassikers "False" als Legitimation für ihr Produkt gewählt haben. Das erscheint logisch, brachte dieses Langeisen Gorefest doch damals den Durchbruch, den sie mit dem Nachfolger "Erase" zwei Jahre später noch ausbauen bzw. festigen sollten.
Trotzdem ist verwunderlich, weshalb der Doppelschlag nun allein das "Erase"-Cover trägt und auch nach dem Aufklappen des Digipaks lediglich ein Booklet-Deckel das "False"-Artwork zeigt. Diese optische Versteifung auf "Erase" will mir nicht so recht einleuchten - hier hätte ich mir doch eine graphisch schmuckere Lösung gewünscht, anstatt das alte Artwork aufzubrühen. Denn allein aufgrund des irreführenden Covers wird wohl kaum jemand ein CD-Set mit zwei vollwertigen Studioalben erwarten und stattdessen womöglich zuallererst an eine expandierte "Erase"-Edition denken. Augen auf beim Eierkauf ist bei diesem Teil somit in besonderem Maße angesagt!
Schlägt man das mit ausführlichen Linernotes und rarem Bildmaterial gespickte Begleitheftchen auf und betrachtet das Backcover mit dem "The Ultimate Collection"-Schriftzug, so wird die Laune nicht besser: Hier haben Metal Mind doch einfach haargenau die Aufmachung des Nuclear Blast-Rereleases von 2005 kopiert - damals wurden schließlich alle Gorefest-Alben in einer "To Hell And Back - A Goreography" betitelten Box bei der Donzdorfer Metallschmiede wiederveröffentlicht. Und auch wenn das hier verwendete Artwork rechtlich okay zu sein scheint (»Released under licence from: Nuclear Blast«, wie man hintendrauf lesen kann), so ist es dennoch irreführend: Bestach die enorm fette "Ultimate Collection" damals nämlich mit einem amtlichen Bonus-Block (unveröffentlichte Songs, Demo-Aufnahmen), so fehlt dieser hier völlig! Abermals also: Obacht, Leute!
Und so hat sich schon vor dem eigentlichen Musikkonsum leider ein sehr fader Beigeschmack breitgemacht - Metal-Fans achten schließlich wie kaum eine andere Klientel auf das Gesamtpaket eines Albums. Das sollte gerade auch einem Label bewusst sein, das das Wort 'Metal' im Namen trägt…
Rein musikalisch gesehen sind "False" und "Erase" natürlich über jeden Zweifel erhaben: Hier regiert kompromissloser, ungeschliffener Todesstahl allererster Kajüte, der Gorefest vor zwei Dekaden nicht umsonst bekannt und diese Scheiben zu Genre-Klassikern machte. Gepaart mit gesellschaftskritischen, tiefsinnigen Texten, stach diese Death Metal-Interpretation aus der Szene heraus, nicht zuletzt auch wegen der Schlagzeugkünste Ed Warbys (einer der besten seines Metiers!) und natürlich de Koeijers abgrundtiefer, gutturaler Vocals, die bis heute Ihresgleichen suchen. Mächtige Abrissbirnen wie "The Glorious Dead", "Reality - When You Die" und "From Ignorance To Oblivion" sowie "Low", "Erase", "Fear" und "Goddess In Black" sind schon längst ins Death Metal-Erbgut eingegangen und haben ihren Teil zum Gorefest'schen Ruhm beigetragen. Was das Liedgut angeht, so gibt es an diesem Rerelease also rein gar nichts zu rütteln - allerdings werden historisch bewanderte Anhänger die beiden Scheiben spätestens seit der 2005er Neuauflage im Regal stehen haben. Und dort mit einem Sound, der mir doch eine Spur fetter, vollkommener erscheint als der hier vertretene Metal Mind-Remaster.
Fazit: Gorefest-Allessammler werden hieran sicher nicht vorbeikommen, jedoch Abstriche durch das (unveränderte) Artwork in Kauf nehmen müssen und daher insgesamt nichts Neues in den Händen halten. Neueinsteigern empfehle ich, sich gleich die "Ultimate Collection"-Ausgabe von "False" und "Erase" ins Haus zu holen, denn beide Alben erschienen auch damals schon im Doppelpack - klanglich überarbeitet und aufgewertet durch etliche Bonustracks. Genereller Fakt ist schlussendlich nämlich, dass jede Todesmetall-Sammlung ohne "False" und "Erase" eine unvollständige ist.
Line-up:
Jan-Chris de Koeijer (bass, vocals)
Frank Harthoorn (guitars)
Boudewijn Bonebakker (guitars)
Ed Warby (drums)
Tracklist
False:
01:The Glorious Dead (4:36)
02:State Of Mind (5:37)
03:Reality - When You Die (6:33)
04:Get - A - Life (4:27)
05:False (4:37)
06:Second Face (5:19)
07:Infamous Existence (5:41)
08:From Ignorance To Oblivion (4:59)
09:The Mass Insanity (4:18)
Erase:
01:Low (5:01)
02:Erase (5:51)
03:I Walk My Way (4:34)
04:Fear (4:33)
05:Seeds Of Hate (5:01)
06:Peace Of Paper (4:36)
07:Goddess In Black (6:16)
08:To Hell And Back (6:23)
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