Amos Lee / Mission Bell
Mission Bell Spielzeit: 51:24
Medium: CD
Label: Blue Note Records, 2011
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 26.01.2011


Joachim 'Joe' Brookes
Etwas Gutes muss reifen. Dafür braucht es Zeit. Amos Lee hat sich für sein viertes Album wirklich Zeit gelassen. Last Days At The Lodge wurde im Herbst 2008 veröffentlicht und bis zu vorliegendem Album war der Mann wahrlich nicht inaktiv.
Nach der ersten Platte aus dem Jahr 2005 ging es schon steil nach oben. Tourneen mit Bob Dylan, Paul Simon oder Elvis Costello waren der Lohn am Karriereanfang und mittlerweile kann Lee sehr wohl auf vollkommen eigenen Beinen stehen und es wird ihm eine Freude gewesen sein, dass auf vorliegendem Album so einige Größen gefeatured werden. Allen voran Lucinda Williams und Willie Nelson. Sam Beam aka Iron & Wine, James Gadson, Pieta Brown sowie Priscilla Ahn vervollständigen das Line-up. Rund wird dieses allerdings erst durch die Desert-Rockband Calexico. So haben die Leute nicht nur mitgespielt, sondern Joey Burns hat das Album auch produziert.
"Mission Bell" ist eine ganz starke Platte, die quasi in sich ruht. Es gibt hier super Arrangements, zu denen viele Instrumente, nicht zuletzt Bläser beitragen. Da muss man sich nicht wundern, wenn einem ein herrlicher Klang einer singenden Säge über das Trommelfell streichelt oder eine fantastische Steel Gitarre beziehungsweise Violine die angespannten Muskeln schwach macht. Zu allem Überfluss darf sogar ein Vibrafon ran und selbstredend gibt es an vielen Stellen auch schöne Statements einer elektrischen Gitarre und manchmal machen einige der aufgezählten Klangerzeuger gemeinsame Sache.
Trotz, oder gerade wegen der entspannten Atmosphäre sind die gut einundfünfzig Minuten spannend. Ohne Überschwemmungen zu verursachen, fließen Soul, Gospel, Blues und Country und ein wenig Jazz in Lees Musik ein. Da werden im Verlauf der zwölf Songs natürlich unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Immer dabei ist die akustische Gitarre und wenn man neben Amos Lees sympathischer Stimme einen brillanten Frauenchor stellt, ist der Hörgenuss fürchterlich gut.
Auch wenn Lucinda Williams in der zeitlosen Ballade "Clear Blue Eyes" sowie Willie Nelson im letzten Track "Behind Me Now/El Camino Reprise" die wohl herausragenden Gäste auf "Mission Bell" sind, darf man die anderen Tracks auf gar keinen Fall unterschätzen. Lee & Co. bieten musikalische Kost auf höchstem Niveau. Zu verdanken ist diese Tatsache wohl auch dem Mitwirken von Calexico, die ein gerüttelt Maß an Einfluss auf das Album gehabt haben.
Der Protagonist selbst drückt das in eigenen Worten so aus: »Es ist unfassbar, wie musikalisch-talentiert diese Jungs sind.« Speziell zu Joey Burns und John Convertino meint er: »Ich bewundere die Fähigkeit der beiden Atmosphären entstehen zu lassen. Klanglich haben sie den Songs eine wunderschöne Note verliehen, als ob sie sich weiterentwickelt hätten und nun freier atmen können.«
Recht hat er, der Amos Lee. Um physikalische Gesetze wie die Gravitation zu überwinden, braucht man aus der Technik so einige Gerätschaften. Die Künstler auf diesem Album bringen alleine durch ihre Gefühle Musik zum Schweben. Vom Opener an kann Lee auf beeindruckende Art und Weise die Intensität der Songs von Track zu Track steigen. Wenn der Hörer meint, er hätte einen gewissen roten Faden ausgemacht, wird der immer wieder durchkreuzt. Was bei allen Liedern vorhanden ist, ist die herrliche Stimme des Mannes.
Will man Musik mit viel Feeling hören, dann ist "Mission Bell" genau die passende CD. Hier kann gedreht und gewendet werden, wie es einem beliebt. Ein Durchhänger ist bei diesem Silberling Fehlanzeige.
Für dieses Album hat sich alles zu einem bewundernswerten Ganzen zusammengefügt. Lee schafft es, seine interessanten Geschichten in ebenso auffällige wie auch hinreißende musikalische Beziehungen zu setzen. Amos Lee gebührt ein dickes Lob für "Mission Bell" und wer immer diese grandiose Blues-Harp in "Jesus" spielt, erhält noch eine Ehrung oben drauf. Überhaupt ist diese Nummer mein Track des Albums.
Tracklist
01:El Camino (4:02)
02:Windows Are Rolled Down (3:57)
03:Violin (5:18)
04:Flower (3:41)
05:Stay With Me (3:13)
06:Out Of THe Gold (3:03)
07:Jesus (3:21)
08:Hello Again (4:09)
09:Learned A Lot (4:30)
10:Cup Of Sorrow (3:51)
11:Clear Blue Eyes [feat. Lucinda Williams] (3:02)
12:Behind Me Now/El Camino Reprise [feat. Willie Nelson] (9:11)
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