Mind The Gaep / Get Ready For Tonight
Get Ready For Tonight Spielzeit: 65:31
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2012
Stil: Rock

Review vom 28.04.2012


Jochen v. Arnim
Als Mind The Gaep im Jahre 2008, zwei Jahre nach Gründung der Band, auszogen, der Welt ihre erste EP vorzustellen, hatte mein geschätzter Kollege Moritz das Vergnügen, diese rezensieren zu dürfen. Und ob des Lobes, nicht nur aus seiner Feder, konnte man erwartungsvoll auf eine ordentliche Langrille hoffen. Fear not, my friends, das Warten hat ein Ende. "Get Ready For Tonight" heißt das gute Stück und bringt uns auf einer Spielzeit von rund 65 Minuten zwölf amtliche In-Your-Face-Rocker. Der Vierer aus Frankfurt hat die Zeit zwischen EP und dem Einspielen des Langspiel-Debüts anscheinend gut genutzt, an ihre ersten veröffentlichten Songs anzuknüpfen. Und dabei haben sie die Jahre nicht nur im Studio verbracht, sie können auch auf eine stattliche Anzahl von Live-Shows in Deutschland und Frankreich zurückblicken, bei denen sie sicherlich viel von der Rock'n'Roll-Attitüde gelernt haben, die hier in ihren neuen Stücken durchscheint.
Eines ist natürlich klar, jede Harmonie wurde bereits geschrieben, jedes Riff gespielt, kein Solo ist mehr neu und somit wollen und können und werden Mind The Gaep den Rock'n'Roll nicht neu erfinden. Aber sie können versuchen, das Bestmögliche draus zu machen - das haben schon ganz andere Bands viel schlechter probiert - und ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Mit so allerlei Zutaten geht die Rechnung von Mind The Gaep auch auf, daran ist nicht zu rütteln (um das Fazit mal vorwegzunehmen). Neben einer recht gitarrenorientierten 'Grundstimmung', an den Hardrock der späten Achtziger angelehnt, mischt das Quartett bei einigen Tracks ein paar weibliche Backings unter und streut Klavier, Sax oder eine Blues Harp drauf und schon stimmt die Mischung.
Dabei kommt der Opener "Get Ready For Tonight" noch vollkommen ohne dies alles aus: Gitarre, Bass, Schlagzeug - Ende, Aus, Applaus. Nun ja, nicht ganz, denn da gibt es noch den Shouter Matthias Diener, der uns die Texte zu diesem riffgeladenen und von einigen kleinen Soli durchzogenen härteren Nummer nahebringt und rau und recht intensiv das Mikro bedient, sprich, er gibt alles. Unterlegt wird das Stück von einem ständig wummernden Bass und macht daraus eine feine Eröffnung. In eben diese Kerbe hauen auch die beiden nächsten Tracks. "Reckless Driver" und "Sister Sister" knallen uns mit erfrischender Unbeschwertheit gutes, altes Zeug um die Ohren, das mit einigen moderneren Elementen aufgehübscht wurde. Alle drei Nummern kommen mit wenigen der erwähnten Zutaten aus, und machen echt viel draus. Nummer vier, "Out Of Reach", dagegen fährt nicht so ganz auf der harten Schiene, driftet ein wenig in melodischen, poppigeren Balladen-Rock ab, hat aber ebenfalls was. Tiefer in die Zutatenkiste wird dann bei "Miss J" gegriffen, wo erstmals die weiblichen Backings in Form der Stimmen von Deborah und Olivia Schmidt wunderbar eindrücklich zum Einsatz kommen. Eine Runde weiter eröffnet eine Harp den "Bourbon Blues", der allerdings alles andere als aus dem Delta stammend rüberkommt. Eine coole Mischung aus
ZZ Top und angepunktem Rockabilly, dazu ein immer wieder durchdringendes Boogie-Piano, überlagert von der Mundharmonika und durchbrochen von feinen Gitarrenläufen.
Über den dreckigen In-Your-Face-Rock'n'Roll von "Chicago" und das etwas zäher fließende, von schwerer Bass-Linie getragene "Cum On Babe" kommen wir zu "Femme Fatale", das uns zu Beginn ein wenig südosteuropäisch erscheinen mag, dann aber sofort wieder Fahrt aufnimmt und metalartig weiterprescht. Aber auch im weiteren Verlauf kommen Reminiszenzen an den Balkan hoch, hier ein kurzer Lauf, da ein kleines Solo, Hut ab. "What Does Love Mean" ist dann irgendwie die geschickte Kombi aus Aerosmith und Gary Moore, eine feine rockige Ballade, die zum Mitschunkeln einlädt. Man kann sie getrost als Einleitung des Endes der Scheibe ansehen, denn auch beim "Midnight Dance" heißt es in gemäßigtem Tempo das Tanzbein schwingen, ein funkiger Bass und längere Passagen auf dem Saxophon sind hier das Salz in der Suppe.
Während sich mir der Sinn von 'offiziellen Hidden Tracks' nicht immer erschließt, so muss ich andererseits aber zugeben, dass "Should I Leave You" musikalisch, als reines Akustikstück, durchaus zu überzeugen vermag und hier 'nach dem eigentlichen Ende' der CD noch einmal einen letzten Akzent setzt. Mind The Gaep haben es in der Tat verstanden, sich mit "Get Ready For Tonight" deutlich von dem Einheitsbrei vieler Achtziger-Jahre-Nachspiel-Bands abzuheben und ihre Qualitäten gut arrangiert an sinnvollen Stellen zum Einsatz kommen zu lassen. Das Konzept der Scheibe mit den drei Krachern am Anfang und den im weiteren Verlauf hinzukommenden Bits'n'Pieces gefällt mir durchweg und mit ein bisschen Glück müssen wir nicht erneut drei Jahre auf eine nächste CD warten. Kaufen, mit großem K.
Line-up:
Matthias 'Matt' Diener (vocals, harp)
Stephan 'Branko' Ebert (guitars, backings, sitar)
Vjeran Wertag (bass, vocals, piano)
Fabian 'Boozey' Ortkamp (drums, percussion, rhythm guitar - #12)
Flozencia Giorgi (additional vocals)
Deborah & Olivia Schmidt (additional backings)
Alexander Hanke (saxophone)
Tracklist
01:Get Ready For Tonight
02:Reckless Driver
03:Sister Sister
04:Out Of Reach
05:Miss J
06:Bourbon Blues
07:Chicago
08:Cum On Babe
09:Femme Fatale
10:What Does Love Mean
11:Midnight Dance
12:Should I Leave You (hidden track)
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